GA Pitruzzella formuliert am 3.3.2022 – C-98/21 folgende Schlussanträge:
1. Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass einer geschäftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, nicht zusteht, wenn die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören.
2. Wenn eine geschäftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften „zwischengeschaltet“ wird, dass sie die Leistungen, für die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zustünde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschließend unter Berufung auf ihre Stellung als geschäftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, stellt dies einen Steuervorteil dar, dessen Gewährung dem mit den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie über den Vorsteuerabzug verfolgten Ziel zuwiderläuft. Dieser Vorgang stellt einen Rechtsmissbrauch dar, auch wenn er durch außersteuerrechtliche Gründe gerechtfertigt werden kann, sofern ersichtlich ist, dass damit im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.
Volltext BB-Online BBL2022-597-1