BAG, Urteil vom 6.6.2023 – 9 AZR 621/19
ECLI:DE:BAG:2023:060623.U.9AZR621.19.0
1. Landesspezifisches Datenschutzrecht hat Vorrang vor dem BDSG. Soweit für öffentliche Stellen der Länder besondere landesdatenschutzrechtliche Bestimmungen gelten, sind diese – auch wenn sie Bundesrecht ausführen – von den Bestimmungen des BDSG ausgenommen. Das BDSG hat damit den Charakter eines „Auffanggesetzes“ (Rn. 20).
2. Die Rechtsstellung eines aufgrund des BDSG aF bestellten Datenschutzbeauftragten hat nicht automatisch durch Inkrafttreten der DSGVO geendet (Rn. 24).
3. Zu einer wirksamen Abberufung eines Datenschutzbeauftragten bedarf es idR keiner Teilkündigung (Rn. 29 ff.).
4. Der besondere Schutz des betrieblichen Datenschutzbeauftragten vor einer Abberufung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG steht im Einklang mit Unionsrecht. Die Bestimmung beeinträchtigt die Verwirklichung der Ziele der DSGVO nicht (Rn. 34 ff.).
5. Aufgrund der Verweisung in § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG muss für die Abberufung ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, der es dem Verantwortlichen aufgrund von Tatsachen und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls sowie unter Abwägung der Interessen beider Vertragspartner unzumutbar macht, die betreffende Person als betrieblichen Datenschutzbeauftragten auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterhin einzusetzen (Rn. 39).
6. Eine Abberufung kann durch Gründe gerechtfertigt sein, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und deren Ausübung unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden. Dies kann dann der Fall sein, wenn der zum Beauftragten für den Datenschutz bestellte Arbeitnehmer die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt. Die Zuverlässigkeit eines Beauftragten für den Datenschutz kann in Frage stehen, wenn Interessenkonflikte drohen (Rn. 40 f.).
(Orientierungssätze)