„Klimaschutz wird Business-relevant“

Dr. Axel Kölle

Dr. Axel Kölle

Die grüne Transformation wird zunehmend zur grünen Disruption. Der Wandel zur klimaneutralen Wirtschaft beschleunigt sich. Welche betriebswirtschaftlichen Gründe es für unternehmerischen Klimaschutz gibt, erläutert Experte Dr. Axel Kölle.

Frage: Herr Kölle, unternehmerischer Klimaschutz wird vielfach noch als Kostenfaktor gesehen. Doch ist es nicht so, dass er sich inzwischen rentiert?

Dr. Axel Kölle: Ein klares Ja! Unternehmerischer Klimaschutz als Teil eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatzes lohnt sich. Vor der gesamtpolitischen Situation erst recht. Die Preise für fossile Energie steigen so rasant, dass es sich nun noch schneller rentiert, in energieeffiziente Prozesse und erneuerbare Energieträger zu investieren. Der Ukraine-Krieg beschleunigt alles. Es ist bemerkenswert, welche Dynamik es bei der Nachfrage nach grünen Technologien nun gibt.

Zur Person

Dr. Axel Kölle ist gemeinsam mit Dr. Christian Geßner Gründer und Leiter des ZNU – Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke. Das Zentrum hat den ZNU-Standard für Nachhaltiges Wirtschaften entwickelt, der von mehr als 100 Unternehmen genutzt wird. Außerdem hat es die Klimaneutralitätsinitiative znu-goes-zero.de lanciert. Kölle ist seit 20 Jahren in Weiterbildung, Forschung, Lehre und Beratung rund um das Thema Nachhaltigkeit tätig.

Frage: Wobei vor der erneuerbaren Energie das Energiesparen kommen sollte.

Dr. Axel Kölle: Das ist das A und O. Das rufen wir als ZNU raus in die Welt. CO2-Emissionen, die nicht entstehen, sind die besten Emissionen. Außerdem: Für die Unternehmen ist Energieeffizienz ein hochattraktives Thema. Denn sie schützt nicht nur das Klima, sondern spart auch Kosten. Klimaschutz und ökonomische Ziele gehen hier Hand in Hand.

„Es ist bemerkenswert, welche Dynamik es bei der Nachfrage nach grünen Technologien nun gibt. “

 Dr. Axel Kölle

Frage: Ist Klimaschutz denn inzwischen frei von ökonomischen Zielkonflikten?

Dr. Axel Kölle: Nein, komplett frei sicherlich nicht. Aber Projekte, die man vor fünf Jahren aus Kostengründen noch in der Schublade gelassen hätte, die rechnen sich inzwischen. Ich gebe Ihnen dafür das Beispiel der Kompensation unvermeidbarer Emissionen. Wenn ich diese in meine interne Kostenrechnung einpreise, dann reduzieren sich Amortisationszeiten beträchtlich und die vielleicht teurere, aber energieeffizientere Anlage kann angeschafft werden. Das ist ein toller betriebswirtschaftlicher Hebel.

Frage: Am Markt sehen wir rasant steigende Preise für Kompensationszertifikate. Für Unternehmen wird es damit teurer, Emissionen zu kompensieren. Schließt sich das Fenster, in dem man seine CO2-Bilanz auf diesem Weg verbessern konnte?

Dr. Axel Kölle: Der Markt für Emissionszertifikate ist ein wilder Markt. Wie bei allen vergleichsweise jungen Märkten verändert er sich relativ rasch. Zum Beispiel gibt es derzeit eine zunehmende Bereinigung bei den Zertifikaten. Einige Unternehmen haben sich vor Jahren mit großen Mengen Emissionsrechten eingedeckt. Das war ja durchaus klug. Jedoch sind die Projekte dahinter, mit denen diese CO2-Mengen gebunden wurden, zum Teil schon vor mehr als zehn Jahren ausgelaufen. Die Anerkennung dieser alten Zertifikate wird zunehmend schwierig. Das führt zu einer Verknappung am Markt.

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Frage: Grundsätzlich sind Kompensationsprojekte sowieso nicht beliebig ausbaubar. Irgendwann sind die Kohleöfen in Afrika durch Elektrokocher ersetzt. Das heißt: Der Zertifikatemarkt ist endlich. Was bedeutet das für die Preise?

Dr. Axel Kölle:  Es ist völlig klar, dass sich die Zertifikate über die nächsten Jahre immer weiter verteuern werden. Zumal es noch einen anderen Faktor gibt: Die Schwellenländer wollen perspektivisch die Kompensationsprojekte zunehmend ihrer eigenen Klimabilanz gutschreiben und nicht mehr an die Industrieländer verkaufen. Sie können sich vorstellen, was das bedeutet: Dann wird das Angebot noch knapper. Die Verdrei- bis Vervierfachung der Preise in den vergangenen zwei Jahren war dafür nur ein Vorbote. Alles marschiert rasant nach oben.

Frage: Das heißt, wer früh in den Klimaschutz eingestiegen ist und Emissionen gesenkt hat, ist gegenüber Unternehmen, die noch viele Emissionszertifikate kaufen müssen, bereits im Vorteil.

Dr. Axel Kölle: Das ist so. Man muss aber stets betonen, dass es sich hier ja immer noch um freiwillige Maßnahmen der Unternehmen handelt. Hier zeigen viele Unternehmen wirklich Engagement.

„Nachhaltigkeit und speziell auch Klimaschutz sind eine Form der Innovation.“

 Dr. Axel Kölle

Frage: Ist dem wirklich so? Wenn Großkonzerne oder der Handel von den Zulieferern erwarten, dass sie Klimaschutz machen, und Banken bei der Kreditvergabe zunehmend auf das Thema achten werden, dann ist es doch mit der Freiwilligkeit nicht mehr weit her.

Dr. Axel Kölle: Das sind Entwicklungen, die sich in der Tat immer stärker akzentuieren. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten achten verstärkt auf klimaneutrale Produkte. Von daher plädieren wir als ZNU stets für ein gemeinsames Herangehen und damit verbunden auch für eine Verteilung der Kosten auf mehrere Schultern. Außerdem: Auch bei den Beschäftigten und in Bewerbungsgesprächen wird das Thema zunehmend relevanter, gerade bei den High-Potentials, um die sich die Unternehmen streiten. Geschäftsführer sagen mir: Es ist erstaunlich, wie oft die Klimafrage inzwischen in Vorstellungsgesprächen gestellt wird. Klimaschutz wird Business-relevant.

Frage: Studien bei börsennotierten Unternehmen zeigen, dass nachhaltig gemanagte Unternehmen mindestens genauso erfolgreich sind wie die herkömmliche Konkurrenz – wenn nicht erfolgreicher. Warum macht Nachhaltigkeit wirtschaftlich erfolgreich?

Dr. Axel Kölle: Nachhaltigkeit und speziell auch Klimaschutz sind eine Form der Innovation. Innovation findet auf Prozessebene statt, wenn es darum geht, effizienter zu werden und Energie zu sparen. Sie schlägt sich aber auch zunehmend bei den Produkten nieder, die für eine grüne Zukunft entwickelt werden. Das strategische Überdenken und Überprüfen aller Unternehmensteile, wie wir es mit unserem ZNU-Standard vorschlagen, hat häufig betriebswirtschaftlich positive Effekte. Aus diesen Gründen ist bei den Vorreitern dieser Entwicklung Nachhaltigkeit inzwischen ein cooles Thema, es ist ein Lifestyle, es ist innovativ und macht Spaß. Die Leute brennen für das Thema in den Unternehmen. Und es rechnet sich auch noch, wie wunderbar ist das denn!?