Die Capital Requirements Regulation III (CRR III) steht vor der Tür, doch längst nicht alle Banken sind für die Auswirkungen des voraussichtlich ab 2025 anzuwendenden Eigenkapitalrahmenwerks gewappnet. So lautet das Ergebnis der jüngsten Umfrage, die Deloitte unter mehr als 50 nationalen und internationalen Bankhäusern durchgeführt hat.
„Die Finalisierung des Basler Eigenkapitalrahmenwerks CRR III wird zu erheblichen Änderungen der Eigenkapitalanforderungen in Europa führen“, sagt Michael Cluse, Director im Bereich Financial Industry Risk & Regulatory bei Deloitte. „Vergleichbare Institute erwarten mitunter sehr unterschiedliche Auswirkungen. Daher sind individuelle Analysen unverzichtbar. Die meisten Banken müssen mit einem Anstieg der Eigenkapitalanforderungen rechnen. EU-Ministerrat und -Parlament haben ihre Verhandlungspositionen und Änderungsvorschläge bereits veröffentlicht, die Umsetzungsfrist rückt somit näher, und die Banken müssen sich auf den neuen Rechtsrahmen einstellen“, ergänzt Dr. Christian Farruggio, ebenfalls im Bereich Financial Industry Risk & Regulatory bei Deloitte tätig.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die notwendigen Anpassungen oft über die reine Aktualisierung der Risk-Weighted-Assets-Berechnungslogiken (RWA) und die aufsichtsrechtlichen Meldesysteme hinausgehen. Viele Banken erwarten strategische Auswirkungen bzw. erhebliche Anpassungen der IT-Systeme, deren Vorbereitung und Durchführung einige Zeit in Anspruch nehmen werden. Um die neuen Regelungen fristgerecht umsetzen zu können, werden zusätzliche Ressourcen benötigt.
Angesichts der verpflichtenden neuen Vorschriften und des begrenzten Zeitrahmens – derzeit wird mit einem Inkrafttreten ab 2025 gerechnet – wird eines deutlich: Bei einem späteren Umsetzungsstart lässt sich zwar größere regulatorische Planungssicherheit erreichen, dies geht jedoch mit einem kürzeren Zeitrahmen für das Umsetzungsprojekt einher. Darüber hinaus bleibt in diesem Fall weniger Zeit, um die individuellen Auswirkungen der erwarteten Änderungen zu verstehen und etwaige erforderliche Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Umfrageergebnisse zu den Auswirkungen auf Kapital und Strategie im Überblick:
- Während wenige Institute Erleichterungen sehen, werden die meisten mit – zum Teil erheblichen – Steigerungen ihrer Eigenkapitalanforderungen konfrontiert sein. Die Auswirkungen auf EU-Banken sind tendenziell ungünstiger als in anderen Jurisdiktionen.
- Die größten Auswirkungen durch den Output Floor werden bei Immobilienfinanzierungen erwartet, gefolgt von Unternehmenskrediten und dem Mengengeschäft. Der Output Floor definiert, wie stark ein mithilfe interner Modelle berechneter Eigenkapitalbedarf maximal von jenem Niveau abweichen darf, das sich für dieselben Risiken bei Anwendung der Standardansätze ergäbe. So legt Basel III einen Output Floor von 72,5 Prozent fest, sprich: Das aufgrund interner Modelle berechnete Mindesteigenkapital kann maximal um 27,5 Prozent niedriger liegen als das nach den Standardansätzen berechnete Mindestkapital. Da nur wenige Banken interne Marktrisikomodelle im Meldewesen verwenden, wirkt sich der Output Floor in der Regel nicht auf das Handelsbuch aus. Sofern Institute hier interne Marktrisikomodelle verwenden, sind Auswirkungen durch den Output Floor durchaus möglich.
- Mehr als 60 % der Befragten sehen Handlungsbedarf hinsichtlich Kapitalplanung und Pricing. Zugleich haben bisher nur sehr wenige Institute in diesem Bereich nennenswerte Fortschritte gemacht. Ungefähr ein Viertel gab an, dass die interne Kapitalallokation angepasst werden muss. Folglich erwarten viele Banken ein Re-Design von Produkten oder eine Neuausrichtung ihrer Portfolios.
- Die Umsetzungsprojekte führen häufig zu strukturellen Anpassungen in der IT-Umgebung. Eine von sieben Banken sieht die Notwendigkeit von grundlegenden Änderungen an Risiko- und Finanzdaten und/oder der Meldewesen-IT-Infrastruktur. Eine ähnliche Anzahl plant eine Änderung der gesamten Reporting-Lösung.
- Gerade einmal 30 % der Befragten sehen keinen Bedarf für strukturelle Anpassungen der regulatorischen Meldeinfrastruktur. Den größten Änderungsbedarf erwarten die Banken hinsichtlich des neuen Standardansatzes für das Kreditrisiko. Dies betrifft u. a. den neu eingeführten Due-Diligence-Prozess bei Verwendung externer Ratings.
- Die Berechnung des „Exposure to Value“ bei Immobilienfinanzierungen stellt eine weitere große Hürde dar.
- Mehr als 10 % der Banken sehen die Notwendigkeit, ihr Geschäftsmodell grundsätzlich anzupassen. Eine Neuausrichtung im Hinblick auf die Zielkunden ist indes meist nicht vorgesehen.
- Nur wenige Banken in der Stichprobe haben bisher das Potenzial einer Portfolio- und/oder RWA-Optimierung im Zusammenhang mit den neuen Vorschriften analysiert.
- Bei anderen Themen, etwa der Abgrenzung von Spezialfinanzierungen, „Transaktoren“ im Mengengeschäft oder der Implementierung von Risikominderungstechniken, besteht der Umfrage zufolge kein größerer Handlungsbedarf.
„Ursächlich für die steigenden Eigenmittelanforderungen sind die höhere Risikosensitivität der überarbeiteten und nunmehr verpflichtenden Standardansätze. Hinzu kommt der zukünftig stärker eingeschränkte Nutzen aus der Verwendung interner Verfahren und Risikomodelle. Das betrifft insbesondere den ‚Output Floor‘“, sagt Cluse. Die steigende Risikosensitivität führe indes dazu, dass es in Abhängigkeit von Geschäftsmodell und aufsichtsrechtlich verwendeten Ansätzen auch Institute gibt, für die unter den neuen Regeln geringere Eigenmittelanforderungen entstehen.
(PM Deloitte vom 14.3.2023)