Berlin: (hib/BAL) Die Bundesregierung will Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern und zugleich Investitionen in erneuerbare Energien fördern. Dazu sollen „Regelungen im Finanzmarktrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht weiterentwickelt werden“, formuliert sie in der Problem- und Zielbeschreibung des von ihr in den Bundestags eingebrachten Entwurfs (20/8292) für ein Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG).
Insgesamt wird das ZuFinG laut Regierungsangaben nach seiner vollen Entfaltung ab 2026 zu jährlichen Steuermindereinnahmen von 960 Mio. Euro führen, wobei 387 Mio. Euro beim Bund, 358 Mio. Euro bei den Ländern und 215 Mio. Euro bei den Gemeinden anfallen. 2024 ist mit einem Gesamtminus von 595 Mio. Euro zu rechnen und 2025 mit 850 Mio. Euro.
„Durch Digitalisierung, Entbürokratisierung und Internationalisierung sollen der deutsche Finanzmarkt und der Standort Deutschland attraktiver sowohl für nationale als auch für internationale Unternehmen und Investoren werden. Aktien und börsennotierte Wertpapiere sollen als Kapitalanlage attraktiver werden, um Nachfrageseite (Anreize für Aktien als Kapitalanlage) und Angebotsseite (Erhöhung der Anzahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland) zu stärken“, erläutert die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf.
Zu den einzelnen adressierten Maßnahmen gehört unter anderem, dass offene Immobilienfonds künftig einfacher in Anlagen für erneuerbare Energien investieren dürfen. So soll „es aufsichtsrechtlich ermöglicht werden, auch Grundstücke zu erwerben, auf denen sich ausschließlich Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien befinden“. Die Fondsanbieter sollen diese Anlagen künftig auch selbst betreiben dürfen. Für den Betrieb von Anlagen auf bestehenden Gebäuden werde Rechtssicherheit geschaffen.
Erleichtert werden soll vor allem die Beteiligung von Mitarbeitern am Eigenkapital ihres Arbeitgebers. Dazu soll der Steuerfreibetrag von derzeit 1.440 Euro auf 5.000 Euro steigen. Allein hierfür kalkuliert die Bundesregierung ab 2025 eine jährliche Haushaltswirkung von -355 Mio. Euro ein.
Den Anwendungsbereich der aufgeschobenen Besteuerung will die Bundesregierung „signifikant ausweiten“. Hierzu soll die Besteuerung künftig bis zur Veräußerung der Anteile aufgeschoben werden können, wenn der Arbeitgeber die Haftung für die anfallende Lohnsteuer übernimmt. Verlust für den Haushalt: 365 Mio. Euro pro Jahr ab 2026 (2025: 255 Mio. Euro, 2024: 70 Mio. Euro)
Unternehmen sollen künftig bereits mit einer Mindestmarktkapitalisierung von einer Million Euro an die Börse gehen dürfen (bisher: 1,25 Mio. Euro). Die Pflicht zu einem Emissionsbegleiter, beispielsweise einer Bank, als Mitantragsteller entfällt.
Aktienemissionen sollen künftig auch auf der Grundlage der Blockchain-Technologie möglich werden. Mit dieser Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für Kryptowerte soll Deutschland „zu einem rechtssicheren Standort für diese Zukunftstechnologie“ werden. Konkret sollen Namensaktien künftig sowohl als Zentralregisterwertpapiere als auch als Kyptowertpapiere begeben werden können. Inhaberaktien soll es weiterhin nur als Zentralregisterwertpapiere geben.
Die Aufnahme von Eigenkapital soll ferner dadurch erleichtert werden, dass Unternehmen Mehrstimmrechtsaktien ausgeben dürfen. Kapitalerhöhungen sollen auch dadurch einfacher werden, dass unter anderem die Grenze beim vereinfachten Bezugsrechtsausschluss im Aktienrecht von bisher zehn Prozent des Grundkapitals auf 20 Prozent angehoben wird.
Umsatzsteuerrechtliche Regelungen für Investmentfonds sollen an Regelungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten angeglichen werden. Das Ziel der Bundesregierung sind dabei „gleiche Wettbewerbsverhältnisse mit dem europäischen Ausland“. Hier kalkuliert die Bundesregierung 2024 mit Mindereinnahmen von 120 Mio. Euro, ab 2025 mit jährlich 140 Mio. Euro.
Änderungen soll es auch im Bereich der Haftungsregelungen für Crowdfunding-Projekte geben. Entsprechende Paragraphen im Wertpapierhandelsgesetz sollen angepasst werden.
Internationale Akteure sollen mit der deutschen Finanzaufsicht künftig auch auf Englisch kommunizieren können. Auch soll eine Kommunikation mit den Behörden verstärkt auf digitalem Weg ermöglicht werden.
Der Gesetzentwurf sei dem Bundesrat am 18.8.2023 als besonders eilbedürftig zugeleitet worden, erklärt die Bundesregierung weiter. Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf sowie die Auffassung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates würden unverzüglich nachgereicht.
(Deutscher Bundestag, hib 643/2023 v. 13.9.2023)
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