Fünf Jahre sind seit der Veröffentlichung der sog. Panama Papers vergangen, mit denen Steueroasen und der Offshore-Dienstleister Mossack Fonseca für eine breite Öffentlichkeit bekannt wurde. Nun förderten investigative Recherchen die nächsten Papers zu Tage, die sog. Pandora Papers. Auch diese zeigen wieder Gestaltungen von Steueroasen und fragwürdigen Offshore-Geschäften. Begonnen habe die Veröffentlichung mit den Luxemburg Leaks und Paradise Papers.
Sicherlich finden sich auch Fälle dieser Veröffentlichungen im Monatsbericht Oktober 2021 des BMF in der Rubrik Analysen und Berichte „Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten im Jahr 2020“ wieder. Daraus ergibt sich, dass im Jahr 2020 53 977 Strafverfahren wegen Steuerstraftaten bundesweit bearbeitet wurden. Ferner wurden 3 500 Steuerordnungswidrigkeitenverfahren abgeschlossen und Bußgelder in Höhe von ca. 40 Mio. Euro festgesetzt. Die Steuerfahndung erledigte 34 000 Fälle, die zu Mehrsteuern von 3,3 Mrd. Euro geführt haben. Die Summe der Freiheitsstrafen ergab einen Umfang von 1288 Jahren.
Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass 20 096 Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt wurden. 8086 Verfahren wurden wegen Geringfügigkeit eingestellt. In 6490 Fällen wurde ein Strafbefehl beantragt und 6076 Fälle an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Die Einstellung mit Auflagen nach § 153a StPO erfolgte in 12 689 Fällen und führte zu 52,8 Mio. Euro Geldauflagen. Die von den Staatsanwaltschaften und Gerichten bearbeiteten 11 592 Strafverfahren führten in 1353 Fällen zu einer Einstellung nach § 153a StPO verbunden mit 23 Mio. Euro Geldauflagen. 7153 Urteile ergingen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO, denen 1,2 Mrd. Euro hinterzogene Steuern zugrunde lagen. Noch einmal 6,3 Mio. Euro wurden in 83 Fällen eingenommen, die einen hinterzogenen Betrag von mehr als 25 000 Euro zum Gegenstand hatten und bei denen eine Selbstanzeige Gegenstand des Verfahrens war.
Die Mehrsteuern setzten sich zusammen aus 737 Mio. Euro Umsatzsteuer, 493 Mio. Euro Einkommensteuer, 1109 Mio. Euro Körperschaftsteuer, 182 Mio. Euro Gewerbesteuer, 77 Mio. Euro Lohnsteuer und 346 Mrd. Euro sonstige Steuern. Außerdem fielen 342 Mio. Euro Zinsen an. Interessant ist, dass die hinterzogene Körperschaftsteuer die hinterzogene Einkommensteuer um mehr als das doppelte übersteigt.
Die Anzahl der rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheide zeigt ein ähnliches Bild. Auch hier liegt die Schädigung des Umsatzsteueraufkommens mit 733 Fällen mit Abstand in Führung vor den Ordnungswidrigkeiten nach dem StBerG mit 531 Fällen.
Die Hinterziehungsanfälligkeit bei der Umsatzsteuer ist systembedingt und seit langem bekannt. Aber weder der Unionsgesetzgeber noch die Mitgliedstaaten bringen scheinbar die Kraft auf, hier die systemische Betrugsanfälligkeit zu beseitigen.
Von den erledigten Fällen der Steuerfahndung betrafen 25 526 Fahndungsprüfungen. Aber die Erledigung von Amts- und Rechtshilfeersuchen beschäftigt die Steuerfahndung zunehmend mehr. Bei diesen handelt es sich um Amts- und Rechtshilfeersuchen von anderen Behörden, z.B. mit dem Auftrag Beweismittel zu sichern. In insgesamt 8614 Fällen wurden Steuerfahndungen bei nationaler und internationaler Amtshilfe tätig.
Die Statistik selbst erfasst nur die vorläufig festgestellten Mehrergebnisse der Steuerfahndung, die zu einer periodengerechten Betrachtungsweise herangezogen werden können. Was statistisch aber nicht festgehalten wird, ist der Betrag, der von den 3,3 Mrd. Mehrsteuern tatsächlich bezahlt wird. Dies wäre vor allem in Hinblick auf die 1,1 Mrd. Euro hinterzogene Körperschaftsteuer von Interesse.
Professor Dr. iur. Michael Stahlschmidt lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen und Controlling und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Schriftleiter DerSteuerberater, Frankfurt am Main/Medebach.