Das BAG hat mit Urteil vom 8.12.2021 – 10 AZR 101/20 – wie folgt entschieden:
1. Wird ein Leiharbeitnehmer vom Entleiher, der keinen Baubetrieb iSv. § 1 Abs. 2 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes unterhält, mit baulichen Tätigkeiten beschäftigt, nimmt der Verleiher in Bezug auf diesen Leiharbeitnehmer am Urlaubskassenverfahren teil (§ 8 Abs. 3 AEntG aF). Er muss Sozialkassenbeiträge leisten und kann die Erstattung von an den Leiharbeitnehmer gezahltem Urlaubsentgelt verlangen (Rn. 19).
2. Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse ist auch dann verpflichtet, dem Leiharbeitgeber das an den mit baulichen Tätigkeiten beschäftigten Leiharbeitnehmer ausgezahlte Urlaubsentgelt zu erstatten, wenn der Entleiher keinen Betrieb des Baugewerbes unterhält. Das ergibt die Auslegung von § 8 Abs. 3 AEntG aF nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang, Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte (Rn. 20 ff.).
3. Gemeinsame Einrichtungen stehen regelmäßig in einer Beitragsbeziehung zu den verpflichteten Arbeitgebern und in einer Leistungsbeziehung zu den begünstigten Arbeitnehmern. In die Leistungsbeziehung zwischen der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und den begünstigten Arbeitnehmern ist hinsichtlich des Urlaubsentgelts der jeweilige Arbeitgeber als Zahlstelle „zwischengeschaltet“ (Rn. 37 f.).
4. Der Gesetzgeber war nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen daran gehindert, § 8 Abs. 3 AEntG aF auf Fallgestaltungen zu erstrecken, in denen der Betrieb des Entleihers nicht in den fachlichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Tarifvertrags oder der Rechtsverordnung fällt. § 8 Abs. 3 AEntG aF verletzt weder das allgemeine Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG noch das verfassungsrechtliche Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit (Rn. 46 ff.).
5. In der Revisionsinstanz ist eine Klageänderung nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich unzulässig. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur für das tatsächliche Vorbringen, sondern auch für die Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Der Klageantrag darf in der Revisionsinstanz jedoch in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO umgestellt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfungsprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden (Rn. 15).
6. Eine ausnahmsweise zulässige Klageänderung in der Revisionsinstanz erfordert grundsätzlich, dass der Kläger Rechtsmittelführer ist. Allein die Einlegung der Revision oder Anschlussrevision eröffnet den Parteien die Möglichkeit, Sachanträge zu stellen. Wer nicht selbst Rechtsmittelführer ist und auch kein Anschlussrechtsmittel eingelegt hat, ist auf die Abwehr des Rechtsmittels beschränkt, ohne eine Änderung des angegriffenen Urteils zu seinen Gunsten erreichen zu können (Rn. 16).
(Orientierungssätze)