Das OLG Frankfurt a. M. hat mit Urteil vom 29.4.2022 – 7 U 150/21 – entschieden, dass die D&O-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG bei kritischer Medienberichterstattung und auf Grund dessen drohendem karrierebeeinträchtigendem Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten umfasst. Es komme nicht darauf an, ob die Berichterstattung sich mit dem Versicherungsfall einer konkreten zivilrechtlichen Inanspruchnahme (Haftpflicht-Versicherungsfall) befasse oder sich auf den durch das Ermittlungsverfahren ausgelösten Versicherungsfall (Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfall) beziehe. Bei verständiger Auslegung der Versicherungsbedingungen solle gerade Schutz vor existenzieller Beschädigung des Ansehens im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen gewährt werden. Soweit die Berichterstattung nicht ohnehin im Rahmen zulässiger Verdachtsberichterstattung hinzunehmen sei und durch die Einschaltung einer PR-Agentur oder durch gerichtliche Maßnahmen abgewendet oder gemindert werden könne, werde dem Versicherten ausdrücklich umfassender Reputationsschutz zugesagt. Dies umfasse nach den berechtigten Erwartungen des Versicherten insbesondere den Ersatz von PR-Kosten in Hinblick auf eine kritische Berichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, das im Mittelpunkt des medialen Interesses stehe. Anderenfalls liefe der Versicherungsschutz leer. Der Höhe nach sei der Anspruch auf Gewährung von PR-Kosten allerdings auf 100000 Euro pro versicherter Person und Versicherungsperiode begrenzt. Das zur Verfügung stehende Grundsublimit von 500000 Euro werde „je versicherter Person und je Versicherungsfall“ auf 100000 Euro limitiert, um einer vorschnellen Erschöpfung der Versicherungssumme entgegen zu wirken und eine möglichst gerechte Aufteilung im Kreise der Versicherten sicherzustellen.
(PM OLG Frankfurt a. M. Nr. 37/2022 vom 29.4.2022)