Der 6. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat gestern über Klagen gegen Zweitwohnungssteuerbescheide der Gemeinden Kittlitz und Pogeez (beide Amt Lauenburgische Seen) sowie der Stadt Tönning entschieden. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der von der Stadt Tönning verwendete Steuermaßstab nicht zu beanstanden ist und die darauf beruhenden Zweitwohnungssteuerbescheide rechtmäßig sind (Az. 6 LB 6/24). Die Steuerbescheide der Gemeinden Kittlitz (Az. 6 LB 4/24) und Pogeez (Az. 6 LB 5/24) befand der Senat hingegen mangels wirksamer Rechtsgrundlage für rechtswidrig. Er hat damit in allen Verfahren die vorhergehenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts bestätigt.
Die Satzung der Gemeinde Kittlitz über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer enthält einen Steuermaßstab, der dem mit rechtskräftigen Urteilen aus April 2024 (Az. 6 KN 1/24 und 2/24) für rechtswidrig erklärten Maßstab entspricht. Dieser Steuermaßstab berücksichtigt unter anderem einen sogenannten Lagewert, der auf dem für das jeweilige Grundstück geltenden reinen Bodenrichtwert beruht. Die Erwägungen für die Rechtswidrigkeit dieses Steuermaßstabs gelten nach Auffassung des Senats auch in einer kleinen Gemeinde wie Kittlitz. Die Gemeinde hatte dem entgegengehalten, dass es in ihrem Gebiet im maßgeblichen Veranlagungsjahr 2020 nur eine Bodenrichtwertzone gegeben habe. Dies kann nach Ansicht des Senats jedoch keine Rolle spielen, wenn weitere Wohngebiete in dem Satzungsgebiet existieren, für die kein Bodenrichtwert ausgewiesen ist. Die Situation unterscheide sich nicht maßgeblich von der größerer Gemeinden, in denen mehrere Bodenrichtwertzonen ausgewiesen sind.
Die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Tönning enthält einen Steuermaßstab, wonach zur Ermittlung des Lagewerts der Bodenrichtwert desjenigen Grundstücks, auf dem sich die Zweitwohnung befindet (Dividend) durch den höchsten Bodenrichtwert im Gemeindegebiet (Divisor) zu teilen und das Ergebnis der Teilung (Quotient) mit dem Wert „1″ zu addieren ist. Diese Form der Berechnung des Lagewerts bewege sich innerhalb des Gestaltungsspielraums der Kommune und verletze nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Die Addition von „1“ zu dem Verhältniswert sei eine zulässige Korrektur, um übermäßige Spreizungen aus dem Verhältnis der Bodenrichtwerte zueinander zu vermeiden. Der Senat hat auch festgestellt, dass eine Änderung der Satzung während des gerichtlichen Verfahrens zulässig sei und eine zunächst rechtswidrige Steuererhebung heilen könne.
Die Satzung der Gemeinde Pogeez enthält eine vergleichbare Regelung zur Ermittlung des Lagewerts wie die Stadt Tönning. Allerdings wird dem Lagewert abhängig von der Wohnlage ein Wert zwischen 0,0 (bei einfacher Wohnlage) bis zu 0,4 (bei bester Wohnlage) hinzugesetzt. Auf welcher Grundlage sich diese Einteilung der Wohnlagen ergebe, sei für den Normadressaten nicht ersichtlich und die Satzung daher zu unbestimmt. Die Steuererhebung auf Grundlage dieser Satzung sei daher rechtswidrig.
Der Senat hat die Satzungsregelungen jeweils nur im Rahmen der Klagen gegen einzelne angefochtene Steuerbescheide überprüft. Die Entscheidungen wirken nur zwischen den am Verfahren Beteiligten.
In den Verfahren betreffend die Zweitwohnungssteuersatzungen der Gemeinde Kittlitz und der Stadt Tönning hat der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen zu den Steuermaßstäben zugelassen. In dem Verfahren betreffend die Satzung der Gemeinde Pogeez wurde die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann die Gemeinde innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung Beschwerde einlegen, über die dann das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.