IMAGO / Jan Eifert

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BAG: Zeitungszusteller – Dauernachtarbeit – Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG

Das BAG hat mit Urteil vom 10.11.2021 – 10 AZR 261/20 – wie folgt entschieden:

1. Die Belastung, die mit einer Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit verbunden ist, übersteigt die gewöhnlich mit Nachtarbeit einhergehende Belastung. Lange Nachtarbeitszeiträume sind besonders nachteilig für die Gesundheit der Arbeitnehmer und können die Sicherheit bei der Arbeit beeinträchtigen. Der nach § 6 Abs. 5 ArbZG für Dauernachtarbeit geschuldete Ausgleich durch einen Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt erhöht sich bei Dauernachtarbeit regelmäßig auf 30 %. Die Grundrechte des Arbeitgebers aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG stehen dem nicht entgegen (Rn. 25 ff.).

2. Leistet der Nachtarbeitnehmer Vollzeitarbeit, verringert sich der für Dauernachtarbeit regelmäßig angemessene Ausgleich in Höhe von 30 % nicht deshalb, weil die tägliche Arbeitsleistung nur einen Teil des Nachtarbeitszeitraums umfasst (Rn. 36).

3. Der Vertrieb unterfällt bei nächtlicher Zustellung von Tageszeitungen dem Gewährleistungsbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Bei wertender Betrachtung ist es vor dem Hintergrund des Schutzzwecks von § 6 Abs. 5 ArbZG dennoch nicht gerechtfertigt, den Zuschlag unter den für Dauernachtarbeit angemessenen Regelwert von 30 % des Bruttoarbeitsentgelts zu senken. Die Medienfreiheit gewährleistet nicht, dass Medienerzeugnisse verbreitet werden können, ohne die allgemein geltende Rechtsordnung zu beachten. Der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, den § 6 Abs. 5 ArbZG mittelbar fördern soll, ist ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang. Er darf wirtschaftlichen Erwägungen nicht untergeordnet werden (Rn. 47 ff.).

(Orientierungssätze)