Versäumnisse beim Klimaschutz treiben die Kreditrisiken von Unternehmen, so eine aktuelle Studie der Ratingagentur Moody’s. Wer in Zukunft am Markt bestehen will, muss die Transformation hin zu einem CO2-neutralen Geschäftsmodell schleunigst angehen.
Klimasünder müssen mit stetig steigenden Kreditrisiken rechnen – und in der Konsequenz mit höheren Kapitalkosten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Moody’s. Die Analysten der Ratingagentur identifizieren 16 Branchen mit „sehr hohen“ beziehungsweise „hohen“ ökologisch bedingten Kreditrisiken. Am anfälligsten für nachhaltigkeitsbezogene Kreditrisiken seien Unternehmen aus der Kohle-, Chemie-, Bergbau-, Öl- und Gasindustrie.
CO2-neutrale Geschäftsmodelle sind gefragt
Die Analysten stufen das Kreditrisiko einer Branche als „sehr hoch“ ein, wenn die Auswirkungen von ökologischen Risiken auf die Kreditwürdigkeit bereits sichtbar oder in naher Zukunft zu erwarten sind. Eine verringerte Kreditwürdigkeit haben auch Unternehmen, die aufgrund ihrer begrenzten Möglichkeiten in naher Zukunft größere strukturelle, finanzielle und strategische Anpassungen vornehmen müssen, um ihre Klimarisiken zu bewältigen. So werden beispielsweise integrierte Öl- und Gasunternehmen in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen tätigen müssen, um ihre Geschäftsmodelle an Klimaziele anzupassen und die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Wirtschaft zu ebnen.
„Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit setzen das Kreditprofil von Unternehmen zunehmend unter Druck und werden dies auch in Zukunft weiter tun.“
Ram Sri-Saravanapavaan, Senior-Analyst bei Moody’s
Die im Rahmen der Studie erhobenen Daten zeigen, „dass Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit das Kreditprofil von Unternehmen zunehmend unter Druck setzen und dies auch in Zukunft weiter tun werden“, sagt Ram Sri-Saravanapavaan, Senior-Analyst bei Moody’s und Autor der Studie. Über die Finanzmarktfähigkeit eines Kreditnehmers entscheidet laut Studie, wie das jeweilige Unternehmen den Wandel zum CO2-neutralen Wirtschaften vollzieht und mit Herausforderungen hinsichtlich physischer Klimarisiken, Wassermanagement, Umweltverschmutzung und natürlicher Ressourcen im Allgemeinen umgeht.
Verschuldung seit 2015 mehr als verdoppelt
Die Verschuldung der Branchen mit erhöhtem ökologisch bedingtem Kreditrisiko belief sich im Erhebungszeitraum der Studie (Stand: Juni 2022) auf insgesamt rund 4,3 Billionen US-Dollar. Dieser Betrag entspricht in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Deutschland. Im November 2015 – also kurz bevor das Pariser Klimaschutzabkommen beschlossen wurde – lag die Gesamtverschuldung ebendieser Branchen bei 2 Billionen US-Dollar. Demzufolge ist deren Verschuldung 2022 mehr als doppelt so hoch als noch vor sieben Jahren. Ob sich dieser Aufwärtstrend weiter fortsetzt, „hängt weitgehend von künftigen Klima- und Umweltschutzvorschriften, der Politik und den Maßnahmen der Unternehmen ab“, erläutert Sri-Saravanapavaan.
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Die von Moody’s ermittelte Gesamtverschuldung der besonders gefährdeten Branchen stimmt mit der Höhe der Finanzierungsmittel überein, die Banken in jüngster Vergangenheit über Anleiheverkäufe und Kredite für die Produzenten von fossilen Energieträgern bereitgestellt haben: Seit Anfang 2016 haben Öl-, Gas- und Kohleproduzenten rund 4,5 Billionen US-Dollar von Kreditinstituten weltweit erhalten, wie eine Analyse des Finanzdatenanbieters Bloomberg zeigt.
Schlüsselrolle im Kampf gegen Klimawandel
Die zunehmenden Kreditrisiken sind zum einen ein unzweifelhaftes Signal an Unternehmen, dass kein Weg an Nachhaltigkeit vorbeiführt. Zum anderen verdeutlicht die Analyse von Moody’s die Schlüsselrolle der Wirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel.
Banken, Investoren und Verbraucher bestrafen nicht nachhaltiges Verhalten künftig immer häufiger – mit teils gravierenden Folgen: Unternehmen, die vor dem Hintergrund zunehmender Klimarisiken keine glaubwürdigen Net-Zero-Strategien haben, werden sehr wahrscheinlich steigende Kapitalkosten und einen Rückgang der Nachfrage nach ihren Waren oder Dienstleistungen erleben.