- Bundeskabinett bringt Vereinfachungen des Steuerrechts und weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen auf den Weg
Das Bundeskabinett hat am 14. September 2022 den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022, eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz und einen Gesetzentwurf zu Änderungen im Energie- und Stromsteuergesetz-Spitzenausgleich beschlossen.
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 werden die Weichen für ein transparentes und faires Steuersystem gestellt. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Steuerentlastungen und Anpassungen, mit denen die Digitalisierung der Steuerverwaltung weiter vorangetrieben wird. Gleichzeitig werden notwendige Anpassungen an EU-Recht und sowie an die Rechtsprechung des EuGHs, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs vorgenommen. Darüber hinaus hat das Kabinett heute weitere Maßnahmen zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen auf den Weg gebracht, mit denen die Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 3. September 2022 umgesetzt werden.
Zu den Maßnahmen im Einzelnen:
1. Jahressteuergesetz 2022
Vorbereitung eines direkten Auszahlungsweges für künftige öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer
In der Abgabenordnung wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, um einen direkten Auszahlungsweg unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer aufzubauen. Hierdurch soll eine bürokratiearme und zugleich betrugssichere Möglichkeit entstehen, künftige öffentliche Leistungen (wie z.B. das Klimageld) auf Grundlage der in der IdNr-Datenbank enthaltenen Daten direkt an die Bürgerinnen und Bürger auszuzahlen.
Konkret wird nun in § 139b der Abgabenordnung eine rechtliche Grundlage für die Speicherung einer Kontoverbindung (IBAN) aller in Deutschland gemeldeter Bürgerinnen und Bürger in der IdNr-Datenbank für die Auszahlung künftiger öffentlicher Leistungen geschaffen. Die in der IdNr-Datenbank gespeicherte IBAN unterliegt dabei einer engen Zweckbindung.
Entfristung der sog. Homeoffice-Pauschale und weitere Modernisierung der Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer
Die steuerliche Geltendmachung von Aufwendungen für das Arbeiten von zu Hause soll zukünftig vereinfacht und vereinheitlicht sowie an die vielseitige Nutzung des Homeoffice angepasst werden.
Die sog. Homeoffice-Pauschale in Höhe von 5 Euro pro Tag wird dauerhaft entfristet und der maximale Abzugsbetrag von 600 Euro auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben. Ihr Abzug ist unabhängig davon möglich, ob die Tätigkeit in einer Arbeitsecke oder im häuslichen Arbeitszimmer erfolgt und unabhängig davon, ob es der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit ist oder ein anderer Arbeitsplatz existiert.
Auf der anderen Seite werden bei Vorhandensein eines häuslichen Arbeitszimmers die Sachverhalte vereinfacht und stärker pauschaliert. Die Neuregelung entlastet die Bürgerinnen und Bürger dauerhaft jährlich um zusätzlich 1,4 Milliarden Euro.
Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 Prozent
Der jährliche lineare AfA-Satz für nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellte Gebäude, die Wohnzwecken dienen, wird von 2 auf 3 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben und damit der Abschreibungszeitraum von bisher 50 auf 33 Jahre verkürzt. So wird ein Beitrag zur Unterstützung einer klimagerechten Neubauoffensive geleistet.
Vollständiger Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023
Der bisher erst für das Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen wird wie im Koalitionsvertrag vorgesehen bereits auf das Jahr 2023 vorgezogen. Die vollständige Abzugsfähigkeit ab dem Jahr 2023 hat zur Folge, dass sich die als Sonderausgaben abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage im Jahr 2023 um 4 Prozentpunkte und im Jahr 2024 um 2 Prozentpunkte erhöhen. Dies wird für eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern steuermindernde Auswirkungen haben. Zugleich trägt die Regelung langfristig dazu bei, eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden.
Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags
Der Sparer-Pauschbetrag wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 Euro auf 2.000 Euro für Ehegatten/Lebenspartner erhöht. Bereits erteilte Freistellungsauträge werden automatisch um knapp 25 Prozent erhöht. Die private Vorsorge soll damit gefördert werden.
Anhebung des sog. „Ausbildungsfreibetrags“
Der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes in Berufsausbildung (sog. „Ausbildungsfreibetrag“) wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 924 Euro auf 1.200 Euro je Kalenderjahr angehoben.
Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlages
Es ist zudem die Steuerfreistellung des von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung an berechtigte Rentnerinnen und Rentner ausgezahlten Grundrentenzuschlages vorgesehen.
Der Grundrentenzuschlag verfolgt die Zielsetzung, die Lebensleistung von Menschen anzuerkennen, die langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen pflichtversichert waren.
Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen mit Wirkung zum 1. Januar 2023
Steuerliche und bürokratische Hürden bei der Installation und dem Betrieb von Photovoltaikanlagen werden abgebaut.
Einführung einer Ertragsteuerbefreiung
Es wird eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung (lt. Marktstammdatenregister) von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) eingeführt.
Erweiterung der Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen
Lohnsteuerhilfevereine sollen ihre Mitglieder künftig auch bei der Einkommensteuer beraten dürfen, wenn diese Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 30 kW (peak) betreiben, die der o.g. Ertragsteuerbefreiung unterliegen.
Umsatzsteuer: Nullsteuersatz
Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll in Zukunft ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz gelten, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Da Photovoltaikanlagenbetreiber bei der Anschaffung der Anlage damit nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, müssen diese nicht mehr auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, um sich die Vorsteuerbeträge erstatten zu lassen. Sie werden damit von Bürokratieaufwand entlastet.
Umsetzung der Verpflichtung zur elektronischen Bereitstellung über Verwaltungsportale
Darüber hinaus setzt die Bundesregierung die gesetzliche Verpflichtung von Bund und Ländern, Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, für den Bereich der Umsatzsteuer um.
Aufhebung der Begrenzung des Spitzensteuersatzes auf 42 Prozent für die Gewinneinkünfte des Jahres 2007
Zur Umsetzung der Vorgaben eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts wird die Begrenzung des Spitzensteuersatzes auf 42 Prozent für die Gewinneinkünfte des Jahres 2007 rückwirkend aufgehoben.
Verfahrensverbesserungen bei der Riester-Förderung
Bei der Riester-Förderung werden Verfahrensverbesserungen vorgenommen; hierdurch wird Bürokratie abgebaut und die Bürgerfreundlichkeit erhöht.
Weitgehende Abschaffung der Registerfallbesteuerung
Im Anwendungsbereich beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte wird die Registerfallbesteuerung, nach der bislang Einkünfte aus Rechteüberlassungen bereits dann entstehen, wenn das Recht in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen ist, weitgehend für die Zukunft und in Drittlizenzfällen zudem rückwirkend abgeschafft. Gegenüber Steueroasen, die auf der sogenannten Schwarzen Liste der EU stehen, wird die Besteuerung aufrechterhalten.
2. Temporäre Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen
Der Gesetzentwurf sieht vor, den Umsatzsteuersatz auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 auf 7 Prozent zu senken. Die Bundesregierung erwartet, dass die steuerpflichtigen Unternehmen diese Senkung 1:1 an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben. Bei einer vollständigen Weitergabe wird eine entsprechende Preissenkung und damit eine spürbare Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger ermöglicht.
Damit wird der Beschluss des Koalitionsausschusses vom 3. September 2022, im Rahmen des dritten Entlastungspakets Maßnahmen zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen zu treffen, umgesetzt.
Die aufgrund des Krieges gegen die Ukraine erheblich gestiegenen Gaspreise sowie der bevorstehende Preisanstieg aufgrund der Umlage zur Finanzierung der Ersatzbeschaffungskosten der russischen Minderlieferungen (sog. Gasumlage) sollen damit ausgeglichen werden.
Da die Gasumlage nur bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz erhoben wird, unterliegen Lieferungen von Gas über andere Vertriebswege, wie z. B. Tankwagen oder Kartuschen, weiterhin dem regulären Umsatzsteuersatz.
3. Verlängerung des Spitzenausgleich bei der Strom- und Energiesteuer
Der Spitzenausgleich bei der Strom- und der Energiesteuer wird um ein weiteres Jahr verlängert. Dies wurde vom Koalitionsausschuss am 3. September 2022 beschlossen.
Damit werden rund 9.000 energieintensive Unternehmen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro entlastet. Unternehmen, die von diesem Spitzenausgleich profitieren, sollen Maßnahmen ergreifen, um den Verbrauch der Energie zu reduzieren.
Durch die Verlängerung wird die Energiepreissteigerung gedämpft, einer weiter zunehmenden Inflation entgegengewirkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver und im internationalen Wettbewerb befindlicher Unternehmen in Deutschland weiterhin gewährleistet.
(BMF, PM vom 14.9.2022)