Trotz aller Besorgnis über den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die wirtschaftliche Stärke der USA und Chinas, lassen die Ausgaben der Bundesregierung für die äußere und innere Sicherheit sowie für die Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bislang keine besondere politische Dringlichkeit erkennen. Sehr viel mehr Geld fließt für Umverteilungs- und Sozialausgaben. Dies zeigt eine Betrachtung des aktuellen Bundeshaushalts 2024 nach seinen gesamtwirtschaftlichen Wirkungen und nicht wie üblich nach Ressorts.
Der heute veröffentlichte Kieler Bundesausgabenmonitor 2024 zeigt, dass die Zuweisungen für Verteidigung (ohne Ministerialausgaben, Pensionen, Universitäten der Bundeswehr etc.), Bundespolizei und Energiesicherheit – auch nach einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 11,8 Mrd. Euro auf 68,4 Mrd. Euro – im aktuellen Jahr 2024 nur 11,4 Prozent des Gesamtetats ausmachen. Das sind nur 2,7 Punkte mehr als im Jahr 2000, als der Verteidigungshaushalt von der Verteilung der „Friedensdividende“ geprägt war.
Auch Ausgaben, die die Wirtschaft stimulieren und gesamtwirtschaftliche Erträge erwarten lassen, genießen nur eine geringe Priorität. Dazu zählen vor allem Bundesausgaben für Forschung, Bildung und Infrastruktur (ohne Schiene und digitale Netze, deren Infrastrukturausgaben sind unter Subventionen verbucht). Im Jahr 2024 veranschlagt der Bund dafür 46,2 Mrd. Euro oder 7,7 Prozent des Gesamthaushalts. Damit liegt der Anteil sogar leicht unter dem Vorjahresniveau und lediglich 1,7 Prozentpunkte über dem Niveau aus dem Jahr 2000. In die Grundlagenforschung fließen 2024 mit 14 Mrd. Euro nur 2,3 Prozent der Bundesausgaben.
Umverteilungs- und Sozialausgaben dominieren
Hingegen beanspruchen Ausgaben zur Korrektur der Einkommensverteilung (Sozialausgaben, Länderfinanzausgleich), die Finanzhilfen des Bundes (Ausgabesubventionen) und Altlasten (Pensionen, Beihilfen, Zinsen) mit 67,7 Prozent zusammengenommen weiterhin mehr als zwei Drittel des Etats. Allein die Sozialausgaben und Ausgaben für Umverteilungsbürokratie in Höhe von 212 Mrd. Euro erreichen im Jahr 2024 35,4 Prozent aller Bundesausgaben.
„Unsere empirische Analyse der Bundesausgaben zeigt, dass nach wie vor zu wenig Steuermittel in die äußere und innere Sicherheit sowie in Maßnahmen zur Stimulierung der Marktwirtschaft investiert werden“, sagt Claus-Friedrich Laaser, Subventionsexperte am IfW Kiel. „Gleichzeitig fließen weiterhin große Summen in breit angelegte sozialpolitische Maßnahmen, die im Gegensatz zu gezielten Umverteilungen ökonomisch fragwürdig sind.
Die eingetretenen und drohenden Krisen in Europa, Asien und den USA haben den Problemdruck und damit den Finanzbedarf des Staates rasant ansteigen lassen, während die enormen Zuschüsse des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung, die gesetzliche Krankenversicherung, private Unternehmen und Haushalte sowie sogenannte Organisationen ohne Erwerbszweck nicht von heute auf morgen heruntergefahren werden können.
Der Staat braucht aber neue finanzielle Spielräume, um in Zeiten wachsender Herausforderungen durch krisenhafte Entwicklungen lange vernachlässigte Aufgaben in den Bereichen Sicherheit, Infrastruktur, Bildung und Forschung zu erfüllen. Auch in der Sozialpolitik dürfte kein Weg an einem Ausgabenmoratorium vorbeiführen, etwa durch eine Begrenzung des Bundeszuschusses zur Rente oder weitere Schritte zur Stabilisierung der Alterssicherung.“
Im Verhältnis zum BIP: Verteidigungsausgaben nur bei 1,5 Prozent
Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) machen die Sozialausgaben und andere Bundesausgaben zur Korrektur der Einkommensverteilung 2024 mit 5,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) den höchsten Anteil seit über 10 Jahren aus, während die Finanzhilfen des Bundes 3 Prozent des BIP entsprechen.
Die klassischen Bundesausgaben für die innere und äußere Sicherheit machen dagegen nur 1,6 Prozent des BIP aus, die darin enthaltenen Verteidigungsausgaben sogar nur 1,5 Prozent.
Deutschland erfüllt 2024 offiziell durchaus die sogenannte NATO-Quote, nach der die Verteidigungsausgaben mindestens 2 Prozent des BIP betragen sollen. Die von der Bundesregierung gemeldeten 2,1 Prozent kommen zustande, weil nach den NATO-Regeln die Mitgliedsstaaten Ausgaben für Pensionen, Verwaltung und Ausbildung sowie bestimmte verteidigungsnahe Ausgaben ihrer Außenministerien und anderer Ressorts – etwa für Friedensmissionen oder Ukraine-Hilfen – hinzurechnen dürfen.
Doch selbst nach Einbeziehung aller Positionen, die unmittelbar dem Verteidigungshaushalt zuzurechnen sind, im Bundesausgabenmonitor aber anderen funktionalen Ausgabenkategorien zugeordnet werden, steigt die Ausgabenquote nach IfW-Berechnungen auf maximal 1,7 Prozent des BIP. Je nach Ansatz liegen die Verteidigungsausgaben damit nur um 0,4 bzw. 0,6 Prozentpunkte höher als im Jahr 2000, als nach dem Ende des Kalten Krieges die Zeichen in der Welt auf Entspannung standen.
Über den Bundesausgabenmonitor
Als Ergänzung zum Kieler Subventionsbericht klassifiziert der Kieler Ausgabenmonitor alle Bundesausgaben nach ihren funktionalen Wirkungen, im Gegensatz zu den Etatplänen der Ministerien, die häufig Ausgaben mehrerer Kategorien enthalten. Statt 24 sogenannter Einzelpläne betrachtet der Ausgabenmonitor zehn Ausgabenarten, um die volkswirtschaftlichen Wirkungen des jeweiligen Bundeshaushalts besser bestimmen zu können:
1. Ausgaben zur Korrektur der Einkommensverteilung (vor allem Sozialausgaben und Länderfinanzausgleich), 2. Finanzhilfen des Bundes (Ausgabensubventionen), 3. Ausgaben für Altlasten (Pensionen, Beihilfen, Zinsen auf die Bundesschuld), 4. Ausgaben für den Staatsapparat, 5. Ausgaben für innere und äußere Sicherheit, 6. Ausgaben für Bildung, 7. Ausgaben für Forschung, 8. Ausgaben für Infrastruktur, 9. auslandswirksame Zahlungen, 10. sonstige.