Das BMF plant, zur Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme nebst zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung (TSE) weitreichende Änderungen im Anwendungserlass zu § 146a AO zu veröffentlichen. Der Änderungsvorschlag wirft jedoch teils mehr Fragen auf, als dass er Rechtssicherheiten schafft. In seiner Stellungnahme zum BMF-Entwurf fordert der DStV diverse Konkretisierungen und Klarstellungen.
Gerade einmal ein gutes Jahr ist vergangen, da die letzte Frist im Zusammenhang mit der mitunter recht holprigen Umrüstung elektronischer Kassen auf TSE abgelaufen ist. Schon droht neue Aufregung: Das BMF sieht weiteren Regelungsbedarf. Insbesondere in puncto Ausfall der TSE oder des elektronischen Aufzeichnungsgeräts seien Klarstellungen erforderlich. Enge Rahmenbedingungen für einen Notfallbetrieb sollen den sicheren Fortgang im Offline-Modus bei sog. Cloud-Kassen gewährleisten.
Der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) zeigt in seiner Stellungnahme S 12/22, dass verschärfte Anforderungen an Nachweispflichten vor allem eines sicherstellen: höheren Dokumentationsaufwand und zusätzliche Kosten auf Seiten der Anwender.
Ausfall/Störung der TSE: neue eindeutige Kennzeichnung auf dem Beleg erforderlich
Bereits derzeit gilt: „… der Ausfall der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung [muss] auf dem Beleg durch eine eindeutige Kennzeichnung ersichtlich sein.“ Bedurfte es hierfür bislang einer fehlenden Transaktionsnummer oder sonstigen eindeutigen Kennzeichnung, soll künftig der Zeitpunkt der letzten erfolgreichen Signatur die entscheidende Information darstellen.
Zwar sollen Kassensysteme, die diese Anforderungen nicht erfüllen, bis 31.12.2023 unter bestimmten Voraussetzungen weiterbetrieben werden können. Dennoch ist es aus Perspektive des DStV höchst bedauerlich, dass die Unternehmer lediglich für einen sehr kurzen zeitlichen Horizont auf die Akzeptanz der von ihnen angeschafften Systeme nebst technischen Vorgaben vertrauen können. Hier sollten zukünftig deutlich längere Zeithorizonte greifen.
Zugleich weist der DStV darauf hin: „Gut Ding will Weile haben“. Sind neue bzw. entsprechend aktualisierte Software-Lösungen nicht rechtzeitig und kostengünstig auf dem Markt, kommen am Ende stets die Steuerpflichtigen in Bedrängnis. Um etwaigem Umstellungschaos im Einzelhandel mitten im Weihnachtstrubel von vornherein vorzubeugen, fordert der DStV für die neuen Vorgaben eine großzügige Ausweitung des Nichtbeanstandungszeitraums etwa bis 31.12.2024.
Notfallbetrieb bei Cloud-Kassen: Verbindungsmaßstäbe lassen Anwender „aus allen Wolken fallen“
Für Cloud-Lösungen ist im BMF-Entwurf Folgendes geplant: „Sofern die Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems mit Kassenfunktion erfolgt, … [das] über eine Internet- oder andere Kommunikationsverbindung angebunden ist, stellt der Ausfall dieser Kommunikationsverbindung einen Ausfall des elektronischen Aufzeichnungssystems dar.“
Grundsätzlich vorausgesetzt wird, dass das elektronische Aufzeichnungssystem im normalen Betrieb stabil und störungsfrei läuft. Treten häufiger Störungen auf, seien das elektronische System oder die Einsatzumgebung entsprechend anzupassen.
Problematisch: Die digitale Infrastruktur in Deutschland ist vielerorts alles andere als stabil, Internetverbindungen selten dauerhaft störungsfrei. Gerade in ländlichen Regionen bereiten relativ langsame und mitunter durchaus schwankende Internetverfügbarkeiten Schwierigkeiten. Dabei ist es Aufgabe der Politik, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Via Verwaltungsanweisungen das Pflichtenheftchen der Unternehmer zu füllen und in Störungsfällen mitunter weitreichende Systemumstellungen zu fordern, erscheint an dieser Stelle nicht angemessen. Dies gilt einmal mehr, als dass der politische Beitrag – der im Koalitionsvertrag 2021 verkündete umfassende digitale Aufbruch – auf sich warten lässt. Insofern fordert der DStV praktikable und – insbesondere unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Internetversorgung – angemessene Vorgaben.
(Steuerberaterverband Westfalen-Lippe e. V. vom 12.8.2022)