EuGH, Urteil vom 14.9.2023 – C-821/21
1. Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass der Ausdruck „anderer Vertragspartner“ in dieser Bestimmung so zu verstehen ist, dass er ausschließlich die am streitigen Vertrag beteiligte natürliche oder juristische Person meint, nicht jedoch andere, an diesem Vertrag nicht beteiligte Personen, selbst wenn sie mit dieser Person verbunden sind.
2. Art. 63 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass die gemäß dieser Vorschrift vorzunehmende Bestimmung des Wohnorts des „anderen Vertragspartners“ im Sinne von Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung keine Beschränkung der für den Verbraucher im Sinne derselben Vorschrift bestehenden Wahlmöglichkeit darstellt. Insoweit handelt es sich bei den präzisierenden Angaben zum Begriff „satzungsmäßiger Sitz“ in Art. 63 Abs. 2 um autonome Definitionen.
3. Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) ist dahin auszulegen, dass er einer Rechtswahlklausel in den allgemeinen Vertragsbedingungen oder einem gesonderten und dem Verbraucher ausgehändigten Dokument, auf das dieser Vertrag verweist, nicht entgegensteht, sofern diese Klausel den Verbraucher darüber unterrichtet, dass er nach Art. 6 Abs. 2 der Rom‑I-Verordnung jedenfalls den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts des Landes genießt, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
4. Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 593/2008 ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Verbrauchervertrag die Anforderungen dieser Bestimmung erfüllt und keine gültige Rechtswahl für diesen Vertrag getroffen wurde, das auf diesen Vertrag anzuwendende Recht nach dieser Vorschrift zu bestimmen ist, wobei sich beide Vertragspartner – also auch der Unternehmer – auf sie berufen dürfen und es nicht auf den Umstand ankommt, dass das auf diesen Vertrag gemäß den Art. 3 und 4 dieser Verordnung anwendbare Recht möglicherweise für den Verbraucher günstiger wäre.
(Tenor)