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Document 32019L1937

Schutz von Personen, die Verstöße gegen das EU-Recht melden

Schutz von Personen, die Verstöße gegen das EU-Recht melden

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das EU-Recht melden

WAS IST DER ZWECK DER RICHTLINIE?

Sie beinhaltet die Regeln und Verfahren zum Schutz von „Hinweisgebern“, Einzelpersonen, die eine Meldung* der im Zusammenhang mit ihren Arbeitstätigkeiten erlangten Informationen über Verstöße* gegen das EU-Recht in wichtigen Politikbereichen machen. Zu den Verstößen gehören sowohl rechtswidrige Handlungen oder Unterlassungen als auch missbräuchliche Praktiken.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Die Richtlinie gilt für Meldungen über:

  • Verstöße gegen Vorschriften in den folgenden Bereichen (genau aufgeführt in Teil I des Anhangs)
    • öffentliches Auftragswesen;
    • Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte; Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung;
    • Produktsicherheit und -konformität;
    • Verkehrssicherheit im Eisenbahnsektor, im Straßenverkehr, im Seeverkehr und in der Binnenschifffahrt;
    • Umweltschutz, von der Abfallbewirtschaftung bis zu chemischen Stoffen;
    • Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit;
    • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz;
    • öffentliche Gesundheit, einschließlich Patientenrechte und Eindämmung des Tabakkonsums;
    • Verbraucherschutz;
    • Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, Sicherheit von Netz- und Informationssystemen;
  • Verstöße mit Auswirkung auf die finanziellen Interessen der EU;
  • Verstöße gegen die Binnenmarktvorschriften, einschließlich Verstöße gegen das EU-Wettbewerbsrecht und staatliche Beihilfen, sowie Verstöße gegen nationales Körperschaftsteuerrecht.

Mit der Richtlinie werden bestimmte EU-Gesetze, die bereits Vorschriften zur Weitergabe von Hinweisen (insbesondere in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Verkehrssicherheit und Umweltschutz) enthalten, ergänzt.

Die Richtlinie berührt nicht:

  • die Verantwortung der Mitgliedstaaten, die nationale Sicherheit zu gewährleisten;
  • die Anwendung von EU- oder nationalem Recht in Bezug auf Verschlusssachen, die anwaltlichen und ärztlichen Verschwiegenheitspflichten, das richterliche Beratungsgeheimnis oder das Strafprozessrecht;
  • die nationalen Vorschriften über die Wahrnehmung des Rechts von Arbeitnehmern, ihre Vertreter oder Gewerkschaften zu konsultieren.

Die Vorschriften gelten für eine Vielzahl von Menschen, die im privaten oder im öffentlichen Sektor tätig sind, einschließlich jene, die Informationen über Verstöße melden, von denen sie im Rahmen eines inzwischen beendeten Arbeitsverhältnisses Kenntnis erlangt haben:

  • Arbeitnehmer, Selbstständige, Anteilseigner, Personen, die dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens angehören, Freiwillige, Auszubildende und Bewerber;
  • Personen, die Hinweisgebern auf vertrauliche Weise helfen, Personen, die mit dem Hinweisgeber in Verbindung stehen und in einem beruflichen Kontext Repressalien* erleiden könnten, juristische Personen, mit denen der Hinweisgeber in Verbindung steht.

Hinweisgeber sind geschützt, wenn sie Informationen öffentlich machen, sofern:

  • sie zunächst (intern und) extern Meldung erstattet haben und keine Maßnahmen ergriffen wurden;
  • sie hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass eine unmittelbare oder offenkundige Gefahr für das öffentliche Interesse, die Gefahr von Repressalien oder die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Anliegen nicht angemessen behandelt wird, besteht.

Zu den Meldeverfahren gehören:

  • interne Kanäle: alle Privatunternehmen mit 50 oder mehr Arbeitnehmern und grundsätzlich alle öffentlichen Stellen müssen effektive Meldekanäle einrichten und für Vertraulichkeit sorgen; öffentliche Stellen mit weniger als 50 Arbeitnehmern und Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern können davon befreit werden;
  • externe Kanäle: zuständige nationale Behörden müssen Meldekanäle einrichten und für die Vertraulichkeit von Meldungen sorgen;
  • Maßnahmen zur Weiterverfolgung der Meldungen und Fristen für die Behandlung von durch interne und externe Kanäle erstatteten Meldungen. Hierzu zählen:
    • die Verpflichtung, die Identität des Hinweisgebers geheim zu halten, außer in strikt begrenzten Umständen;
    • Einklang mit den Datenschutzgesetzen der EU;
    • Dokumentation aller mündlich oder schriftlich erstatteten Meldungen.

Rechtsschutz

Um Anspruch auf Rechtsschutz zu haben, müssen Hinweisgeber:

  • hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass die gemeldeten Informationen den Rechtsvorschriften unterliegen und zum Zeitpunkt der Meldung der Wahrheit entsprechen;
  • den Verstoß der zuständigen Behörde durch die vorhandenen internen oder externen Kanäle melden. Hinweisgeber sollen bevorzugt Meldungen zunächst intern (innerhalb der Organisation) erstatten, wenn der Verstoß effektiv intern behandelt werden kann und wenn sie keine Repressalien befürchten müssen. Sie können jedoch selbst die Wahl treffen, ob sie die Meldung intern erstatten oder sich direkt extern an die zuständigen Behörden wenden.

Hinweisgeber:

  • sind vor jeglichen Formen von Repressalien geschützt, darunter Kündigung, Herabstufung, Einschüchterung und Erfassung auf einer „schwarzen Liste“;
  • erhalten Zugang zu entsprechenden unterstützenden Maßnahmen, insbesondere zu unabhängigen Informationen und Beratung sowie Prozesskostenhilfe gemäß den EU-Vorschriften über Prozesskostenhilfe in Strafverfahren und in grenzüberschreitenden Zivilverfahren;
  • erhalten Zugang zu geeigneten Abhilfemaßnahmen, z. B. einstweiligen Rechtsschutz und Haftungsausschluss für den Verstoß gegen Geheimhaltungsvereinbarungen in ihren Verträgen.

Die EU-Länder müssen:

  • dafür Sorge tragen, dass geeignete interne und externe Meldekanäle bereitgestellt werden;
  • notwendige Maßnahmen ergreifen, um Hinweisgeber vor möglichen Repressalien zu schützen;
  • das Recht auf wirksamen Rechtsbehelf, ein faires Gerichtsverfahren, die Unschuldsvermutung sowie die Verteidigungsrechte der in den Meldungen genannten Personen wahren;
  • wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen bestimmte Bestimmungen der Richtlinie festlegen, z. B. für Personen, die Meldungen behindern oder Repressalien gegen Hinweisgeber ergreifen;
  • die Richtlinie umsetzen und die Europäische Kommission bis zum 17. Dezember 2021 über die Umsetzungsmaßnahmen unterrichten; mit einer möglichen Ausnahme für die Umsetzung der Bestimmungen über die Verpflichtung von Privatunternehmen mit 50 bis 249 Arbeitnehmern interne Meldekanäle einzurichten bis zum 17. Dezember 2023;
  • der Kommission jährlich Statistiken über die Zahl der eingegangenen Meldungen, der eingeleiteten Untersuchungen sowie deren Ergebnisse übermitteln und über die finanziellen Folgen informieren.

Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat:

  • bis zum 17. Dezember 2023 einen ersten veröffentlichten und leicht zugänglichen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht der EU-Länder;
  • bis zum 17. Dezember 2025 einen zweiten Bericht über die Umsetzung der Richtlinie und etwaige notwendige Änderungen.

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Sie ist am 16. Dezember 2019 in Kraft getreten und muss bis zum 17. Dezember 2021 von den EU-Ländern in nationales Recht umgesetzt werden.

HINTERGRUND

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Meldung: die mündliche oder schriftliche Mitteilung von Informationen über Verstöße.
Verstoß: Handlung oder Unterlassung, die rechtswidrig ist oder dem Ziel der EU-Gesetzgebung zuwiderläuft.
Repressalien: direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen in einem beruflichen Kontext, durch die dem Hinweisgeber ein ungerechtfertigter Nachteil entstehen kann.

HAUPTDOKUMENT

Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17-56)

Nachfolgende Änderungen der Richtlinie 2019/1937/EU wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Letzte Aktualisierung: 02.05.2023

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