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BFH: Beihilfeprüfung und steuerrechtliche Gemeinnützigkeit von Servicekörperschaften

Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden folgende Fragen zur Auslegung von Art. 107 und Art. 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (AEUV) in Bezug auf gemeinnützigkeitsrechtliche Steuervergünstigungen im nationalen Recht (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung) vorgelegt:

1. Ist Art. 107 Abs. 1 AEUV dahingehend auszulegen, dass eine unter diese Vorschrift fallende staatliche Beihilfe vorliegt, wenn einer Körperschaft nach einer nationalen Regelung für eine wirtschaftliche Tätigkeit die Steuerbegünstigung eines Zweckbetriebs auch dann zusteht, wenn sie ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nicht unmittelbar selbst zu verwirklichen hat, sondern diese Zwecke satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft verfolgen kann, so dass sie als Servicekörperschaft an diese andere Körperschaft steuerbegünstigt Leistungen jeglicher Art im Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigten Leistungsanbietern erbringen kann?

2. Steht es dem hierfür erforderlichen selektiven Vorteil entgegen, dass die Servicekörperschaft gemeinnützigkeitsrechtlichen Beschränkungen insbesondere im Hinblick auf Mittelverwendung und Vermögensbindung unterliegt?

3. Bei Bejahung der Beihilfe: Ist Art. 108 Abs. 3 AEUV dahingehend auszulegen, dass eine dieser Vorschrift unterliegende Umgestaltung einer Beihilfe vorliegt, wenn das nationale Recht zwar bereits vor dem 1.1.1958 eine Steuerbegünstigung für wirtschaftliche Tätigkeiten als Zweckbetrieb vorsah, der Anwendungsbereich dieser Steuerbegünstigung aber danach in der Weise erweitert wurde, dass eine Servicekörperschaft an andere steuerbegünstigte Körperschaften steuerbegünstigt Leistungen jeglicher Art im Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigten Leistungsanbietern erbringen kann?

BFH, EuGH-Vorlage vom 22.5.2025 – V R 22/23