Bevölkerung und Wirtschaft werden um knapp eine Milliarde Euro entlastet
„Viele Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in Hessen erhalten in diesen Tagen Post von ihrem Finanzamt. Rund 925.000 an die neue Rechtslage angepasste Zinsbescheide versendet die Hessische Steuerverwaltung aktuell. Steuernachzahlungen und Steuererstattungen werden rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 mit dem niedrigen Zinssatz von 1,8 Prozent pro Jahr verzinst. Wer bisher für den Verzinsungszeitraum ab dem 1. Januar 2019 nach der alten Gesetzeslage sechs Prozent Zinsen pro Jahr gezahlt hat, bekommt Geld zurück. Waren die Zinsfestsetzungen vorläufig ausgesetzt, kann es durch die Neuberechnung der Zinsen zu Nachzahlungen kommen. Wer bisher Erstattungszinsen mit dem alten Zinssatz erhalten hat, muss dieses Geld nicht mehr zurückzahlen, hier gilt der Vertrauensschutz und den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen entstehen keine Nachteile. Unterm Strich entlastet die Neuregelung die betroffenen Steuerpflichtigen und Unternehmen in Hessen um knapp eine Milliarde Euro. Besonders in diesen Zeiten, wo fast alles teurer wird, hilft jede Entlastung. Wir haben uns daher bemüht, diese bundesweit geltende Neuregelung möglichst zügig umzusetzen“, erklärte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg heute in Wiesbaden.
Das Bundesverfassungsgericht hat den bundesgesetzlichen Zinssatz von jährlich sechs Prozent für Steuernachzahlungen und -erstattungen im Juli 2021 für verfassungswidrig erklärt, da der seit 1961 geltende Zinssatz nicht mehr zeitgemäß sei. Hessen hatte sich aufgrund des in den vergangenen Jahren niedrigen allgemeinen Zinsniveaus sowie im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und des Bürokratieabbaus für eine vollumfängliche Abschaffung der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen eingesetzt.
Rückwirkend seit dem 1. Januar 2019 beträgt der Zinssatz für alle offenen Fälle jetzt nur noch 1,8 Prozent jährlich (beziehungsweise 0,15 Prozent monatlich). Die Regelung gilt für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
Betroffene werden automatisch informiert
Ein Antrag zur Neuberechnung der Steuerzinsen durch die Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen ist nicht notwendig. Sollten Steuerpflichtige von der Neuregelung betroffen sein, erhalten sie automatisch in diesen Tagen einen entsprechenden Bescheid des zuständigen Finanzamts.
Aus rechtlichen Gründen müssen in manchen Fällen auch so genannte Null-Bescheide verschickt werden, also Bescheide, bei denen es keine oder nur geringfügige Abweichungen von bisherigen Ergebnissen gibt, die aber formal bei einspruchsbehafteten und ausgesetzten Zinsfestsetzungen notwendig sind.
Bei rund 935.000 Fällen, bei denen es zu keinen Änderungen kam, mussten keine Bescheide verschickt werden.
Keine Nachteile durch die Neuregelung
Die durch die Senkung von sechs auf 1,8 Prozent notwendige Neuberechnung bereits festgesetzter Nachzahlungs- und Erstattungszinsen erfolgt mit der Maßgabe, dass der aufgrund der Neuberechnung geänderte Zinsbescheid in der Summe zu keinem für die Steuerpflichtigen schlechteren Ergebnis führt als der ursprüngliche Bescheid.
Soweit der Zins für einen Steuerfall bislang noch nicht festgesetzt worden ist, erfolgt die Zinsberechnung uneingeschränkt mit dem neuen Zinssatz von 1,8 Prozent.
„Knapp eine Milliarde Euro weniger Steuerzinsen. Das ist eine gute Nachricht für alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen und es ist ein Beleg dafür, wie aus der Zeit gefallen der alte, viel zu hohe Steuerzins war“, sagte Finanzminister Boddenberg. „Wir haben uns immer für mehr Bürgerfreundlichkeit und weniger Bürokratie eingesetzt. Ein Etappenziel haben wir erreicht. Der Zinssatz wird künftig alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls an die Marktverhältnisse angepasst.“
(PM v. 20.12.2022)