Sind alle Steuerpflichtigen Grundsteuer-ready? Als letzter Schritt vor dem Versand der Grundsteuerbescheide ab März 2025 hat die Finanzbehörde den Anwendungserlass zur Grundsteuer aktualisiert und damit die Regelungen zu Härtefällen finalisiert. Der Senat hat insgesamt eine allgemeine Aufkommensneutralität für das Gesamtaufkommen und die Teilbereiche Wohnen und Nicht- Wohnen zugesagt. Das bedeutet nicht, dass die Grundsteuerbelastung für jedes Grundstück gleich bleibt. Klar ist: Es wird Fälle mit einer erhöhten Steuerlast geben. Genauso werden viele andere Steuerpflichtige weniger Grundsteuer bezahlen. Solche Belastungsverschiebungen treten zwangsläufig durch den Systemwechsel auf. Dennoch: Es kann Fälle nicht beabsichtigter Härte geben, die der Logik des Gesetzes widersprechen. Die Härtefallregelungen schaffen hier Abhilfe.
Alle Steuerpflichtigen können bereits jetzt über die Berechnungshilfe auf www.grundsteuer-hamburg.de für sich klären, welcher Grundsteuer-Zahlbetrag zu entrichten ist – damit wissen alle, was auf sie zukommt.
Um die zutreffende und vollständige Bearbeitung der eingegangenen Steuererklärungen zu gewährleisten, um alle vorlaufenden Verfahrensschritte vollständig und sorgfältig abzuschließen und um allen Steuerpflichtigen eine ausreichende Umstellungs- und Vorbereitungszeit zu geben, wird – im Einvernehmen mit allen beteiligten Kammern, Verbänden und Vereinen – der erste Teilbetrag der neuen Grundsteuer erst im Frühjahr 2025 (30.04.2025) fällig.
Damit ist gewährleistet, dass die Steuerpflichtigen
– ausreichend Zeit zur Fehlerkorrektur haben (wovon viele Menschen schon Gebrauch gemacht haben),
– prüfen können, ob bei der Wohnlage-Einstufung Handlungsbedarf besteht,
– sondieren können, ob (auf Basis der jetzt feststehenden Fallgruppen) Anhaltspunkte für einen Härtefallantrag bestehen,
– für sich klären können, ob bei einer Mehrbelastung ein Antrag auf Wohngeld (für Mieter) oder Lastenzuschuss (speziell für Eigentümer, was viele Betroffene noch gar nicht wissen) angezeigt ist.
Dementsprechend beginnt der Versand von Grundsteuermess- sowie Grundsteuerbescheiden wie verabredet und kommuniziert im März 2025. Das gesamte Verfahren wurde in Werkstattgesprächen mit allen beteiligten Kammern und Verbänden ausführlich erörtert. Im Einzelnen ist im März der Versand in vier Tranchen in Vorbereitung (rund 425.000 wirtschaftliche Einheiten).
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „In der Schlussphase der Grundsteuerreform sorgen wir für eine Möglichkeit, vom neuen Grundsteuersystem nicht beabsichtigte Härten abzufedern. Ich lade Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich dazu ein, unsere zahlreichen Informationsangebote zu nutzen, um jetzt noch verbleibende offene Fragen zu klären. In der nächsten Woche habe ich noch einmal eine Grundsteuer-Sprechstunde beim Grundeigentümerverband. Bis zum Versand der Bescheide haben alle Steuerpflichtigen damit noch einmal Zeit, sich zu fragen: Habe ich mit der Checkliste auf grundsteuer-hamburg.de ausgerechnet, was auf mich zukommt? Habe ich Fehler in meiner Erklärung korrigiert? Greifen für mich Ermäßigungen oder falle ich unter eine Härtefallregelung? Brauche ich Lastenzuschuss/Wohngeld? Ist der Dauerauftrag für die alte Grundsteuer gelöscht? Habe ich ein SEPA-Mandat erteilt?“
Mit der Aktualisierung des Erlasses zum Hamburgischen Grundsteuergesetz wird auch die Härtefallregelung ausführlich erläutert. Ein Härtefall und damit ein (teilweiser) Erlass der Grundsteuer könnte für Wohngrundstücke beispielsweise in Frage kommen, wenn Folgendes zutrifft:
1. Eingeschränkte Erreichbarkeit durch die Lage:
Denkbar wäre hier ein Einfamilienhaus in einem Naturschutzgebiet, welches nicht an das Straßennetz angeschlossen und lediglich über einen unbefestigten Fußweg zu erreichen ist. Gleiches gilt für schwer erreichbare Gebäude auf einem Sumpf-/Moorgrundstück. Wichtig hierbei ist, dass die Lage ganz erheblich von den ortsüblichen Verhältnissen abweicht.
2. Sehr alte Gebäude:
In Frage kommen zum Beispiel sehr alte Gebäude (nach Ablauf der Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 38 des Bewertungsgesetzes), welche nicht oder nur eingeschränkt nutzbar sind, weil keine wesentlichen Sanierungen vorgenommen wurden. Ist das Gebäude jedoch regulär bewohnt, spricht dies gegen das Vorliegen eines Härtefalls.
Ein Beispiel: Ein Mehrfamilienhaus mit Baujahr 1931, bei dem in den vergangenen Jahrzehnten keine Kernsanierung stattgefunden hat, befindet sich in einem bedenklichen Gesamtzustand. Lediglich eine von sechs Wohnungen kann noch bewohnt werden. Das Wohnhaus erfüllt zwar noch den bewertungsrechtlichen Begriff eines Gebäudes, dabei ist eine tatsächliche Nutzung jedoch nur noch sehr eingeschränkt möglich. Im Verhältnis der nutzbaren Fläche zur gesamten Wohn- und Nutzfläche ist ein Erlass nach § 8 Abs. 1 Hamburgisches Grundsteuergesetz) denkbar.
3. Nutzungseinschränkungen/Unorganischer Aufbau:
Ein Erlass kann sowohl bei bestimmten Konstellationen von Übergröße bzw. unorganischem Aufbau als auch bei Fällen von ganz oder teilweiser behördlicher Nutzungsuntersagung eines Gebäudes in Betracht kommen. Ein Beispiel: Es wird glaubhaft dargelegt, dass ein Gebäude wegen eines behördlich angeordneten Betretungsverbotes zu 20 % nicht genutzt werden darf, sodass in diesem Umfang ein Erlass zu gewähren ist.
4. Sturmfluten:
Wenn ein Gebäude durch Sturmfluten regelmäßig nur eingeschränkt nutzbar ist, kommt ein anteiliger Erlass in Betracht.
Darüber hinaus kommen insbesondere für gewerbliche Immobilien weitere Erlassgründe in Frage. Im Bereich des Hamburger Hafens hat sich eine besondere Erlasskonstellation ergeben. Als größter Universalhafen Deutschlands ist der Hamburger Hafen von entscheidender Bedeutung für die Versorgung der europäischen Binnenmärkte. Im durch Hochwasser gefährdeten Tidegebiet der Elbe und somit gerade im Hafenbereich wären jedoch viele Grundstücke ohne den privaten Hochwasserschutz nicht nutzbar.
Dressel: „Dieser Besonderheit wird nach sehr konstruktiven und vertrauensvollen Erörterungen mit dem Unternehmensverband Hamburg Hafen und der Hafenwirtschaft Rechnung getragen. Erste Ausführungen zum
privaten Hochwasserschutz in dem gefährdeten Tidegebiet der Elbe sind bereits im Erlass zum Hamburgischen Grundsteuergesetz aufgenommen worden; eine entsprechende Gesetzesänderung wäre eine gute Ergänzung, um hier Härten zu vermeiden.“
In allen Fällen sollte bei einem Antrag auf Härtefall bedacht werden, dass es sich um einen groben und systemwidrigen Ausnahmefall handeln muss. In solchen Fällen muss tatsächlich immer detailliert und nachvollziehbar begründet werden, um die besonderen Umstände, die einen Härtefall rechtfertigen, klar darzulegen. Der Härtefall soll entsprechend durch ein qualifiziertes Gutachten nachgewiesen werden. Als Gutachter kommen regelmäßig die in § 198 Abs. 2 Bewertungsgesetz genannten Personen und Stellen in Betracht.
Ausführliche Informationen zur Härtefallregelung sind unter www.grundsteuer-hamburg.de abrufbar.