Das BAG hat mit Beschluss vom 15.11.2022 – 1 ABR 5/22 – wie folgt entschieden:
1. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt voraus, dass der das Ordnungsverhalten betreffenden Maßnahme des Arbeitgebers ein kollektiver Tatbestand zugrunde liegt. Dies erfordert, dass die Maßnahme auf einer Regel oder einer über den Einzelfall hinausgehenden Handhabung beruht (Rn. 24).
2. Verlangt der Arbeitgeber von Arbeitnehmern auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG in einer bestimmten Form und ggf. innerhalb einer bestimmten Frist den ärztlichen Nachweis jeglicher Arbeitsunfähigkeit, ist grundsätzlich das Ordnungsverhalten und nicht das – mitbestimmungsfreie – Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer berührt (Rn. 25).
3. Da die Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausschließlich auf individuellen Besonderheiten des einzelnen Arbeitsverhältnisses beruhen kann, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nur dann, wenn der Arbeitgeber hierbei eine selbst gesetzte Regel vollzieht oder der Ausübung dieses Rechts eine solche Regelhaftigkeit zugrunde liegt. Das ist etwa der Fall, wenn er das Verlangen gleichermaßen gegenüber allen Arbeitnehmern, gegenüber einer Gruppe von ihnen oder zumindest dann ausübt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (Rn. 25).
(Orientierungssätze)