Wie steht es um das Klima?


In Deutschland spüren wir die Folgen des Klimawandels deutlich: Extremwetterereignisse treten immer häufiger auf, Dürren von erhöhter Stärke sind keine Einzelfälle mehr. Das macht der Wirtschaft hierzulande zu schaffen. Aufgrund der extremen Sommerhitze in den Jahren 2018, 2019 und 2022 sanken beispielsweise die Pegel von Rhein und Elbe drastisch. Dies führte auf den verkehrsreichen Wasserstraßen zu starken Einschränkungen bei der Binnenschifffahrt. Zeitweise kam diese sogar gänzlich zum Erliegen – mit Folgen für Lieferketten. Die wirtschaftlichen Schäden für die davon betroffenen Unternehmen betrugen laut Bundesanstalt für Gewässerkunde Hunderte Millionen Euro. Sollte sich der Klimawandel künftig mit erhöhtem Tempo fortsetzen, muss mit einem wachsenden Dürrerisiko gerechnet werden. Ein globaler Temperaturanstieg um weitere 3 Grad Celsius würde laut Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung dazu führen, dass Dürreperioden in Teilen Süddeutschlands – im Vergleich zu den Jahren 1971 bis 2000 – doppelt so lange anhalten würden.

Dürreintensitäten in der Vegetationsperiode (April bis Oktober) im Gesamtboden in Deutschland (1952-2022). Die Berechnungen gelten für den Gesamtboden bis zu einer Tiefe von 2 Meter. Mit einem hydrologischen Computermodell wird ein Bodenfeuchteindex ermittelt und auf einer Landkarte farblich dargestellt. Die Dürreintensität kann einen Maximalwert von 0.2 erreichen: Je höher der Wert, desto stärker die Dürre. In die Berechnung fließt die Länge der Dürreperiode und die absolute Trockenheit im zeitlichen Verlauf ein.

© UFZ-Dürremonitor/Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung 
Seit Beginn der Industrialisierung – ab Ende des 18. Jahrhunderts – nimmt die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre stetig und rapide zu. Besonders steil war der Anstieg in den vergangenen 30 Jahren. Damit liegt die CO2-Konzentration heute viel höher als je zuvor. Grund dafür ist die intensive Nutzung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Gas, bei deren Verbrennung CO2 frei wird. Kohlendioxid (CO2) zählt neben Methan (CH4) und Lachgas (N2O) zu den wichtigsten Treibhausgasen. Sie verursachen den Treibhauseffekt. Weltweit sind sich Wissenschaftler einig, dass der Treibhauseffekt durch den Menschen maßgeblich verstärkt wird. Die Folgen: Die weltweite Temperatur steigt, das Klima verändert sich.

Der Mensch verstärkt den Treibhauseffekt

CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre während der vergangenen 250 Jahre (1772-2022) und der vergangenen 251 bis 20.000 Jahre, in ppm1)

2022: 417,07 ppm

2022: 417,07 ppm

1) parts per million (deu.: Anteile pro Million)

Die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre betrug 2022 ca. 417 ppm oder 417 µmol/mol. Das bedeutet: 417 Moleküle CO2 kommen auf eine Million Moleküle Luft.

Grafik: gp  Quelle: Scripps Institution of Oceanography, Köhler et al. (2017)  Erstellt mit Datawrapper

Es kommt auf jede eingesparte Tonne CO2 an. Denn der Menschheit steht ein begrenztes CO2-Budget zur Verfügung, um den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 beziehungsweise 2 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Die CO2-Uhr des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) zeigt, wie viel Zeit noch bleibt, bis das CO2-Budget des jeweiligen Erwärmungsszenarios vollständig ausgeschöpft sein wird.

https://www.mcc-berlin.net/fileadmin/data/clock/carbon_clock.htm?i=3267263

Der Grenzwert von 1,5 Grad Celsius – Fixpunkt des Pariser Klimaabkommens – ist nicht beliebig gewählt. Ziel ist es, zu vermeiden, dass die Kipppunkte des Klimasystems überschritten werden. Laut Definition des Weltklimarats IPCC ist ein Kipppunkt „eine kritische Grenze, jenseits derer ein System sich umorganisiert, oft abrupt und/oder unumkehrbar“. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser Prozess nur bis zu einem Temperaturanstieg unter 1,5 Grad Celsius mit einer ausreichend hohen Wahrscheinlichkeit aufgehalten werden kann. Allerdings rechnet die Nichtregierungsorganisation Climate Action Tracker damit, dass die bis dato zugesagten Klimaschutzmaßnahmen zu einem globalen Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter führen werden. Vorausgesetzt, die angekündigten Maßnahmen werden umgesetzt.

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Welche Maßnahmen werden ergriffen?


Die weltweiten CO2-Emissionen müssen drastisch gesenkt werden, um die verheerendsten Folgen des Klimawandels zu verhindern. Einige Länder, darunter die Mitgliedstaaten der EU, haben deshalb ein Emissionshandelssystem (ETS) eingeführt. Die Idee dahinter: Eine begrenzte, jährlich sinkende Anzahl an Emissionsrechten wird frei am Markt gehandelt. Treibhausgase erhalten dadurch einen Preis. In der EU müssen bislang Energieunternehmen, die energieintensive Industrie sowie Teile des Luftverkehrs Emissionszertifikate für jede ausgestoßene Tonne CO2 erwerben. Die Seeschifffahrt soll ab 2024 einbezogen werden. Ab 2027 soll zudem ein neues ETS für Gebäude, Straßenverkehr sowie für die Nutzung fossiler Energieträger in bestimmten Industriesektoren geschaffen werden. Ein Teil der Einnahmen aus dem EU-ETS fließt in einen Innovationsfonds, der klimafreundliche Technologien fördern soll. Das übergeordnete Ziel des EU-ETS ist Treibhausgasneutralität.

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Seit 2021 ergänzt in Deutschland ein nationaler Emissionshandel das EU-ETS: Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, müssen für ihre Produkte Verschmutzungsrechte erwerben. Dadurch haben CO2-Emissionen auch in den Bereichen Verkehr und Immobilien einen Preis, der in den kommenden Jahren schrittweise steigen soll. Für das Jahr 2026 soll eine Preisspanne von mindestens 55 Euro und höchstens 65 Euro gelten.

Der durchschnittliche Preis für ein Emissionszertifikat hat sich in der EU seit 2020 verdreifacht. Für Unternehmen bestehen damit Anreize, den Verbrauch von fossilen Energieträgern zu senken und dadurch ihre Klimabilanz zu verbessern. Laut Umweltbundesamt stieg der durchschnittliche Preis für ein Emissionszertifikat zwischen 2021 und 2022 von 52,50 Euro auf 80,32 Euro.

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Immer mehr Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, sich zu wissenschaftlich fundierten Klimazielen zu verpflichten, und schließen sich daher der international anerkannten Science Based Targets Initiative (SBTi) an. Die SBTi entwickelt Kriterien für effektiven Klimaschutz, die in Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens stehen. Zusätzlich hat die Initiative den weltweit ersten Net-Zero-Standard erarbeitet, ein wissenschaftsbasierter Rahmen für langfristige CO2-Reduktionsziele und Maßnahmen bis 2050. Bis Ende 2021 hatten sich 27 Prozent der weltweit größten Unternehmen – gemessen an ihrer Marktkapitalisierung und ihrem CO2-Ausstoß – der Initiative angeschlossen. Laut SBTi sei damit eine kritische Masse an Organisationen erreicht, die einen großen Einfluss auf das weltweite Klima habe. Allerdings stellen die Unternehmen aus dem globalen Norden hier noch die Mehrheit.

2020 beliefen sich die Treibhausgasmissionen der deutschen Wirtschaft laut Statistischem Bundesamt auf insgesamt 657,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (alle Treibhausgase werden zwecks Vergleichbarkeit in CO2-Äquivalente umgerechnet). Im Vergleich zu 2000 ist der Treibhausgasausstoß damit um 23 Prozent gesunken (2000: 858 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente). Die bereits ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen zeigen also Wirkung. Allerdings variieren die Einsparungen zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen. Dies ist insbesondere auf eine unterschiedliche prozessbedingte Energienutzung zurückzuführen. Während der Informations- und Kommunikationssektor seine Treibhausgasemissionen innerhalb von 20 Jahren um fast drei Viertel reduzieren konnte, haben die energieintensive Baubranche und das verarbeitende Gewerbe jeweils weniger als ein Fünftel eingespart. Der Bergbau ist hier ein Sonderfall: Das Auslaufen des Steinkohlebergbaus hat in den vergangenen Jahrzehnten zu drastisch sinkenden Emissionen geführt. Im Gegensatz dazu sind die Treibhausgasmissionen im Bereich Verkehr und Logistik zwischen 2000 und 2020 gestiegen.

Neben Maßnahmen, die die Energieeffizienz steigern sollen, spielt der Einsatz von erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle beim (unternehmerischen) Klimaschutz. In den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr ersetzen regenerative Energien zunehmend fossile Energieträger. Bedingt durch politische Unterstützung in Form von Regulierung und Marktreformen hat der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland Fahrt aufgenommen. Russlands Krieg gegen die Ukraine hat diese Dynamik noch einmal beschleunigt. In Deutschland konnten 2022 durch die Nutzung erneuerbarer Energien 232 Millionen Tonnen ⁠CO2-Äquivalente vermieden werden. Die Einsparung war mehr als achtmal so hoch wie im Jahr 1990.

Durch Nutzung erneuerbarer Energien vermiedene Treibhausgasemissionen

nach Sektor, in Millionen Tonnen CO2-Äquivalente

Durch Nutzung erneuerbarer Energien vermiedene Treibhausgasemissionen, nach Sektor, in Millionen Tonnen CO2-Äquivalente

Strom

Wärme

Verkehr1)5010015020019901995200020052010201520202022

21

7

0

28

7

0

34

13

1

37

14

1

43

14

1

43

20

2

53

22

2

56

20

4

56

22

8

66

25

9

64

27

7

67

28

6

73

33

7

90

32

6

91

34

7

94

35

6

111

32

7

127

34

6

127

34

7

140

34

7

147

37

8

174

37

8

180

37

11

165

42

10

180

42

10

1) ausschließlich biogene Kraftstoffe im Verkehr (ohne Land- und Forstwirtschaft, Baugewerbe sowie Militär), Berechnung basierend auf vorläufigen Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für das Jahr 2020 und auf den fossilen Basiswerten gemäß § 3 und § 10 der 38. BImSchV
2) 2022 & 2021: vorläufige Angaben

Grafik: gp  Quelle: Umweltbundesamt  Erstellt mit Datawrapper

Was bedeutet das für die Wirtschaft?


Doch was kostet die Dekarbonisierung der Wirtschaft hierzulande? Eine Analyse im Auftrag von KfW Research beziffert die erforderlichen Investitionen bis 2045 mit insgesamt knapp 5 Billionen Euro. Das verdeutlicht zum einen, welch beispiellose Transformationsaufgabe die Unternehmen angehen müssen. Zum anderen eröffnen sich dadurch aber auch Chancen für neue klimafreundliche Geschäftsmodelle. Die jährlichen Investitionen belaufen sich ab dem Veröffentlichungszeitpunkt der Studie im Jahr 2021 bis zum anvisierten Netto-Null-Ziel 2045 auf durchschnittlich 191 Milliarden Euro beziehungsweise 5,2 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Wirtschaftswachstum scheint auch ohne steigende Emissionen möglich zu sein, wie das Beispiel Deutschland zeigt: Seit 1990 ist die Wirtschaft – bis auf wenige Ausnahmen – kontinuierlich gewachsen, während im gleichen Zeitraum ein erheblicher Teil der Treibhausgasemissionen eingespart werden konnte. Dennoch: Es ist nicht ausgeschlossen, dass Länder, die in der Vergangenheit erfolgreich die Entwicklung ihres Treibhausgasausstoßes vom Bruttoinlandsprodukt entkoppelt haben, künftig wieder mehr Emissionen verursachen.

Die Grafiken in diesem Artikel werden aktualisiert, sobald neue Daten vorliegen. In der Änderungshistorie können Sie alle Anpassungen nachverfolgen.

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