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BAG: Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz – Auskunftsanspruch – Darlegungs- und Beweislast

BAG, Urteil vom 26.4.2023 – 10 AZR 137/22; ECLI:DE:BAG:2023:260423.U.10AZR137.22.0

1. Für die Parteien eines Rechtsstreits gibt es grundsätzlich keine allgemeine prozessuale Pflicht zur Auskunftserteilung. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt aber ein auf § 242 BGB gestützter materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch in Betracht, wenn zwischen den Parteien eine besondere rechtliche Beziehung besteht und die Existenz eines Leistungsanspruchs des Auskunftsfordernden gegen den Anspruchsgegner zumindest wahrscheinlich ist. Weiter muss der Auskunftsfordernde entschuldbar in Unkenntnis über Bestehen und Umfang seiner Rechte sein und dem Anspruchsgegner die Auskunftserteilung zumutbar. Durch die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs dürfen schließlich die allgemeinen Beweisgrundsätze nicht unterlaufen werden (Rn. 17 ff.).

2. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil der für die Bezifferung benötigten Informationen im Weg der Auskunftsklage erlangt werden kann. Ausgeschlossen ist eine Stufenklage nur dann, wenn die Auskunft in keiner Weise der näheren Bestimmung eines in einer nachfolgenden Stufe geltend gemachten Leistungsbegehrens dient (Rn. 13).

3. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen

Gleichbehandlungsgrundsatz trägt grundsätzlich der anspruchstellende Arbeitnehmer.

Somit hat er die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gleichbehandlung darzulegen und vergleichbare Arbeitnehmer zu nennen, die ihm gegenüber vorteilhaft behandelt wurden. Hat er dies getan, muss der Arbeitgeber diesen Behauptungen zur Gruppenbildung substantiiert entgegentreten und – wenn er den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer anders beurteilt – seinerseits darlegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (Rn. 23).

4. Der Umstand, dass die Leistung einer Sondervergütung durch den Arbeitgeber freiwillig erfolgt und in den Vorjahren mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt versehen war, steht der Bindung an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entgegen (Rn. 30).

(Orientierungssätze)