– Ergebnisse der Umfrage –
Bundessteuerberaterkammer K.d.ö.R.
EU-Verbindungsbüro Brüssel
Autoren: Ronja Heydecke und Michael Schick
Einleitung: Der steuerberatende Beruf ist innerhalb der Europäischen Union derzeit sehr uneinheitlich reglementiert. Berufsrechtliche Regelungen weichen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich voneinander ab, soweit sie überhaupt existieren. Das Spektrum reicht von vollständiger Liberalisierung in manchen Ländern bis zu einem hohen Regulierungsgrad in anderen Ländern. Die Staaten mit einem hohen Regulierungsgrad zeichnen sich meistens durch ein strenges Berufsrecht in Form eines Gesetzes aus, das berufliche Pflichten und Verantwortlichkeiten etabliert, Sanktionsmöglichkeiten bei Zuwiderhandlungen vorsieht und eine berufliche Aufsicht sowie Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Selbstverwaltungskörperschaft vorschreibt. Diese Selbstverwaltungskörperschaften stehen in der Regel selbst unter der Aufsicht des Staates. Vorrangiges Ziel dieser Umfrage ist es, ein umfassendes Bild der bestehenden berufsrechtlichen Reglementierungen in Europa zu liefern, um Überschneidungen und Gemeinsamkeiten im berufsrechtlichen Sektor zu identifizieren. Die fehlende Harmonisierung und die breite Vielfalt der Reglementierungen machen es notwendig, zuerst eine umfassende Analyse der bestehenden Situation durchzuführen. Die Ergebnisse sollen unter anderem zur Beantwortung offener, von Politikern auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene aufgeworfener Fragen beitragen sowie dabei helfen, europäische Lösungen für die aufgrund mehrerer internationaler Steuerenthüllungen der letzten Jahre vermehrt in den Blick geratene Steuerberatungsbranche zu finden. Die Unterschiedlichkeit der Berufsrechte in Europa ist in erster Linie auf historische Entwicklungen, verschiedene berufsethische Traditionen und unterschiedliche Auffassungen im Hinblick auf die Rechtsstellung und das Berufsbild eines bestimmten Berufs zurückzuführen. 4 Folglich sind die berufsrechtlichen Systeme tief in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung verwurzelt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf diese fehlende Harmonisierung hingewiesen und demzufolge entschieden1 , dass die Mitgliedstaaten, solange es an einer Harmonisierung des Berufsrechts fehlt, selbst festlegen können, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung eines Berufs notwendig sind und befugt bleiben, die Voraussetzungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen festzulegen, weil diese Voraussetzungen bisher nicht auf Unionsebene harmonisiert worden sind. Vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Untersuchung des status quo in den jeweiligen Staaten von wesentlicher Bedeutung. Das EU-Verbindungsbüro der Bundessteuerberaterkammer hat daher die vorliegende europaweite Umfrage zur berufsrechtlichen Reglementierung der steuerberatenden Berufe in Europa ins Leben gerufen, die von Juni 2022 bis Januar 2023 lief. Die Umfrage trägt den Titel „Tax Professions in Europe“. Alle Teilnehmerländer wurden zu den allgemeinen Berufscharakteristika in ihren jeweiligen Ländern, den Berufszugangsbedingungen, beruflichen Organisationsstrukturen, bestehenden Registrierungserfordernissen, zum bestehenden berufsrechtlichen Rahmen für die Ausübung des Berufs, den verlangten beruflichen Verpflichtungen, der ausgeübten Berufsaufsicht und den anwendbaren Sanktionen sowie abschließend zu den grenzüberschreitenden Aktivitäten des Berufsstands befragt. […]
1 Urteil vom 17. Dezember 2015, X-Steuerberatungsgesellschaft, C-342/14, EU:C:2015:827, Rn. 44 und 45, hinsichtlich des Berufszugangs.
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