Bundesrat und Parlament wollen die OECD/G20-Reform zur Mindestbesteuerung für grosse international tätige Unternehmensgruppen in der Schweiz umsetzen und damit stabile Rahmenbedingungen schaffen sowie Steuereinnahmen und Arbeitsplätze sichern. Am 18.6.2023 wird die Stimmbevölkerung über die dafür nötige Verfassungsänderung abstimmen. An der Medienkonferenz vom 24.4.2023 legte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die Argumente für die Annahme der Vorlage dar. Vertreten waren auch die kantonale und die kommunale Ebene.
Die Schweiz hat sich zusammen mit rund 140 Staaten dem OECD/G20-Projekt zur Mindestbesteuerung grosser, international tätiger Unternehmensgruppen angeschlossen. Diese sollen in jedem Staat mindestens 15 Prozent Steuern auf ihren Gewinn bezahlen, wenn ihr Umsatz über 750 Mio. Euro beträgt. Laut einer Schätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) sind in der Schweiz wenige Hundert inländische sowie wenige Tausend ausländische Unternehmensgruppen direkt von der OECD/G20-Reform betroffen. Die Einführung der OECD/G20-Mindestbesteuerung soll mit einer Verfassungsänderung erfolgen, über welche Volk und Stände abstimmen.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter erläuterte an der Medienkonferenz vom 24.4.2023 zusammen mit Regierungspräsident Ernst Stocker (ZH), Staatsrätin Nathalie Fontanet (GE) und Stadtrat Daniel Leupi, Präsident der Konferenz der städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren, die Gründe für eine Annahme der Vorlage, die das Parlament im Dezember 2022 beschlossen hat.
Bundesrat und Parlament wollen mit der Umsetzung der Mindestbesteuerung international stabile Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort sowie Steuereinnahmen und Arbeitsplätze in der Schweiz sichern. Würde die Schweiz die Mindestbesteuerung nicht einführen, könnten andere Staaten die Differenz zwischen der tieferen Steuer und der Mindestbesteuerung von 15 Prozent einziehen. Mit der Einführung der Mindestbesteuerung wird folglich sichergestellt, dass die Steuereinnahmen in der Schweiz bleiben. Zudem schafft das Regelwerk Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen in der Schweiz.
Die Vorlage sieht vor, dass die Schweiz die Mindestbesteuerung mit einer Ergänzungssteuer umsetzt. Diese erfasst die Differenz zwischen der aktuellen Steuerbelastung und der Mindeststeuer von 15 Prozent. Im ersten Jahr schätzt die ESTV die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer auf 1–2,5 Mrd. Franken. Sowohl die kurz- als auch langfristigen finanziellen Auswirkungen der Ergänzungssteuer sind allerdings schwierig zu schätzen.
Diese Einnahmen stehen zu 75 Prozent jenen Kantonen zu, in denen die bestehende Steuerbelastung der betroffenen Unternehmen unter 15 Prozent liegt. Dem Bund stehen 25 Prozent der Einnahmen zu. Dieser vom Parlament beschlossene Verteilschlüssel basiert auf einem Kompromiss zwischen Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden.
Die Kantone entscheiden eigenständig über die Verwendung ihrer Einnahmen; sie müssen aber die Gemeinden angemessen berücksichtigen. Die Mehreinnahmen werden im nationalen Finanzausgleich berücksichtigt. Damit ist sichergestellt, dass alle Kantone von den Einnahmen profitieren, sie kommen also auch den finanzschwächeren Kantonen zugute. Auch vom Bundesanteil fließt rund ein Drittel in den nationalen Finanzausgleich. Die restlichen Mittel verwendet er zur schweizweiten Förderung der Standortattraktivität, wozu beispielsweise die Forschungsförderung oder Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehören können.
In der Debatte im Parlament war die Verteilung der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen umstritten. Der gewählte Verteilschlüssel bewog eine Minderheit dazu, die Vorlage abzulehnen. Die Mehrheit im Parlament will die Mindestbesteuerung in der Schweiz einführen können und befürwortet die Vorlage.
Viele Staaten – darunter insbesondere die EU – planen ein Inkrafttreten der Mindestbesteuerung per 2024. Die Abstimmungsvorlage stellt sicher, dass die Schweiz zeitgleich bereit ist, indem sie es dem Bundesrat erlaubt, die Mindestbesteuerung vorübergehend mit einer Verordnung einzuführen. Anschließend wird der Bundesrat dem Parlament ▀innert sechs Jahren ein Gesetz vorlegen, das die Verordnung ablöst.
(Quelle: PM ESTV vom 24.4.2023)