BGH, Urteil vom 9.3.2023 – III ZR 80/22
a) In „Massenverfahren“ führen – jedenfalls bei Personenidentität auf Kläger- oder Beklagtenseite – Verzögerungen, die durch die Überlänge eines Pilotverfahrens begründet sind, in den davon abhängigen, zurückgestellten Verfahren regelmäßig nicht zu gesondert entschädigungspflichtigen immateriellen Nachteilen. Insoweit kann sich der Betroffene nicht auf die Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG berufen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 12. Februar 2015 – III ZR 141/14, BGHZ 204, 184 und vom 15. Dezember 2022 – III ZR 192/21, WM 2023, 236).
b) Derartige Verzögerungen sind vielmehr bei der Prüfung einer Erhöhung des Regelsatzes nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG in dem das Pilotverfahren betreffenden Entschädigungsverfahren zu berücksichtigen.
c) Ein gesonderter Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GVG kommt nur in Betracht, wenn die durch das Pilotverfahren verursachte Verzögerung eines zurückgestellten Verfahrens über die mit dieser überlangen Verfahrensdauer typischerweise verbundenen Folgen hin- ausgehende, besondere entschädigungsrelevante (psychische oder physische) Auswirkungen für den Betroffenen hatte, die er allerdings konkret geltend machen muss.
(Amtliche Leitsätze)