Die Verständigung darüber, nach welchen Prinzipien anerkannter Klimaschutz umgesetzt werden soll, schreitet voran. Nun gibt es international anerkannte Richtlinien für Treibhausgasneutralität (Net Zero).
Auf der Klimakonferenz im ägyptischen Scharm El-Scheich hat die Internationale Organisation für Normung ISO Richtlinien zur Treibhausgasneutralität (Net Zero) veröffentlicht. „Das wird einen großen Unterschied machen“, sagte ISO-Chefin Ulrika Francke bei der Vorstellung. Das Werk richtet sich zwar an staatliche und internationale Organisationen, soll nach dem Willen der Fachleute aber auch die Handlungen von Unternehmen beeinflussen.
Mit dem Dokument soll eine gemeinsame Sprache dafür geschaffen werden, was international unter Treibhausgasneutralität verstanden wird. Das Vorhaben war vor einem Jahr auf der Klimakonferenz in Glasgow ins Leben gerufen worden. Seither haben mehr als 1200 Fachleute aus der ganzen Welt daran gearbeitet.
Net Zero-Richtlinie: „Das vielleicht beste Dokument, das Sie jemals lesen müssen“
Der Direktor der British Standards Institution, Scott Steedman, sprach vom „vielleicht besten Dokument, das Sie jemals lesen müssen“. Er erwartet, dass Gesetzgeber, Manager und CEOs, Zivilgesellschaft, Bürgermeister und andere es nutzen werden.
Die nun vorgestellten Richtlinien schaffen Klarheit darüber, was unter Treibhausgasneutralität zu verstehen ist. Dafür wurden Definitionen vereinheitlicht und eindeutig beschrieben. Sie sollen die Grundlagen für die Berichterstattung über Treibhausgasneutralität legen. Auf diesem Weg sollen Transparenz und Vergleichbarkeit geschaffen und damit die Grundlagen für Rechenschaftspflicht gelegt werden.
Unterschiedliches Verständnis von Treibhausgasneutralität sorgte für Verwirrung
Um eine potenziell katastrophale Erderwärmung zu verhindern, muss das Wirtschaftssystem so umgebaut werden, dass die Menschheit unter dem Strich keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre entlässt. Langfristig müssen sogar mehr Emissionen gebunden werden, als verursacht wurden. Die Richtlinie beschreibt nun, wie dieser Zustand erreicht werden soll. Dabei geht es darum, die Emissionen auf ein Minimum zu reduzieren und unvermeidbare Emissionen durch die Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre zu neutralisieren.
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Bislang haben unterschiedliche Verständnisse von Treibhausgasneutralität und miteinander konkurrierende Standards ein einheitliches Vorgehen erschwert. Diese Verwirrung gab viel Raum für Ausreden und Ausflüchte. Nun wird nicht nur der Begriff der Treibhausgasneutralität (Net Zero) einheitlich definiert, sondern auch alle damit zusammenhängenden Begriffe. Außerdem sind zentrale Prinzipien definiert worden. Nicht zuletzt gibt es Empfehlungen, wie das Net-Zero-Ziel bis 2050 effizient erreicht werden kann und Ratschläge rund um transparente, glaubwürdige und konsistente Kommunikation über Emissionen, Reduktionen und Neutralisierung.
Net Zero-Richtlinie wird den kommenden Unternehmensstandard ISO 14068 beeinflussen
Damit schafft die Richtlinie eine solide Basis von der Integration von Net Zero in die Prinzipien von Organisationen, über die Etablierung von wissenschaftsbasierten kurz- und langfristigen Klimazielen bis hin zur Reduzierung von Emissionen in der Lieferkette und dem Umgang mit Klimakompensation. Außerdem versucht das Dokument den Konflikt aufzulösen, dass Staaten die Treibhausgasneutralität innerhalb ihrer Territorien zu erreichen versuchen, während Unternehmen entlang ihrer Lieferketten arbeiten, die vielfach durch eine Vielzahl von Staaten verlaufen.
Als internationales Referenzdokument wird die Richtlinie auch die ISO-Norm 14068 beeinflussen, deren Veröffentlichung für Ende 2023 vorgesehen ist. Sie regelt für Unternehmen, welche Vorgaben sie erfüllen müssen, damit ihre Bemühungen um Treibhausgasneutralität anerkannt werden. Schon jetzt ist klar: Reine Kompensation von Emissionen ohne die ernsthafte und erfolgreiche Reduktion von Treibhausgasen wird dafür nicht ausreichen. Dies wird von deutschen Gerichten schon jetzt nicht mehr anerkannt. In diesem Geist ist auch die jetzt veröffentlichte Richtlinie verfasst.
Ziele müssen möglichst frühe Treibhausgasneutralität ermöglichen
Sie betont die Dringlichkeit des Problems Klimaerwärmung. Wer dieser gerecht werden solle, müsse bis spätestens 2030 eine substanzielle Reduktion der Emissionen erreichen. Für die Folgejahre seien mindestens Fünfjahresziele erforderlich, die das Langfristziel für 2050 unterstützten. Wer hohe Emissionen habe oder über große Hebel verfüge, Treibhausgase zu senken, müsse Net Zero zudem deutlich vor 2050 erreichen. Insgesamt gelte es, Ziele so zu setzen, dass möglichst früh keine zusätzlichen Emissionen mehr in die Atmosphäre gelangten.
Die ISO-Richtlinie ist nur einer von mehreren Prozessen mit dem Ziel, klarere Vorgaben beim Klimaschutz zu machen. Die internationale Rechnungslegungsorganisation IFRS hat soeben einen Entwurf für die Integration von Klimadaten in die Unternehmensberichterstattung börsennotierter Unternehmen vorgelegt. Er dürfte sich absehbar auch auf private Unternehmen auswirken. Zudem hat das EU-Parlament die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verabschiedet, die deutlich mehr Unternehmen als bisher dazu verpflichtet, sich mit dem Klimaschutz zu beschäftigen und ihre Geschäfte in Einklang mit den Pariser Klimazielen zu bringen.