Die künftigen Berichtspflichten zum Klimaschutz für kapitalmarktorientierte Unternehmen werden immer konkreter. Das International Sustainability Standards Board (ISSB) hat die finalen Entscheidungen zu den Inhalten getroffen. Nun geht es noch um die juristische Ausarbeitung und Abstimmung. „In drei Monaten wird das Regelwerk in Ihren Händen liegen“, sagte ISSB-Chef Emmanuel Faber am Freitag auf einer Konferenz der Organisation in Montreal.
Das International Sustainability Standards Board ist ein Teil der IFRS Foundation, der weltweit wichtigsten Organisation für die Rechnungslegung börsennotierter Unternehmen. Ihre Standards gelten für mehr als 140 Jurisdiktionen (Länder und andere Rechtsgebiete) weltweit, darunter auch die Europäische Union. Bisher hatte sich die Arbeit der IFRS auf Finanzkennzahlen konzentriert, nun müssen Geschäftsberichte bald um Nachhaltigkeitskennzahlen erweitert werden.
Als ersten neuen Standard will der in Frankfurt am Main angesiedelte Ausschuss die Richtlinien für die Berichterstattung zum unternehmerischen Klimaschutz verabschieden. Damit werden erstmals global einheitliche und verbindliche Regel geschaffen. An der Entwicklung haben sich binnen eines Jahres mehr als 1400 Organisationen mit Stellungnahmen beteiligt.
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„Wir haben auf die Forderung des Kapitalmarkts und der G20 nach einer gemeinsamen Sprache für die anlegerorientierte Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen reagiert“, betonte ISSB-Vorsitzender Faber. Inkrafttreten soll die neue Berichtspflicht bereits im kommenden Jahr. Bis dahin sollen Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt die Voraussetzungen für die Umsetzung schaffen. Außerdem will das ISSB für Unternehmen Unterstützungen anbieten.
„Der Klimawandel wird die Karten neu mischen“
Die neuen Standards sollen Investoren und Kreditgeber in die Lage versetzen, schnell und unkompliziert die nachhaltigkeitsbezogenen Risiken unterschiedlicher Unternehmen zu analysieren und entsprechende Anlageentscheidungen zu treffen.
„Der Klimawandel ist im Großen ein Risiko für uns alle, auf der Mikroebene wird er die Karten bezüglich der Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen neu mischen“, erläuterte ISSB-Chef Faber, der zuvor den Nahrungsmittelkonzern Danone geführt hatte. „Wer wird seine Fabrik in einer Gegend mit Wasserstress haben? Wer hat seine Aufgaben rechtzeitig gemacht?“
Die Berichtsstandards zur Nachhaltigkeit sind keine Idee idealistischer Weltverbesserer. Sie seien „vom Markt für den Markt“ geschaffen worden, sagte der frühere Chef der britischen Zentralbank, Mark Carney, der heute Sondergesandter der Vereinten Nationen für Klimaschutz und Finanzen ist. Investoren wollten wissen, wo ihr Geld künftig noch gut aufgehoben sei.
Was plant das Management?
Carney betonte, dass es Investoren nicht ausreichen werde, lediglich über Nachhaltigkeitskennzahlen informiert zu werden. „Als Kapitalgeber will ich zwar die Kernmetriken kennen, aber was ich wirklich wissen möchte, ist, wie das Management mit den Risiken und Chancen umgehen will, die daraus resultieren.“
Er äußerte sein Erstaunen darüber, dass sich in vielen Unternehmen die Erkenntnis nur langsam durchgesetzt habe, dass Nachhaltigkeit eine Aufgabe des Top-Managements sei. Schließlich sei diese von grundsätzlicher strategischer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.
„Wie performt man als Unternehmen bei 1,5-Grad-Erwärmung?“, fragte Carney. „Was bedeuten die nationalen Treibhausgasreduktionsziele für die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells? Sind diese eine Chance oder eine Gefahr?“
„Investoren fordern Transformationspläne“
Unternehmen sind durch den Klimawandel direkten physischen Risiken ausgesetzt, es ergeben sich aber auch transitorische Risiken bei der Anpassung der Geschäftsmodelle an die künftigen Realitäten. Deshalb sollen Unternehmen in einem weiteren Schritt auch zur Vorlage sogenannter Transformationspläne verpflichtet werden, in denen sie beschreiben, wie sie ihre Geschäfte zukunftsfähig weiterentwickeln wollen.
„Wie sieht Ihr Transformationsplan aus?“, das sei die Frage, „die zunehmend im Zentrum der Finanzwelt stehen wird“, so Carney. Bei der Analyse ihrer Geschäftstätigkeit würden Unternehmen feststellen, dass sie Geschäfte haben, die schon heute auch in einer treibhausgasneutralen Wirtschaft funktionieren würden. Ein großer Teil der Geschäfte müsse jedoch noch dekarbonisiert werden. Und wieder andere Assetts hätten schlicht keine Zukunft.
Europäische Regeln werden eingebunden
Der Klimaberichtsstandard S2 wurde auf bestehenden Rahmenwerken und Standards aufgebaut. Unternehmen, die bereits die Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) folgen und die SASB-Standards anwenden, sollten damit in einer guten Ausgangslage für die künftigen Anforderungen sein. Zudem wird der ISSB-Standard eng verknüpft mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die ein wichtiger Baustein zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind.
Der künftige Klimaberichtsstandard wird von einer breiten Allianz getragen. Seine Anwendung muss nicht auf kapitalmarktorientierte Unternehmen beschränkt bleiben. Tatsächlich gibt es bereits Anzeichen dafür, dass auch weitere Unternehmen aufgefordert werden könnten, entsprechend dieses Standards über ihre Klimarisiken zu berichten.