Mittlerweile haben die Ausschüsse für Wirtschaft und Währung (ECON) und für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments das Legislativpaket der Europäischen Kommission zur Bekämpfung der Finanzkriminalität beraten. Die Ausschüsse haben zum Vorschlag einer Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung (AML-Verordnung) einen gemeinsamen Berichtsentwurf vorgelegt. Weiterhin– so die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) – gibt es abzulehnende Aspekte. Daher haben sich die Bundesnotarkammer, die Bundessrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer, die Patentanwaltskammer, die WPK, der Bundesverband der Freien Berufe, der Deutsche Anwaltverein und der Deutsche Steuerberaterverband, in einem gemeinsamem Präsidentenschreiben an zahlreiche EU-Parlamentarier gewandt und auf folgende aus ihrer Sicht besorgniserregende Entwicklungen aufmerksam gemacht:
- Es soll eine neue geldwäscherechtliche Aufsichtsstruktur geschaffen werden. Diese sieht vor, die Selbstverwaltungskörperschaften bei Ausübung der geldwäscherechtlichen Aufsicht einer Fachaufsicht durch eine andere nationale Behörde zu unterwerfen.
- Zudem soll die neu einzurichtende EU-Aufsichtsbehörde (AMLA) über weitreichende Durchgriffsrechte auch im Nichtfinanzsektor verfügen, was faktisch einer direkten Aufsicht gleichkommt. Hierdurch würde nicht nur der Kern des Selbstverwaltungsrechts der Freien Berufe beschädigt, was rechtsstaatlichen Bedenken begegnet. Es wäre ein Fehler, ein Aufsichtssystem, das eindeutig auf den Finanzsektor ausgerichtet ist, unbesehen und ohne abschließende Evaluierung auf den heterogenen Nichtfinanzsektor zu übertragen, wo die Aufsicht dezentral bleiben muss.
- Nach dem Berichtsentwurf des ECON und LIBE zur AML-Verordnung soll das Berufsgeheimnis massiv eingeschränkt werden. Das Berufsgeheimnis ist ein rechtsstaatliches Kernelement, das zum Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Mandant und Rechtsberater unabdingbar ist. Durch die Einschränkung würden Bürgerrechte verletzt, der Zugang zum Recht beschränkt und die vorsorgende Rechtspflege insgesamt beeinträchtigt.
- Die geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten werden erheblich und mitunter unverhältnismäßig verschärft. Dies würde insbesondere die Verpflichteten des Nichtfinanzsektors belasten, bei denen es sich überwiegend um kleine Einheiten mit begrenzten personellen Ressourcen handelt. Gleichzeitig würde dies mehr Bürokratie für die rechtssuchende Bevölkerung wie die Privatwirtschaft bedeuten.
- Dabei gesteht die Kommission selbst ein, die bisherigen Regelungen nicht evaluiert zu haben. Pflichten würden daher ohne hinreichende empirische Grundlage verschärft. Die Verschärfungen würden vielfach unabhängig davon bestehen, ob ein höheres Geldwäscherisiko vorliegt und daher häufig unnötige Bürokratie bedeuten, ohne einen entsprechenden Mehrwert für die Geldwäschebekämpfung zu entfalten. Das widerspricht dem risikobasierten Ansatz.
(Neu auf WPK.de vom 21.4.2021)