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Document 32019L1023

Restrukturierung, Insolvenz und Entschuldung

Restrukturierung, Insolvenz und Entschuldung

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie (EU) 2019/1023 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren

WAS IST DER ZWECK DIESER RICHTLINIE?

  • Ihr Ziel besteht darin, zahlungsunfähigen* Unternehmern* eine zweite Chance zu geben.
  • Sie macht den lebensfähigen Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten den frühzeitigen Zugang zu Restrukturierungsmaßnahmen leichter, um sie dadurch vor der Insolvenz zu retten.
  • Mit ihr wird die Richtlinie (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts betreffend Kapitalgesellschaften geändert.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Mit der Richtlinie werden Vorschriften festgelegt für:

  • die Restrukturierung* für Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten, um sie vor Insolvenz zu bewahren und ihre Bestandsfähigkeit sicherzustellen;
  • die Entschuldung insolventer Unternehmer;
  • Maßnahmen für effektivere Restrukturierungs-, Insolvenz*- und Entschuldungsverfahren.

Die Rechtsvorschriften sehen für den Schuldner vor:

  • ein Frühwarnsystem sowie Online-Informationen mit dem Hinweis auf eine mögliche Insolvenz. Dies kann beinhalten:
    • Benachrichtigung, wenn bestimmte Zahlungen nicht getätigt werden;
    • öffentliche und private Beratungsdienste;
    • Anreize für Dritte, zum Beispiel Wirtschaftsprüfer, Steuerbehörden oder Sozialversicherungsträger, um auf mögliche Probleme aufmerksam zu machen;
  • ein Präventionsprogramm, das es ihnen ermöglicht, ihre Finanzen zu restrukturieren, um Konkurs zu vermeiden und Arbeitsplätze und Geschäftstätigkeiten zu erhalten;
  • die Möglichkeit, die vollständige oder partielle Kontrolle über ihre Vermögenswerte und ihre täglichen Geschäftstätigkeiten während der Restrukturierungsmaßnahmen zu behalten;
  • eine Aussetzung von Einzelvollstreckungsmaßnahmen* für einen Höchstzeitraum von vier Monaten, mit einer möglichen Verlängerung um höchstens zwölf Monaten, währenddessen der Restrukturierungsplan verhandelt wird.

Restrukturierungspläne:

  • enthalten grundlegende Informationen wie die Identität des Schuldners und dessen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die betroffenen Parteien und die Bedingungen des Plans;
  • können von Schuldnern, Gläubigern und von Sachverständigen vorgelegt werden;
  • müssen von einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde als verbindlich bestätigt werden, wenn sie:
    • die Forderungen oder Beteiligung ablehnender betroffener Parteien beeinträchtigen;
    • eine neue Finanzierung vorsehen;
    • zum Verlust von mehr als 25 % der Arbeitsplätze führen;
  • beeinträchtigen nicht die individuellen und kollektiven Rechte der Arbeitnehmer, wie zum Beispiel das Recht auf Tarifverhandlungen und Arbeitskampfmaßnahmen, das Recht auf Unterrichtung und Anhörung.

Die EU-Länder

  • können zusätzliche Bedingungen für präventive Restrukturierungsmaßnahmen, die Aussetzung von Einzelvollstreckungsmaßnahmen, die Annahme von Restrukturierungsplänen und die Entschuldung geltend machen;
  • haben sicherzustellen, dass Zwischenfinanzierungen und neue Finanzierungen von Restrukturierungsmaßnahmen angemessen geschützt sind;
  • bieten insolventen Unternehmern mindestens ein Verfahren, das es ihnen ermöglicht, von ihren Schulden innerhalb von drei Jahren vollständig befreit zu werden;
  • stellen sicher, dass alle beruflichen Tätigkeitsverbote, die ein insolventer Unternehmer haben könnte, beseitigt werden, sobald sie von ihren Schulden befreit sind;
  • stellen den Justiz- und Verwaltungsbehörden und den Verwaltern auf dem Gebiet der Restrukturierung, der Insolvenz und der Entschuldung eine geeignete Ausbildung bereit;
  • sammeln jährlich Daten über verschiedene angewandte Verfahren.

Unternehmensleitungen, bei denen eine Insolvenz wahrscheinlich ist, müssen

  • die Interessen der Gläubiger, der Anteilsinhaber* und anderer Interessenträger berücksichtigen;
  • Maßnahmen zur Insolvenzvermeidung ergreifen;
  • von vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten Abstand nehmen, das die Bestandsfähigkeit des Unternehmens gefährdet.

Die Richtlinie gilt nicht für

Die Europäische Kommission hat spätestens am 17. Juli 2026 und danach alle fünf Jahre dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Umsetzung der Rechtsvorschriften vorzulegen.

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Die Richtlinie tritt in den EU-Ländern zum 17. Juli 2021 in Kraft, mit Ausnahme der Vorschriften für elektronische Kommunikation (Artikel 28), die zum 17. Juli 2024 und zum 17. Juli 2026 in Kraft treten.

HINTERGRUND

  • Die Kommission schätzt, dass jedes Jahr etwa 200 000 Firmen in der EU in Konkurs gehen, was zu einem Verlust von mehr als 1,7 Millionen Arbeitsplätzen führt.
  • Die neuen Regeln helfen den Unternehmen dabei, frühe Restrukturierungsmaßnahmen zu ergreifen, Innovationen zu fördern, und könnten 3 Millionen Arbeitsplätze schaffen. Forschungsergebnisse lassen darauf schließen, dass von „Re-Startern“ gegründete Unternehmen schneller wachsen in Bezug auf Umsatz und Arbeitsplätze als diejenigen, die von Einsteigern gegründet wurden.
  • Die neuen Regeln ergänzen die Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren über EU-Grenzen hinweg.
  • Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Zahlungsunfähige(r): eine Person, die nach einem Gerichtsverfahren für insolvent erklärt wurde.
Unternehmer: eine Einzelperson, die einen Handel oder ein Gewerbe betreibt, ein Handwerk oder einen Beruf ausübt.
Restrukturierung: Änderung der Zusammensetzung, der Bedingungen oder der Struktur der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten eines Schuldners.
Insolvenz: eine Finanzlage, in der ein Unternehmen oder eine Einzelperson nicht in der Lage ist, ihre Schulden fristgerecht zu bedienen.
Aussetzung von Einzelvollstreckungsmaßnahmen: das vorübergehende Ruhen des Rechts eines Gläubigers, eine Forderung gegen einen Schuldner durchzusetzen.
Anteilsinhaber: jemand, einschließlich eines Aktionärs, der eine Beteiligung an einem Schuldner oder an einem Unternehmen des Schuldners hält.

HAUPTDOKUMENT

Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) (ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 18-55)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (kodifizierter Text) (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 46-127)

Nachfolgende Änderungen der Richtlinie (EU) 2017/1132 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19-72)

Siehe konsolidierte Fassung.

Letzte Aktualisierung: 08.01.2020

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