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LG Detmold: Steuerberaterhaftung, konsolidierte Schadensbetrachtung

Landgericht Detmold, Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 5.5.2023 – 01 O 310/19

ECLI:DE:LGDT:2023:0505.01O310.19.00

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagten im Rahmen einer Steuerberaterhaftung in Anspruch. Die Beklagte zu 1) war mit der steuerlichen Beratung hinsichtlich einer Ausgliederung des Vermögens des Einzelunternehmens des Klägers „A“ auf die B GmbH beauftragt, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger ist. Die steuerliche Beratung erfolgte sowohl für den Kläger als auch für die B GmbH.

Die Übertragung sollte zu Buchwerten erfolgen (II.3 der notariellen Übertragungsurkunde 00/0000 vom 04.04.2016, Anlage K1, Bl. 14 d.A.). Als Gegenleistung sollte der Kläger einen Geschäftsanteil im Nennwert von 5.000,00 € an der GmbH erhalten. Der die Buchwerte um 5.000,00 € übersteigende Betrag des Nettovermögens sollte dem Kläger als Gesellschafterdarlehen gewährt werden. Die Übertragung sollte handelsrechtlich zum 01.01.2016 stattfinden (II.6 der notariellen Übertragungsurkunde). Steuerrechtlicher Übertragungsstichtag war der 31.12.2015.

Zwischen dem 15.05.2017 und 21.09.2017 fand eine Außenprüfung bei dem Einzelunternehmen des Klägers durch das Finanzamt Lemgo statt. Ergebnis dieser Prüfung war, dass – so jedenfalls das Finanzamt Lemgo – der für die Buchwertführung erforderliche Antrag bei der aufnehmenden B Gesellschaft nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Dem Kläger sei im Veranlagungszeitraum 2015 ein Einbringungsgewinn in Höhe von 60.000,00 € entstanden, der nach dem gemeinen Wert des eingebrachten Vermögens berechnet und besteuert werden müsse. In der Folge änderte das Finanzamt Lemgo den bisherigen Steuerbescheid des Klägers für den Veranlagungszeitraum 2015 und erhöhte die sich daraus ergebende Steuerlast (Anlage K4, B. 44-49 d.A.).

Der Prüfungsfeststellung des Finanzamts Lemgo widersprachen die Parteien nicht.

Darüber hinaus stellte die Finanzverwaltung das steuerliche Einlagenkonto der B GmbH auf den 31.12.2015 auf 0 € fest. Einen Änderungsantrag haben die Beklagten diesbezüglich nach der Betriebsprüfung zunächst nicht gestellt. Ein zu einem späteren Zeitpunkt gestellter Änderungsantrag wurde abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen. Für den Änderungsantrag und den Einspruch wendete die B GmbH 1.510,60 € auf. Die Steuerbescheide der GmbH sind inzwischen unanfechtbar.

Außergerichtlich hat der Kläger die Beklagten mit Schreiben vom 14.10.2019 zur Zahlung eines Schadensersatzbetrags von 29.739,00 € bis zum 25.10.2019 aufgefordert (Anlage K6, Bl. 60-61 d.A.).

Der Kläger behauptet, dass er die durchgeführte Umwandlung nicht vorgenommen hätte, wenn diese nicht steuerneutral möglich gewesen wäre. Die geplante Buchwertfortführung sei aufgrund von Beratungsfehlern der Beklagten gescheitert. Ebenfalls fehlerhaft hätten die Beklagten nicht auf eine Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos auf 60.000,00 € hingewirkt. Hierdurch sei ihm ein Schaden in Höhe von 29.739,00 € entstanden (Anlage K5). Ein weiterer Schaden drohe dadurch, dass ein Betrag von 60.000,00 € nunmehr mit Kapitalertragssteuer belegt werden könne.

Ursprünglich hat der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger gesamtschuldnerisch den Betrag von 29.739,00 € zgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2019 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagten dem Kläger gesamtschuldnerisch alle weiteren Schäden zu ersetzen haben, die zukünftig dadurch entstehen, dass das steuerliche Einlagekonto der B GmbH auf den 31.12.2015 mit Bescheid des Finanzamtes Lemgo vom 02.11.2016 unrichtig mit 0 € festgestellt wurde.

Unter dem 02.10.2020 – bei Gericht am 05.10.2020 eingegangen und den Beklagten am 06.10.2020 zugestellt – hat der Kläger die Klage um einen Betrag in Höhe von 1.510,60 € erweitert.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1.       die Beklagten zu verurteilen, an ihn gesamtschuldnerisch den Betrag von 31.249,60 € zgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2019 zu zahlen;

2.       festzustellen, dass die Beklagten ihm gesamtschuldnerisch alle weiteren Schäden zu ersetzen haben, die zukünftig dadurch entstehen, dass das steuerliche Einlagekonto der B GmbH auf den 31.12.2015 mit Bescheid des Finanzamtes Lemgo vom 02.11.2016 unrichtig mit 0 € festgestellt wurde.

Die Beklagten beantragen,

              die Klage abzuweisen.

Sie haben zudem für den Fall eines Erfolgs der Klage hilfsweise widerklagend beantragt,

1.       festzustellen, dass der Kläger verpflichtet sei, ihnen denjenigen Betrag in Höhe der bereits eingetretenen bzw. noch eintretenden Steuerersparnis zu zahlen, der sich daraus ergibt, dass im Zusammenhang mit der Aufdeckung der stillen Reserven bei dem Einzelunternehmen „A“ in Folge der Ausgliederung auf die B GmbH, mit Sitz in C (AG Lemgo, HRB 7953), bereits stille Reserven in Höhe von 60.000,– € aufgedeckt und versteuert und die Anschaffungskosten des Klägers für die Geschäftsanteile an der B GmbH in Höhe von 60.000,– € erhöht worden sind und sich ein Veräußerungs-bzw. Liquidationsgewinn verringert bzw. ein Veräußerungs-Liquidationsverlust entsteht., und dass dies insbesondere für den Fall gelte, dass der Kläger seine Geschäftsanteile an der B GmbH ganz oder teilweise veräußert, überträgt bzw. die B GmbH liquidiert.

2.       den Kläger zu verurteilen, ihnen bis zum 31.12. des dem jeweiligen Geschäftsjahr folgenden Jahres unaufgefordert Auskunft darüber zu erteilen, ob und – wenn ja – welche Veränderungen es im Zusammenhang mit den Geschäftsanteilen an der B GmbH gab bzw. gibt und ihnen die für die Ermittlung eventueller Vorteile erforderlichen Informationen bzw. Unterlagen ungefragt zu übermitteln. Der Kläger hat insbesondere Auskunft darüber zu erteilen, ob und mit welchen Ergebnissen der Kläger Geschäftsanteile an der B GmbH ganz oder teilweise veräußert und/oder übertragen oder die B GmbH liquidiert hat und welche Gewinne oder Verluste die B GmbH im jeweils abgelaufenen Geschäftsjahr erzielt und ob und in welcher Höhe die Kläger Ausschüttungen erhalten hat. Bei diesen Unterlagen handelt es sich um mittels vom Steuerberater erstellte Jahresabschlüsse, die unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermitteln, nebst eidesstattlicher Versicherungen des Klägers über die Veränderungen.

Der Kläger hat den Hilfswiderklageantrag zu Ziff. 1) für den Fall, dass er zur Entscheidung anstünde, unter Protest gegen die Kostenlast im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2020 (Bl. 296 d.A.) anerkannt.

Im Übrigen beantragt er,

                            die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, dass dem Kläger kein Schaden entstanden sei. Die niedrigere Steuerbelastung durch das höhere Abschreibungsvolumen bei der B GmbH führe zu einer Erhöhung des Werts der (hundertprozentigen) Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft. Die Werterhöhung entspreche mindestens den steuerlichen Mehraufwendungen, die der Kläger durch die Versteuerung des Veräußerungsgewinns habe tätigen müssen.

Auch sei dem Kläger kein Schaden entstanden, soweit es um das steuerliche Einlagenkonto der B ginge. In Höhe der aufgedeckten stillen Reserven seien für den Kläger Anschaffungskosten entstanden, die bei einer späteren Veräußerung seinen Gewinn minderten. Dies würde zu einer im Vergleich niedrigeren Steuerbelastung führen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen in der Gerichtsakte Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen D wird Bezug genommen (Bl. 582 ff. d.A.). Unter dem 09.12.2022 hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert. Bezüglich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom selbigen Tage verwiesen (Bl. 719-723 d.A.). Schließlich hat der Sachverständige D am 30.01.2023 noch ein Ergänzungsgutachten erstattet, auf welches ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 776 ff d.A.).

Aus den Gründen: Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Der Hilfswiderklage war bezüglich Ziff. 1) – soweit über sie aufgrund des Erfolgs der Hauptklage zu entscheiden war – bereits aufgrund des Anerkenntnisses stattzugeben. Auch Ziff. 2) der Hilfswiderklage ist begründet.

A. I. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch in Höhe von 25.191,33 € aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. einem mündlich geschlossenen Steuerberatervertrag. Dieser Betrag ergibt sich aus einer Subtraktion der durch die B GmbH erhaltenen abgezinsten Abschreibungsvorteile bis zum 30.06.2023 in Höhe von 11.686,67 € von dem aufgezinsten „eigentlichen“ Steuerschaden in Höhe von 36.878,00 €.

Die Beklagte zu 1), deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) und 3) sind, war mit der steuerlichen Beratung hinsichtlich einer geplanten steuerneutralen Überführung des Einzelunternehmens des Klägers in die Rechtsform der GmbH zum Buchwert beauftragt.

Die Beklagte zu 1) hat ihre Pflichten aus diesem Vertrag – was gem. § 128 HGB analog die Mithaftung der Beklagten zu 2) und 3) begründet – schuldhaft verletzt. Denn das Einzelunternehmen des Klägers wurde entgegen den vertraglichen Vereinbarungen zum gemeinen Wert in die GmbH eingebracht, ohne dass das steuerliche Einlagenkonto auf 60.000,00 € festgestellt wurde.

Vertraglich war nach Maßgabe des den Beklagten bekannten notariell beurkundeten Ausgliederungs- und Übernahmevertrags eine steuerneutrale Buchwertübertragung (Abs. 2 Nr. 3 des Vertrags) vereinbart. Eine Buchwertübertragung ist schon daran gescheitert, dass ein Antrag nach § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG in Namen der B GmbH nicht gestellt worden ist. Mit ihrem Vortrag, dass ein solcher Antrag auch konkludent gestellt werden könne, dringen die Beklagten nicht durch. Dieses ist ersichtlich nicht der Fall gewesen. Denn dann hätten sie diese Frage jedenfalls im Rahmen der Betriebsprüfung mit den Betriebsprüfern erörtern müssen, was ausweislich der Angaben des Beklagten zu 3) im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2021 (Bl. 425) nicht geschehen ist.

Auch der Umstand, dass das steuerliche Einlagenkonto mit 0,00 € festgestellt wurde, stellt eine Pflichtverletzung dar. Zwar hätte in diesem Fall der Nennwert der neu ausgegebenen Anteil von >5.000,00 € dem Kläger als Gesellschafterdarlehen gutgeschrieben werden können. In diesem Fall hätte er das Geld steuerfrei entnehmen können, ohne hierauf Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag zu zahlen und somit den Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen D zufolge eine Steuerersparnis in Höhe von 16.200,00 € realisiert (S. 19 des Gutachtens, Rn. 52). Dieses Vorgehen entsprach aber nicht der Einigung zwischen den Parteien. Denn eine Gegenbuchung der stillen Reserven als Gesellschafterdarlehen sollte der Vereinbarung zufolge nicht vorgenommen werden. Auch wurde eine solche Verbuchung nicht vorgenommen. Damit aber hätte das steuerliche Einlagenkonto zutreffenderweise auf 60.000,00 € festgestellt werden müssen.

Dem Kläger ist deshalb ein Schaden entstanden.

Maßgeblich ist dabei nicht nur das persönliche Vermögen des Klägers, sondern auch das von den gleichen Ereignissen betroffene Vermögen der B GmbH, deren einziger Gesellschafter der Kläger ist. Dies ergibt sich aus folgendem:37

Wirtschaftlich betrachtet stellen das Privatvermögen des Klägers und das Vermögen der B GmbH ein einheitliches Vermögen dar. In die steuerliche Gestaltungsberatung waren im vorliegenden Fall – der Vereinbarung entsprechend – sowohl der Kläger als auch die B GmbH einbezogen. Da aufgrunddessen nicht nur die steuerlichen Interessen des Klägers persönlich, sondern entgegen der Ansicht des Klägers (Bl.6 d.A.) auch der Gesellschaft Gegenstand der Beratungsleistung waren, hat im Umkehrschluss auch die Schadensberechnung unter Berücksichtigung des Vermögens der Gesellschaft zu erfolgen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 08.09.2016 – IX ZR 255/13). Insofern stellen sich Steuermehrbelastungen nicht als wirtschaftlicher Nachteil dar, wenn der Steuerbelastung steuerliche Vorteile bei dem Dritten gegenüberstehen, von denen der vermeintlich Geschädigte spiegelbildlich profitiert (BGH, Urteil vom 01.10.2020 – IX ZR 228/19). Nach diesem Maßstab liegen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine konsolidierte Schadensbetrachtung vor, was umso mehr gilt, als das steuerliche Einlagenkonto nach § 27 KStG – wie der gerichtlich bestellte Sachverständige D plausibel ausgeführt hat – ohnehin nicht den Interessen der Gesellschaft dient, sondern auf den Schutz der Vermögensinteressen des Klägers abzielt (vgl. S. 13 des Sachverständigengutachtens, Rn. 25 m.w.N.).

Es liegt eine konkrete und bereits realisierte steuerliche Mehrbelastung des Klägers in Höhe von 29.736,00 € vor, wie sich aus dem Einkommensteuer 2015 des Klägers vom 25.11.2017 ergibt, Anlage K4 (Bl. 44-49 d.A.). Unter Hinzuaddierung des hierdurch erlittenen Zinsschadens – dem insoweit nicht angegriffenen und in der Sache gut verständlichen Ergänzungsgutachten des Sachverständigen D vom 30.01.2023 zufolge ein Betrag in Höhe von 7.142,00 € – ergibt sich als Ausgangspunkt ein Steuerschaden in Höhe von insgesamt 36.878,00 €.

Demgegenüber bestehen auf Ebene der B GmbH – und damit mittelbar für den Kläger als alleinigem Gesellschafter – auch wirtschaftliche Vorteile der erfolgten Gestaltung. Diese sind nach den Grundsätzen der konsolidierten Schadensberechnung mit der steuerlichen Mehrbelastung des Klägers zu saldieren.

So hat der Sachverständige D festgestellt und nachvollziehbar erläutert, dass dem Kläger aufgrund der Festsetzung des Einlagenkontos bei der GmbH potentiell steuerliche Abschreibungsvorteile zugutekommen. Denn die Existenz stiller Reserven ermöglicht grundsätzlich Mehrabschreibungen, aufgrund derer die GmbH im Falle der Ausführung eine verminderte Steuerbelastung erfährt und der Gesellschafter von einem Abzug von der Abgeltungssteuer durch fiktive Ausschüttung dieses Vorteils profitiert.

In Höhe von konkret 11.686,67 € hat sich das (abgezinste) Ausschüttungspotential für die Jahre 2016 bis zum Stichtag 30.06.2023 auch bereits realisiert bzw. ist unmittelbar zu erwarten (vgl. S. 10 des Ergänzungsgutachtens, Bl. 791 d.A.). Die hierfür benötigte Liquidität war in den Jahresabschlüssen der B GmbH bis einschließlich 2021 jeweils vorhanden (S. 18 des Hauptgutachtens, Rn. 48). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass das Geschäftsjahr 2022 ähnlich gut wie das sehr gute Vorjahr gelaufen sei. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer es für richtig erachtet, auch das laufende mögliche Abschreibungspotential bis zum 30.06.2023 in die Berechnung der Schadensberechnung aufzunehmen.

Hingegen waren zur Überzeugung der Kammer die über den 30.06.2023 hinausgehenden potentiellen Abschreibungsmöglichkeiten außen vor zu lassen. Zwar hat der Sachverständige mit guter Begründung erklärt, weshalb das Abschreibungspotential aus seiner Sicht auch zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit realisiert werde, er nämlich annehme, dass sich die positive wirtschaftliche Entwicklung der B aus den Jahren 2016 bis 2021 fortsetze.

Dem vermag die Kammer jedoch aufgrund verbleibender Unsicherheiten nicht zu folgen, die Prognose jedenfalls nicht zum Gegenstand der Schadensberechnung machen. Künftige Entwicklungen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund der vorgetragenen Tatsachen mit einer für die Anwendung von § 287 ZPO ausreichenden Wahrscheinlichkeit beurteilt werden können (Urteil des BGH vom 23.10.2003 (IX ZR 249/02)). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Kammer vermag nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu beurteilen, ob sich aufgrund möglicher Änderungen der Steuergesetzgebung, sich verändernder Rohstoffpreise, aufgrund eines Wiedererstarkens der pandemischen Lage, hoher Inflationswerte, der Verlegung des Firmensitzes oder anderer unternehmerischer Entscheidungen Situationen ergeben, die künftigen Abschreibungsmöglichkeiten entgegenstehen.

Für die bestehenden Ansprüche kann der Kläger von den Beklagten deren Verzinsung ab dem 26.10.2019 beanspruchen, weil sich letztere seit diesem Datum in Verzug befinden (§§ 280, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB).

II. Soweit der Kläger darüber hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 1.510,60 € für Kosten verlangt, die im Zusammenhang mit einem Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO und einem Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid entstanden sind, so ist eine Aktivlegitimation diesbezüglich nicht ersichtlich. Auftraggeberin war insoweit die B GmbH, welche auch die Rechnungen bezahlt hat.

III. Der zulässige Feststellungsantrag ist begründet, weil dem Sachverständigen zufolge ein – im Rahmen der konsolidierten Schadensberechnung noch nicht zu berücksichtigender, weil hypothetischer – Nachteil im Falle einer künftigen Liquidation der Gesellschaft möglich erscheint (S. 20 des Hauptgutachtens, Rn. 56).

B. Der hilfsweise gestellten Feststellungswiderklage zu Ziff. 1) war bereits aufgrund des Anerkenntnisses stattzugeben, soweit hierüber zu entscheiden war. Dies war nicht der Fall, soweit der Feststellungsantrag auf eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer bereits eingetretenen Steuerersparnis gerichtet war. Denn diese wurde bereits im Rahmen der Hauptklage berücksichtigt, so dass die Klage insoweit ohne Erfolg geblieben ist und die von den Beklagten formulierte Bedingung, dass über die Hilfswiderklage nur für den Fall des Erfolgs der Klage entschieden werden solle, in Bezug hierauf nicht eingetreten ist.

Darüber hinaus hat sich die Hilfswiderklage auch bezüglich Ziff. 2) als zulässig und  begründet erwiesen. Denn nur auf Grundlage erteilter Auskünfte können die Beklagten potentielle Ansprüche nach Ziff. 1) der Hilfswiderklage beziffern.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 44.909,60 € festgesetzt, wobei der klägerische Feststellungsantrag mit 12.600,00 € bewertet worden ist. Der Hilfswiderklage zu Ziff. 1) wurde kein eigener Streitwert beigemessen. Der Hilfswiderklage zu Ziffer 2) wurde ein Streitwert von 1.000,00 € beigemessen.

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