BAG, Urteil vom 29.3.2023 – 5 AZR 255/22
ECLI:DE:BAG:2023:290323.U.5AZR255.22.0
Lehnt der Arbeitnehmer es ab, für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses bei seinem bisherigen Arbeitgeber weiterzuarbeiten, indiziert dies alleine nicht fehlenden Leistungswillen iSd. § 297 BGB. Die möglichen Rechtsfolgen der Ablehnung einer Prozessbeschäftigung richten sich ausschließlich nach § 11 Nr. 2 KSchG.
(Amtlicher Leitsatz)
1. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, weil er die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers für unzumutbar hält, bietet aber gleichwohl eine Prozessbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen an, spricht wegen dieses widersprüchlichen Verhaltens eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um kein ernstgemeintes Angebot handelt (Rn. 18 ff.).
2. Der verhaltensbedingt fristlos gekündigte Arbeitnehmer unterlässt in der Regel nicht böswillig anderweitigen Verdienst iSd. § 11 Nr. 2 KSchG, wenn er es ablehnt, beim kündigenden Arbeitgeber im Rahmen einer Prozessbeschäftigung weiterzuarbeiten, solange die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Kündigungsschutzprozess nicht – zumindest erstinstanzlich – geklärt sind (Rn. 28 ff.).
3. Lehnt der Arbeitnehmer es ab, im Rahmen einer Prozessbeschäftigung beim kündigenden Arbeitgeber weiterzuarbeiten, indiziert dies alleine nicht fehlenden Leistungswillen iSd. § 297 BGB (Rn. 23 ff.).
(Orientierungssätze)