Immer mehr Hersteller nutzen Reststoffe aus der Lebensmittelproduktion zur Energiegewinnung. In Zeiten der Gasknappheit gewinnen die Nischenlösungen an Bedeutung.
Bei der Suche nach alternativen Energiequellen setzen Hersteller zunehmend auf individuelle Lösungen. Die Nutzung von Abfällen aus Biomasse ist noch eine Nische. Für bekannte Unternehmen wie Frosta hat das Thema jetzt allerdings an Bedeutung gewonnen. Schließlich kann der Tiefkühlkost-Experte auf diesem Weg gleichzeitig seine Gasrechnung senken und die Klimaeffizienz steigern. Ein Großprojekt am Produktionsstandort im sächsischen Lommatzsch soll die Nutzung von Gemüseabfällen als Energiequelle deutlich intensivieren.
Frosta kennt sich mit der Umwandlung von Resten in Energie bereits aus. Das Gemüsewerk des Tiefkühl-Spezialisten filtert seit mehr als zehn Jahren Schwebestoffe aus dem Waschwasser und produziert daraus Biogas. Jetzt will der Hersteller das Prinzip in größerem Stil nutzen. „Wir führen gerade Verhandlungen mit möglichen Betreibern einer größeren Biogasanlage, die für uns im nächsten Jahr pflanzliche Reststoffe verwerten soll“, sagt Betriebsleiter Christian Paul. Genug Rohmasse fällt bei der Verarbeitung an: Erbsenschoten, Karottenschalen, Pflanzenstengel und andere Reste summieren sich in Frostas Gemüsewerk auf bis zu 7.000 Tonnen im Jahr.
Frosta investiert auch in Wind- und Solarenergie
„Wichtig ist für uns, dass zur Gewinnung von Biogas keine Lebensmittel genutzt werden, sondern Reste, die sonst im Tierfutter landen würden“, sagt Paul. Frosta will die Energie zur Erzeugung von Dampf nutzen, mit dem das Gemüse blanchiert wird und Keime abgetötet werden. Mit der Nutzung von Biogas macht sich der Hersteller nicht nur von der aktuellen Energiekrise unabhängiger, er rückt auch seinem Ziel näher: „Wir wollen den Standort Lommatzsch zur emissionsfreien Fabrik umbauen“, sagt Paul. Dafür investiere das Unternehmen auch in Wind- und Solarenergie.
Frosta gehört zur wachsenden Zahl von Unternehmen, die dem Thema Nachhaltigkeit mit einem pragmatischen Ansatz begegnen. „Statt auf breit angelegte Projekte fokussieren sich die Unternehmen eher auf bestimmte Einzelthemen“, sagt Axel Kölle, Leiter des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung. Dabei stünden Investitionen in alternative Energien in der Gunst der Wirtschaft ganz oben, schließlich trügen sie zur Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern bei.
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Bei der Erzeugung von Biogas rücken Abfälle in den Fokus, auch um einen Kritikpunkt auszuräumen. Die Energieform ist umstritten, da Feldfrüchte wie Mais eigens für die Energie-Herstellung angebaut werden. Dadurch gehen Agrarflächen für die Produktion von Lebensmitteln verloren. Dieses Jahr wird es laut der Prognose des Verbands Biogas nur noch 109 neue Biogasanlagen geben. 2011 waren es noch rund 1.500, seit 2017 bewegt sich die Anzahl neuer Anlagen nur noch im niedrigen Hunderterbereich.
„Die Anzahl stagniert seit Jahren, es werden kaum noch neue Anlagen dazugebaut“, bestätigt Andrea Horbelt vom Verband Biogas den Trend. Dazu kommen bürokratische Hürden. Die Fertigstellung einer Anlage dauere wegen der langen Genehmigungsdauer ein bis zwei Jahre. „In der Regel fragen die Unternehmen Biogasanlagen in der Nähe an, um ihre Abfälle zu verarbeiten“, sagt Horbelt. Peter Feller, stellvertretender Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) hält Biogas als alternative Energie dennoch für ein Nischenprojekt. „Wind- und Solarenergie sind der Biomasse in der Flächeneffizienz um ein Vielfaches überlegen“, sagt er.
Im Einzelfall erzielt Biomasse dagegen die erwünschte Wirkung. Der Kakao-Verarbeiter Olam Food Ingredients (Ofi) baut in Mannheim gemeinsam mit dem örtlichen Energieversorger MVV sein eigenes Kraftwerk. Nach fast zwei Jahren Planungszeit soll die Anlage im ersten Quartal kommenden Jahres den Betrieb aufnehmen und ist in ihrer Funktion in Deutschland laut Ofi einzigartig.
Energie aus Kakao-Schalen
Aus der Verbrennung der Schalen von Kakaobohnen gewinnt das Unternehmen Energie, die nach Angaben von Werksleiter Andreas Rudolph die Dampferzeugung an dem Standort zu 90 Prozent abdeckt. Damit ersetzt die Anlage einen maßgeblichen Anteil des Gases, das bisher benötigt wird. „Bei der Planung ging es uns zunächst einmal um Nachhaltigkeit“, sagt Rudolph. Die Nutzung der Kakaoschalen senke die CO2-Emission des Werks um rund 8.000 Tonnen pro Jahr. Dazu kommt die Versorgungssicherheit: „Angesichts der aktuellen Lage bei der Gasversorgung profitieren wir jetzt noch stärker als gedacht von der neuen Anlage.“
Immer mehr Unternehmer denken wie Olam um. Derzeit erwägen nach einer aktuellen Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) 37 Prozent der Befragten einen Brennstoffträgerwechsel wegen der unsicheren Entwicklung beim Gas. Als Alternative wird mit zehn Prozent vor allem Öl gesehen. Auf Biogas wollen zwei Prozent der Befragten umstellen.
Dieser Text erschien zuerst auf www.lebensmittelzeitung.net.