Corona-Pandemie und die Auswirkungen auf den Tourismus

Seit über einem Jahr hält uns die Corona-Pandemie in Atem. Und eine Besserung ist nicht in Sicht. Zwar ist jetzt Impfstoff entwickelt und die Impfungen schreiten mit mäßiger Geschwindigkeit voran, jedoch kann niemand sagen, wann wir in eine Art Normalität wieder zurückfinden. Ganz zum Schweigen von den wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie.

Die Bundesregierung hat Milliarden von Euros den Unternehmen zur Verfügung gestellt und auch zu großen Teilen ausbezahlt, um die wirtschaftlichen Folgen etwas abzufedern. Aber wie sieht es wirklich in den betroffenen Branchen aus?

Nach Schätzungen des statistischen Bundesamtes machte der Einzelhandel zuletzt fast 600 Mrd. Euro Umsatz im Jahr. Und wie will ein Textilhändler, der sein Geschäft in der Innenstadt betreibt und am Tag 150 000 Euro Umsatz macht, sein Unternehmen halten, wenn es seit Monaten geschlossen ist? Ein Ding der Unmöglichkeit. Bei großen Textilketten ist es bereits deutlich geworden, zuerst Hallhuber, dann Bonita und in der Zwischenzeit auch die Adler Modemärkte AG. Deshalb kann man jetzt schon die Schlussfolgerung aufstellen, dass die Innenstädte nach Corona andere sein werden als vorher, leider.

Eine Branche, die in der Betrachtung etwas zu kurz kommt, ist der Tourismus in seiner gesamten Vielfalt. Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Wirtschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr e. V. (DWIF) beläuft sich der Umsatzausfall in den Destinationen Deutschlands für den Zeitraum März bis Dezember 2020 auf 68,7 Mrd. Euro. Dabei sind der Tages- und Übernachtungstourismus fast gleichermaßen betroffen. Das entspricht rein statistisch gesehen Umsatzeinbußen, und zwar wöchentlich, in Höhe von knapp 1,6 Mrd. Euro. Und der Lockdown im Januar und Februar 2021 führte zu weiteren Milliardenausfällen.

Spannend ist dabei der Blick in die unterschiedlichen Phasen von Lockdown und Recovery. Nach Angaben des DWIF umfasst der Umsatzausfall in den vom Lockdown sehr stark betroffenen Monaten März, April, Mai sowie November und Dezember zusammen 50,8 Mrd. Euro mit einem etwas stärkeren Anteil durch den Tagestourismus. Im Zeitraum Juni bis Oktober 2020 kamen weitere 17,9 Mrd. Euro hinzu, hier allerdings mit einem Schwerpunkt im Übernachtungstourismus. Zahlen, die eigentlich besorgniserregend sein müssten.

Bei näherer Betrachtung des Übernachtungstourismus wird die ganze Situation noch deutlicher. In den Monaten Januar bis November 2020 wurden rund 169 Mio. gewerbliche Übernachtungen weniger verzeichnet als im Vorjahreszeitraum. Die Übernachtungsrückgänge in den Bundesländern sind jedoch unterschiedlich hoch und bewegen sich zwischen 16 und 62 Prozent.

Wenn man sich die Nachfragerückgänge bei den Übernachtungen auf einer Landkarte betrachtet, dann fallen diese in Küstendestinationen moderater aus als in anderen Destinationstypen. Vor allem verlieren dabei Städte überdurchschnittlich. Dass bei diesen Zahlen Existenzängste nicht nur bei der Gastronomie, sondern auch bei selbständigen Reiseführern und Souvenirverkäufern aufkommen, ist nur gut nachvollziehbar.

Und eine Besserung ist nicht in Sicht. Durch ausgesprochene Reisewarnungen, Lockdown und Ängste potenzieller Reisender wird es zu keiner positiven Marktentwicklung kommen. Dabei wäre aus wirtschaftlicher Sicht eine zumindest schrittweise Öffnung von enormer Wichtigkeit.

Durch den aktuellen Lockdown – dritte Welle, Ostern – stehen einmal mehr die Städte vor besonderen Herausforderungen. Dies zeigen auch die Besucherzahlen von Januar bis Dezember 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dabei sind Stadtführungen um fast 71 Prozent und Museumsbesuche sowie Ausstellungen um fast 52 Prozent zurückgegangen. Demgegenüber kamen Outdoor-Einrichtungen wie Landschaftsattraktionen und Zoos/Tierparks vergleichsweise noch moderat durch die Krise. Bei den Landschaftsattraktionen war ein Rückgang von 6,1 Prozent und bei den Zoos/Tierparks von 18,2 Prozent zu verzeichnen.

Auch diese Daten bekräftigen, dass kommunale Einrichtungen, aber auch das Hotel- und Gastronomiegewerbe, zunehmend unter Druck geraten. Über die Hälfte der geplanten Investitionen müssen verschoben oder sogar gestrichen werden. Somit entstehen weitere negative Effekte für andere Wirtschaftszweige, wie z.B. dem Handwerk, und das wirtschaftliche Dilemma setzt sich weiter fort.

Dass die Corona-Krise ihre Spuren im Tourismussektor hinterlassen hat zeigen bereits die Rückgänge bei den angebotenen Übernachtungskapazitäten. Bereits im Sommer 2020 sind einige Hotelbetriebe nach dem ersten Lockdown nicht wieder in den Markt zurückgekehrt. Noch ist nicht abschließend zu beurteilen, ob es sich dabei um dauerhafte Hotelschließungen handelt. Nach DWIF-Befragungen wird eine Marktbereinigung in den stark wirtschaftlich betroffenen Segmenten Gastronomie und Eventanbieter jedoch stattfinden.

Die finanzielle Lage der Hotelbetriebe hat sich zwischenzeitlich insgesamt verschlechtert. Nach einer aktuellen Blitzumfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) vom Januar 2021 ist der Umsatz der befragten Betriebe im Gesamtjahr 2020 um durchschnittlich 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Dabei verstärkt die zunehmende Unsicherheit über die Zukunft das negative Stimmungsbild. Aktuell sehen sich 75 Prozent der gastgewerblichen Betriebe in ihrer Existenz gefährdet. Im November 2020 betrug dieser Wert noch 60 Prozent.

Abzuwarten ist auch, ob der Re-Start nach einer Wiedereröffnung, wann immer dieser auch sein wird, genauso gut gelingt, wie im späten Frühjahr 2020. Bei einer Gastgewerbeumfrage des DWIF gaben fast 50 % der Betriebe an, dass sie länger als 12 Monate benötigen werden, bis sie wieder das Nachfrageniveau aus 2019 erreichen. Hierfür kann man allen Betrieben nur wünschen, dass sie diese Zeit auch von ihren Banken bekommen.

Wie kann jetzt ein Fazit ausfallen? Eine blühende Wirtschaftsbranche liegt am Boden, und wie sich dabei die betroffenen Menschen fühlen ist nicht vorstellbar. Hätte es keine anderen Möglichkeiten gegeben?

Professor Dr. Jonas Rossmanith, StB, ist im Leitungsteam des Kompetenzzentrums „Internationale Rechnungslegung und Internationales Controlling“ sowie zuständig für die Lehrgebiete Unternehmensbesteuerung, nationale und internationale Rechnungslegung an der Fakultät Business Science and Management der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.

Professorin Dr. Petra Bittrolff, vBP, StB, lehrt an der Hochschule Stralsund Betriebliche Steuerlehre und Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.