IMAGO / agefotostock

© IMAGO / agefotostock

BAG: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung – fehlende Verkündung eines Beschlusses – Rügeverzicht

Das BAG hat mit Beschluss vom 17.8.2022 – 7 ABR 3/21 – wie folgt entschieden:

1. Im Beschlussverfahren folgt die Rechtsmittelbefugnis grundsätzlich der Beteiligtenbefugnis. Ist streitig, ob der rechtsbeschwerdeführende Gesamtbetriebsrat existiert, wird dessen Beteiligtenfähigkeit für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unterstellt (Rn. 14).

2. Arbeitsgerichtliche Beschlüsse sind auch dann zu verkünden, wenn nach § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG ohne mündliche Anhörung der Beteiligten entschieden wird. Die Verkündung des Beschlusses hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen (Rn. 22 f.).

3. Verkündungsmängel stehen dem wirksamen Erlass eines Beschlusses nur entgegen, wenn gegen elementare, zum Wesen der Verlautbarung gehörende Formerfordernisse verstoßen wurde. Zu den Mindestanforderungen an den wirksamen Erlass eines Beschlusses zählt, dass seine Verlautbarung von dem Gericht beabsichtigt war oder von den Beteiligten derart verstanden werden durfte und die Beteiligten von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet wurden (Rn. 28).

4. Die Verfügung der Geschäftsstelle über die Zustellung des Beschlusses auf einem „Laufzettel“, aus der sich nicht der Wille des Richters ergibt, die Entscheidung zu verlautbaren, ist nicht geeignet, die Unbeachtlichkeit der fehlenden Verkündung zu bewirken (Rn. 30).

5. Allein der Umstand, dass die Entscheidung ohne Anhörung der Beteiligten erfolgt, lässt nicht den Rückschluss zu, dass das Gericht den Beschluss nicht in öffentlicher Sitzung verkünden, sondern ihn nur im Wege der Zustellung bekannt geben will, da das Gesetz gerade vorsieht, dass eine Entscheidung ohne Anhörungstermin getroffen werden kann und dennoch verkündet werden muss (Rn. 34).

6. Die Beteiligten können durch einen Rügeverzicht hinsichtlich des Verkündungsmangels einen Beschlussentwurf nicht zum Beschluss machen, um der Rechtsmittelinstanz somit eine Grundlage zur Tätigkeit in der Sache zu verschaffen (Rn. 35).

(Orientierungssätze)