Der Norden setzt weiter auf Solidarität zwischen den Ländern
Die Finanzministerin, die Finanzminister und Finanzsenatoren der norddeutschen Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Hamburg haben sich heute auf Initiative des Hamburger Finanzsenators zur ersten „Nord-FMK“ im Hamburger Rathaus getroffen. Die Teilnehmenden haben sich zu aktuellen finanzpolitischen Themen ausgetauscht. Die Nordländer bekennen sich zur seit 2020 geltenden Neuregelung des Finanzkraftausgleichs (früher Länderfinanzausgleich) und erteilten der bayerischen Klageankündigung gegen den Finanzausgleich eine klare Absage. Das ist auch für Hamburg als Geberland eine Selbstverständlichkeit.
Auch für die von Bundesfinanzminister Christian Lindner geforderte weitere steuerliche Entlastung für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener sieht die Nord-FMK weder einen Anlass noch eine machbare Gegenfinanzierung. Gemeinsam hat sich die Nord-FMK für eine Erhöhung der Seehäfen-Finanzierung durch den Bund ausgesprochen. Die gemeinsame Kooperation soll ausgebaut werden – weiteres Beispiel wird sein, die Härtefallregelung für Öl- und Pelletheizungen für Privathaushalte weitgehend gemeinsam zu verwalten. Die Nord-FMK soll halbjährlich stattfinden, das nächste Mal im Herbst 2023 in Schwerin.
Ausgangspunkt der Auftaktberatungen in Hamburg war eine finanzpolitische Bestandsaufnahme im Norden. Alle Länder sind besser durch die Corona-Krise gekommen als ursprünglich angenommen, gleichwohl bleiben mit Blick zum Beispiel auf Auswirkungen der Energiekrise, Klimaschutz und Digitalisierung große finanzpolitische Herausforderungen. Dabei wurde die Solidarität zwischen den Ländern bestärkt und verabredet, sich weiterhin für eine stärkere finanzielle Unterstützung durch den Bund einzusetzen. So ist der Bund seiner Zusage, die Hälfte der von den Ländern nach dem Infektionsschutzgesetz zusätzlich zu zahlenden Verdienstausfallentschädigungen zu erstatten, trotz wiederholter Erinnerung nicht nachgekommen. Die Finanzressort-Chefs und Chefin haben ein klares Bekenntnis zum Finanzkraftausgleich abgelegt und deutliche Kritik an der Klageankündigung aus Bayern geäußert – zumal Bayern die Neuregelung des Finanzkraftausgleichs vor wenigen Jahren selbst mit verhandelt hat.
Sollte der Bund beim Thema kommunale Altschuldenregelung in diesem Jahr aktiv werden, muss zwischen Bund und Ländern ein breit getragener Konsens erarbeitet werden. Angesichts der großen finanzpolitischen Herausforderungen mahnen die Länder gemeinsam einen hinreichenden Investitionsrahmen an. Raum für weitere Steuerentlastungen für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener, auch mit Blick auf eine gerechte Lastenverteilung in der Krise, besteht nicht, darüber waren sich alle Teilnehmenden der Nord-FMK einig. So müsse der Solidaritätszuschlag erhalten beziehungsweise in den allgemeinen Einkommensteuertarif überführt werden. Auch eine Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftsteuer könne daher keine Priorität haben. Stattdessen sollten Gerechtigkeitslücken bei der Erbschaftsteuer in den Blick genommen werden.
Die Nord-FMK hat sich darauf verständigt, den Bund zu einer Erhöhung der Seehäfenfinanzierung aufzufordern. Im Bund müsse noch stärker erkannt werden, dass bei den deutschen Häfen in Nord- und Ostsee nationale Aufgaben und gesamtdeutsche Interessen wahrgenommen werden, so das deutliche Votum aus der Nord-FMK.
Schwerpunkt der ersten Nord-FMK war zudem der Ausbau der Kooperation zwischen den Ländern. Auf Basis eines Hamburger Angebots soll die Umsetzung der Härtefallregelungen für nicht leitungsgebundene Energieträger (Ölheizungen und Pellets) überwiegend gemeinsam im Nordländerverbund angegangen werden – ein weiteres Beispiel für gute Zusammenarbeit im Norden! Außerdem warb Hamburg für eine Optimierung des Schul- und Wissenschaftsbaus (unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lage in Flächenländern/Stadtstaaten) sowie der modularen Errichtung von Schulneubauten und schlug in diesem Zusammenhang eine Ausdehnung von Modellen, wie zum Beispiel Schulbau Hamburg vor. Vorgenommen wurde in der Nord-FMK auch ein Best-Practice-Austausch im Bereich der Beteiligungssteuerung.
Eine Bilanz hat die Nord-FMK auch beim Stand der Grundsteuerreform vorgenommen. Obwohl nicht in allen Ländern dasselbe Modell implementiert wird, wollen die Länder weiter die administrative Umsetzung in enger Abstimmung angehen – die unabgestimmte Last-Minute-Fristverlängerung in Bayern ist das Gegenteil davon. Die Nord-FMK appelliert an alle Bürgerinnen und Bürger, die trotz Fristablauf ihre Grundsteuererklärung noch nicht abgegeben haben, dieses so schnell wie möglich nachzuholen. Damit können sie Verspätungszuschläge, Zwangsgelder oder eine Schätzung des Grundsteuerwertes vermeiden. Gleichwohl müsse das Verfahren insgesamt Anlass sein, in der Steuerverwaltung und darüber hinaus, die Themen Modernisierung, Digitalisierung und Bürgerfreundlichkeit in der Verwaltung noch aktiver anzugehen. Auch in diesen Diskussionsprozess möchte sich die Nord-FMK in ihren weiteren Begegnungen aktiv einbringen.
Senator Dr. Andreas Dressel, Finanzbehörde Hamburg: „Uns Finanzministerinnen und Finanzminister im Norden verbindet nicht nur die räumliche Nähe, sondern auch eine vielfältige Zusammenarbeit zwischen den Ländern und Verwaltungen. Das wollen wir jetzt in einer Nord-Finanzministerkonferenz verstetigen und ausbauen. Der Bundesfinanzminister muss die Interessen von Ländern und Kommunen wieder verstärkt in seine Vorhaben einbeziehen – das hat 2022 an vielen Stellen leider nicht geklappt und kann nur besser werden. Wir bleiben bei der Solidarität unter den Ländern und stehen – trotz des mit über 800 Millionen Euro höchstem jemals geleistetem Beitrag – weiter zum Länderfinanzausgleich. Die Solidarität untereinander ist zu wichtig, um sie im Wahlkampf im bayerischen Bierzelt zu opfern. Und es muss bei Steuern und Finanzen gerecht zugehen. Starke Schultern müssen beim Bezahlen der vielen Krisenrechnungen mehr tragen – für eine weitere Entlastung von Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdienern sehen wir Finanzministerinnen und Finanzminister im Norden weder einen Anlass noch eine Gegenfinanzierung. Wir freuen uns, diese und andere Themen – wie vertiefte Kooperation im Norden – in Zukunft zweimal im Jahr weiter zu bewegen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen gute Lösungen im Norden, die nicht an Landesgrenzen halt machen. Dazu wollen und werden wir einen Beitrag leisten.“
Senator Dietmar Strehl, Senator für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen: „Die norddeutschen Länder haben viele gemeinsame Interessen. Ich denke insbesondere an die Herausforderungen, die der Klimawandel bringt. Für uns Küstenanrainer ist es überlebenswichtig, dass wir den Schutz des Klimas endlich mit voller Kraft voranbringen können. Dafür sind massive Investitionen notwendig. Bremen hat für den Klimaschutz ein drei-Milliarden-Paket auf den Weg gebracht, um diese Investitionen zu stemmen. Dafür nutzen wir die Ausnahmeregel der Schuldenbremse. Die Nord-FMK ist ein gutes Forum, um Finanzierungsmodelle für die anstehenden Herausforderungen zu besprechen und gemeinsame Positionen vor dem Bund zu vertreten.“
Minister Dr. Heiko Geue, Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern: „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Nordverbund ist für mich ein wichtiger Bestandteil guter Regierungsarbeit. Alle Themen, bei denen es um bürger- und unternehmensfreundlichen Bürokratieabbau geht – gerade auch mit Unterstützung von Digitalisierungsprojekten – wollen wir weiter vorantreiben.“
Minister Gerald Heere, Niedersächsisches Finanzministerium: „Es ist wichtig, dass wir dem Bund noch einmal gemeinsam ins Gedächtnis rufen, welche Zusage er im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen gemacht hat, die sich aus dem Infektionsschutzgesetz ergeben haben. Wir erwarten, dass er dieses Versprechen nun auch zeitnah einlöst. Denn wenn er dies nicht tut, fehlen diese Mittel den Ländern zur Bewältigung der aktuellen Krise. In Bezug auf die Schuldenbremse ist noch einmal deutlich geworden, dass diese zu unflexibel ist, um im komplexen finanziellen Zusammenspiel von Bund und Ländern den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Es ist daher unser Ziel, die Spielräume des europäischen Rahmens der Schuldenbremse endlich auch für die Bundesländer nutzbar zu machen sowie Möglichkeiten zur Finanzierung zusätzlicher Investitionen über Landesgesellschaften auszuloten.“
Ministerin Monika Heinold, Finanzministerium Schleswig-Holstein: „Die heutige Konferenz war eine gelungene Auftaktveranstaltung. Wir festigen den Zusammenhalt im Norden und bringen unsere gemeinsamen Ziele engagiert voran. Für mein Land ist es besonders wichtig, dass die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Kitas endlich dauerhaft und verlässlich geregelt wird. Eine erneute finanzielle Hängepartie ab dem Jahr 2025 würde der großen Herausforderung von Bildung und Betreuung nicht gerecht. Auch beim Arten- und Klimaschutz müssen sich Bund und Länder ihrer gemeinsamen Verantwortung stellen. Hierzu ist es notwendig, dass sich die Länder über mögliche Finanzierungsinstrumente unterhalten. So könnten sich die Länder gemeinsam dafür einsetzen, dass sie – wie der Bund – im Rahmen der Regeln der Schuldenbremse eine begrenzte Verschuldungsmöglichkeit erhalten die an Zukunftsinvestitionen geknüpft ist.“
(PM v. 10.02.2023)