Nachdem der Düsseldorfer Arbeitsrechtsdialog im Jahr 2020 und leider auch im Jahr 2021 – dem 75jährigen Jubiläum des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf – pandemiebedingt ausfallen musste, trafen sich am Nikolaustag 2022 über hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der arbeitsrechtlichen Praxis und Wissenschaft im Haus der Universität am Schadowplatz. Der Düsseldorfer Arbeitsrechtsdialog wird bereits seit 1988 von dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf gemeinsam mit den Sozialpartnern DGB, ver.di, unternehmer nrw, dem Unternehmensverband Handwerk sowie der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität und dem Deutschen Arbeitsgerichtsverband veranstaltet.
Die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf Brigitte Göttling begrüßte die Anwesenden mit einem freudigen „Ja, wir sind wieder da!“. In ihrer Ansprache bedauerte sie die Folgen und Einschränkungen der Pandemie, hob aber hervor, dass die Justiz dadurch quasi im Zeitraffer einen Digitalisierungsschub erlebt habe. So seien inzwischen alle 30 Arbeitsgerichte in Nordrhein-Westfalen auf die elektronische Akte e2A umgestellt. Am 12.12.2022 folge das Landesarbeitsgericht Düsseldorf als erste arbeitsgerichtliche Berufungsinstanz. Hinzu komme die Ausstattung sämtlicher Arbeitsgerichte im Bezirk des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf mit Videotechnik. Die Arbeitsgerichte sind deshalb für die Digitalisierung gut gerüstet. Doch – so Brigitte Göttling – „nicht alles Bewährte verändert sich“. Der persönliche Austausch und Diskurs bleibe wichtig.
Sie begrüßte dazu zu dem Fachvortrag „Form follows function – vom Nachweisrecht bis zur Arbeitszeiterfassung“ Herrn Prof. Dr. Sebastian Roloff, Richter am Bundesarbeitsgericht und seit dem 01.03.2022 Honorarprofessor für Betriebsverfassungsrecht und europäisches Arbeitsrecht an der Universität Leipzig. An den Beispielen des neuen Nachweisrechts, der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen und der Rechtsprechung zur Urlaubsgewährung hinterfragte er, ob Form und Funktion der rechtlichen Regelungen jeweils im Einklang stehen. So warf er nach dem „Paukenschlag“ der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung z.B. die Frage auf, ob diese Pflicht nicht ohne Funktion bleibe, wenn sie alleine auf den Gesundheitsschutz bezogen bleibe. Müsse sie von ihrer Funktion her nicht auch Folgen für die Vergütung von Arbeit haben, z.B. im Rahmen der Verteilung der Darlegungslast in Überstundenprozessen?
Angeregt durch die von dem Referenten aufgeworfenen Thesen und Fragestellungen nutzten die ca. hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer das anschließende Beisammensein zu einem regen fachlichen Gedankenaustausch.
(Pressemitteilung Nr. 22/22 vom 7.12.2022)