Copyright: epd-bild/Jens-UlrichxKoch

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BAG: Haustarifvertrag – Durchführungsanspruch – Bestimmtheit des Antrags 

Das BAG hat mit Urteil vom 13.10.2021 – 4 AZR 403/20 – wie folgt entschieden:

1. Ein auf Durchführung eines Haustarifvertrags gegenüber allen beim Arbeitgeber beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen gerichteter Leistungsantrag erfasst als „Minus“  das  Teilbegehren,  den  Tarifvertrag  gegenüber  den  arbeitnehmerähnlichen Personen  durchzuführen,  die  Mitglied  der  tarifschließenden  Gewerkschaft  sind (Rn. 13 ff.).

2. Ein Antrag auf Durchführung eines Haustarifvertrags gegenüber den beim Arbeitgeber beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen, die Mitglied der klagenden Gewerkschaft sind, ist zukunftsgerichtet. Er ist auch ohne deren namentliche Benennung hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auf Grundlage eines solchen Klageantrags kann über Bestand und nähere inhaltliche Ausgestaltung des Anspruchs rechtskräftig entschieden werden (Rn. 21 ff.).

3. Der Verzicht auf die namentliche Benennung der Gewerkschaftsmitglieder in einem auf die Durchführung eines Haustarifvertrags gerichteten Leistungsantrag führt zwar zu  einer  Verschiebung  der  Feststellung  der  konkret  betroffenen  arbeitnehmerähnlichen Personen in das Zwangsvollstreckungsverfahren. Dies ist aber hinzunehmen, da anderenfalls der Gewerkschaft die Durchsetzung ihres kollektiv-rechtlichen, zukunftsgerichteten  Anspruchs  in  einer  effektiven  Rechtsschutz  verhindernden  Weise  erschwert würde (Rn. 27 ff.). Die Interessen des Arbeitgebers werden dadurch nicht in rechtserheblicher Weise beeinträchtigt (Rn. 33 ff.).

4. Im Falle einer Durchsetzung des titulierten Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung ist die Gewerkschaft gehalten, die im Titel nur abstrakt aufgeführten Gewerkschaftsmitglieder namentlich zu bezeichnen. Die Erteilung der erforderlichen Vollstreckungsklausel kann entweder im Wege des § 726 Abs. 1 ZPO oder – regelmäßig – im Rahmen einer Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO erfolgen (Rn. 35 ff.).

5. Eine Verbandsklage nach § 9 TVG ist kein einfacherer und billigerer Weg zur Durchsetzung des Anspruchs auf Durchführung eines Haustarifvertrags als die hierauf gerichtete Leistungsklage. Sie ist auf eine andere Rechtsfolge – eine rechtverbindliche Tarifauslegung – gerichtet und führt nicht zu einem Vollstreckungstitel (Rn. 46).

6. Die Verurteilung eines Arbeitgebers zur Durchführung eines Haustarifvertrags setzt jedenfalls dann kein zuvor oder gleichzeitig durchgeführtes Verfahren nach § 9 TVG voraus,  wenn  das  Verhalten  des  Arbeitgebers  offensichtlich  tarifwidrig  ist,  weil  die durch die Gewerkschaft vorgenommene Auslegung zwingend geboten und eindeutig ist (Rn. 57). 

7. Der Anspruch auf Durchführung eines Haustarifvertrags reicht nur so weit, wie dessen Normen nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend wirken. Der Gewerkschaft steht auch dann kein Anspruch auf Durchführung des Tarifvertrags gegenüber nicht tarifgebundenen Personen zu, wenn der Arbeitgeber diesen in den fraglichen Arbeitsverhältnissen über eine Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag zur Anwendung bringt (Rn. 62 ff.).

(Orientierungssätze)