Erhebliche, teils fundamentale Risiken für die Unternehmen drohen im laufenden Jahr – es könnte ein weiteres Stop-and-Go-Jahr für die Wirtschaft drohen. Aber dieses Jahr könnte auch das mit der stärksten Wirtschaftsdynamik seit 2010 werden. Dafür muss die Politik die Prioritäten richtig setzen und zügig anpacken: Sie muss von einer Getriebenen des Geschehens zur Gestalterin der Zukunft werden. Jetzt ist es an der Zeit zu beweisen, wie viel Fortschritt tatsächlich in der Ampel steckt und ob sie ihrem selbst gesetzten Anspruch als „Fortschritts-Koalition“ gerecht wird.
Oberste politische Priorität muss die Stärkung des Industrie-, Export- und Innovationstandorts haben: Die Industrie ist der Motor, der Wirtschaft und Wohlstand unseres Landes antreibt. Und auch in der politischen Unterstützung des klimaneutralen Industriestandorts gilt: „Gut gemeint“ ist noch lange nicht „gut gemacht“.
Nach zwei Jahren Pandemieerfahrung wissen wir, dass wir nicht sicher sein können vor Überraschungen – die Virusmutationen machen uns das gerade deutlich. Wir wissen aber auch, dass die Industrie mit ihren rund acht Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Aktivitäten im Großen und Ganzen trotz strikter Pandemie-Maßnahmen verlässlich aufrechterhalten hat. Die Unternehmen nehmen Gesundheitsschutz ernst, die Schutzmaßnahmen funktionieren. Penibel eingehaltene Hygienekonzepte schaffen größtmögliche Sicherheit und halten die Produktion aufrecht. Umso wichtiger ist es, weiterhin den Gesundheitsschutz so gut wie möglich zu gewährleisten und gleichzeitig die Industrie am Laufen zu halten.
Aber: Für eine Industrienation, die Tag für Tag im weltweiten Wettbewerb steht, ist das bloße Aufrechterhalten von Aktivitäten zu wenig. Auch eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau reicht nicht aus. Die Politik muss den Negativtrend der vergangenen Jahre umkehren, über die Krisenbewältigung hinaus die Schlagzahl erhöhen und einen Wachstumskurs einschlagen.
So notwendig akutes Krisenmanagement ist, so wichtig bleibt der Blick für das große Ganze. Keinesfalls darf sich die Coronakrise zu einer chronischen Wirtschafts- und Gesellschaftskrise auswachsen. Es muss gelingen, die Krise als Chance zu nutzen und gestärkt aus ihr hervorzugehen. Schaffen wir nicht nur ein „New Normal“, sondern ein „Better Normal“. Deshalb muss es auch darum gehen, rechtzeitig Fortschritt zu organisieren für ein Leben nach Corona. Den Standort machen hohe Energiekosten, schleppender digitaler Wandel, mangelnde Infrastruktur-Investitionen, lähmende Regulierung und hohe Steuern immer weniger attraktiv für Unternehmen aus dem In- und Ausland.
(BDI vom 8.2.2022)