Die Europäische Kommission hat im Rahmen der Vertragsverletzungsverfahren zwei Verfahren gegen Deutschland eröffnet. Sie betreffen die Einhaltung des EU-Daten-Governance-Rechtsakts und die Transparenz bei der Besteuerung von über digitale Plattformen erwirtschafteten Einkünften.
1. EU-Daten-Governance-Rechtsakt
Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit der Übermittlung von Aufforderungsschreiben Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und 17 weitere Mitgliedstaaten einzuleiten, weil diese Länder keine zuständige Behörde für die Durchführung des Daten-Governance-Rechtsakts benannt oder nicht nachgewiesen haben, das die zuständigen Behörden zur Ausführung der im Rechtsakt vorgeschriebenen Aufgaben befugt sind.
Der Daten-Governance-Rechtsakt erleichtert die sektor- und grenzübergreifende gemeinsame Datennutzung zwischen EU-Mitgliedstaaten, was Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen zugutekommen soll. Der Rechtsakt soll das Vertrauen in die gemeinsame Datennutzung stärken, indem Regeln für die Neutralität von Anbietern von Datenvermittlungsdiensten eingeführt werden, die Unternehmen und natürliche Personen mit Datennutzern verbinden. Datenvermittlungsdienste müssen strikt von anderen von diesen Anbietern erbrachten Dienstleistungen getrennt werden; außerdem müssen sie in einem Register eingetragen sein und ein einheitliches EU-Logo verwenden.
Der Rechtsakt soll außerdem die Weiterverwendung bestimmter im Besitz öffentlicher Stellen befindlicher Daten erleichtern und freiwillige Verfahren zur gemeinsamen Datennutzung fördern. Datenaltruismus bedeutet, dass Nutzer der Bereitstellung der von ihnen generierten Daten für das Gemeinwohl zustimmen, beispielsweise für medizinische Forschungsprojekte.
Datenaltruistische Organisationen können sich in einem öffentlichen Register eintragen lassen und das gemeinsame EU-Logo verwenden. Diese Organisationen dürfen keinen Erwerbszweck verfolgen und müssen bestimmten Transparenzanforderungen und weiteren Schutzvorkehrungen entsprechen, um die Rechte und Interessen der Bürger/innen und Unternehmen zu schützen, die der Weiterverwendung ihrer Daten zugestimmt haben. Der Rechtsakt ist seit dem 24. September 2023 anwendbar. Die zuständigen Behörden sind für die Registrierung datenaltruistischer Organisationen verantwortlich und überwachen die Einhaltung der Vorschriften durch Anbieter von Datenvermittlungsdiensten.
Die betroffenen Mitgliedstaaten
Neben Deutschland sind Belgien, Tschechien, Estland, Griechenland, Frankreich, Italien, Zypern, Lettland, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, die Slowakei und Schweden betroffen.
Verfahren und nächste Schritte
Die Kommission richtet Aufforderungsschreiben an die 18 Mitgliedstaaten, die nun binnen zwei Monaten reagieren und die von der Kommission festgestellten Mängel beheben müssen. Andernfalls kann die Kommission beschließen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an die Länder zu übermitteln.
Pressekontakt: Nikola John, Tel.: +49 (30) 2280-2410
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per E-Mail oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
2. Transparenz bei der Besteuerung von über digitale Plattformen erwirtschafteten Einkünften
Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit der Übermittlung von Aufforderungsschreiben Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Ungarn, Polen und Rumänien einzuleiten, weil diese Länder es versäumt haben, Informationen über die von Unternehmen und natürlichen Personen über digitale Plattformen erwirtschafteten Einkünfte zeitnah auszutauschen.
Mit der Richtlinie (EU) 2021/514 vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (DAC7) wurden zum 1. Januar 2023 neue Steuertransparenzvorschriften für Transaktionen auf digitalen Plattformen eingeführt, anhand derer steuerpflichtige Sachverhalte leichter ermittelt werden sollen.
Die Meldung sollte in zwei Stufen erfolgen: Die Plattformen waren verpflichtet, Daten über die von Unternehmen und natürlichen Personen im Jahr 2023 erwirtschafteten Einkünfte zu erheben und diese an den Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind, zu melden. Die Mitgliedstaaten ihrerseits mussten diese Informationen anschließend bis zum 29. Februar 2024 untereinander austauschen. Die fristgerechte Meldung und der zeitnahe Austausch sind notwendig, um gleiche Ausgangsbedingungen in der Union und ein reibungsloses Funktionieren von DAC7 in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
Deutschland, Ungarn, Polen und Rumänien sind ihrer Verpflichtung zum Austausch der notwendigen Informationen mit den Steuerbehörden anderer Mitgliedstaaten nicht nachgekommen, wodurch diese ihre jeweiligen Steuergesetze nicht in vollem Umfang durchsetzen können.
Verfahren und weitere Schritte
Die Kommission übermittelt daher Aufforderungsschreiben an Deutschland, Polen, Ungarn und Rumänien, die nun zwei Monate Zeit haben, um zu antworten und auf die vorgebrachten Beanstandungen zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission beschließen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten zu richten.
Pressekontakt: Renke Deckarm, Tel.: +49 1520 919 28 20. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS Europa per E-Mail oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Hintergrund
Die Europäische Kommission leitet regelmäßig rechtliche Schritte gegen Mitgliedstaaten ein, die ihren Verpflichtungen aus dem EU-Recht nicht nachkommen. Diese Verfahren, die verschiedene Sektoren und EU-Politikfelder betreffen, sollen eine korrekte und vollständige Anwendung des EU-Rechts im Interesse der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten.
Mit einem Vertragsverletzungsverfahren kann die EU-Kommission Verstöße eines Mitgliedstaates gegen das EU-Recht geltend machen. Es besteht aus drei Stufen. Wenn die Kommission vermutet, dass europäisches Recht nicht fristgemäß, unvollständig oder überhaupt nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, sendet sie zunächst ein Aufforderungsschreiben, in dem sie einen Mitgliedstaat auffordert, innerhalb einer bestimmten Frist zu einem aufgetretenen Problem der Anwendung des Unionsrechts Stellung zu nehmen. Die zweite Stufe ist die mit Gründen versehene Stellungnahme. Hier wird der Mitgliedstaat aufgefordert, den Verstoß innerhalb einer bestimmten Frist abzustellen. Kommt der Mitgliedstaat dem nicht nach, kann die Kommission ein gerichtliches Verfahren vor dem EuGH einleiten.
Weitere Informationen
Die Vertragsverletzungsverfahren im Mai 2024
(PM v. 23.5.2024)