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Document 32017L1132

Bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts betreffend Kapitalgesellschaften

Bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts betreffend Kapitalgesellschaften

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie (EU) 2017/1132 – Kodifizierung bestimmter Aspekte des Gesellschaftsrechts betreffend Kapitalgesellschaften

WAS IST DER ZWECK DER RICHTLINIE?

Die Richtlinie (EU) 2017/1132 fasst einen großen Teil der Vorschriften des Gesellschaftsrechts der Europäischen Union (EU) in einer einzigen Richtlinie zusammen. Sie befasst sich mit Fragen wie der Gründung, Kapitalanforderungen und der Offenlegung sowie Vorgängen (z. B. Verschmelzungen und Spaltungen) von bzw. in Unternehmen.

Ursprünglich kodifizierte sie sechs frühere EU-Richtlinien zum Gesellschaftsrecht (Richtlinien 82/891/EWG, 89/666/EWG, 2005/56/EG, 2009/101/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU), ohne deren Inhalt zu ändern.

Seitdem wurde diese Richtlinie durch die Richtlinie 2019/1151 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht und durch die Richtlinie 2019/2121 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen geändert. Sie wurde zudem durch die Richtlinie (EU) 2019/1023 geändert, um den Mitgliedstaaten die konkrete Möglichkeit zu bieten, Ausnahmen von bestimmten Artikeln der Richtlinie (EU) 2017/1132 zuzulassen, wenn dies zur Festlegung präventiver Restrukturierungsrahmen erforderlich ist.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Die Richtlinie (EU) 2017/1132 fasst Vorschriften zu folgenden Fragen zusammen:

  • die Gründung von Aktiengesellschaften*, die Feststellung der Wirksamkeit ihrer eingegangenen Verpflichtungen und der Nichtigkeit sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals;
  • die Online-Gründung von Unternehmen und Zweigniederlassungen und die Einreichung von Informationen über eine Gesellschaft bei den Unternehmensregistern vollständig online, d. h. ohne persönlich bei den zuständigen Behörden erscheinen zu müssen, einschließlich Schutzvorkehrungen (z. B. die Möglichkeit, in Ausnahmefällen physische Anwesenheit zu verlangen);
  • Offenlegung von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Allgemeinen und von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegen, oder von gleichwertigen Nicht-EU-Gesellschaften errichtet wurden;
  • Vorschriften über das System der Vernetzung von Unternehmensregistern, das die nationalen Unternehmensregister miteinander verbindet und Informationen über Kapitalgesellschaften* der Öffentlichkeit über einen einzigen Zugangspunkt, das europäische E-Justiz-Portal, zur Verfügung stellt und sichere Mittel für den Austausch von Informationen zwischen Unternehmensregistern (z. B. über Zweigniederlassungen, grenzüberschreitende Tätigkeiten, ausgeschlossene Geschäftsführer) bietet;
  • Verschmelzungen und Spaltungen von Aktiengesellschaften innerhalb eines Mitgliedstaats (Schritte des Verschmelzungs-/Spaltungsvorgangs und für eine Verschmelzung/Spaltung erforderliche Urkunden, Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Verschmelzung/Spaltung und ihre Folgen, Schutzvorkehrungen für Dritte wie Gläubiger, Minderheitsaktionäre und Arbeitnehmer);
  • Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen von Aktien- und Kapitalgesellschaften mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten (anwendbare Bedingungen, Schritte des Verfahrens für grenzüberschreitende Vorgänge, einschließlich obligatorischer Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung, um sicherzustellen, dass keine Vorgänge genehmigt werden, wenn sie zu missbräuchlichen, betrügerischen oder kriminellen Zwecken durchgeführt werden, für einen grenzüberschreitenden Vorgang erforderliche Urkunden, Schutzvorkehrungen für Minderheitsaktionäre, Gläubiger und Arbeitnehmer, wenn ein grenzüberschreitender Vorgang wirksam wird, und deren Folgen).

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

  • Die Richtlinie (EU) 2017/1132 ist am 20. Juli 2017 in Kraft getreten. Da sie bestehende Rechtsvorschriften kodifiziert, ist keine zusätzliche Umsetzung durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht erforderlich. Die Fristen, innerhalb derer die aufgehobenen Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden mussten, sind in Anhang III wiedergegeben.
  • Die durch die Richtlinie (EU) 2019/1023 eingeführten Änderungen sind am 16. Juli 2019 in Kraft getreten.
  • Die durch die Richtlinie (EU) 2019/1151 eingeführten Änderungen sind am 31. Juli 2019 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten mussten diese Richtlinie bis August 2021 umsetzen (mit einer längeren Frist für einige spezifische Bestimmungen). Einige Mitgliedstaaten nutzten die in der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit, die Umsetzungsfrist um ein Jahr, d. h. bis August 2022, zu verlängern.
  • Die durch die Richtlinie (EU) 2019/2121 eingeführten Änderungen sind am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten müssen diese Richtlinie bis Januar 2023 umsetzen.

HINTERGRUND

Unter Kodifizierung versteht man das Zusammenführen eines Rechtsakts – oder von zwei oder mehr verbundenen Rechtsakten – und aller damit zusammenhängenden Änderungen in einem einzigen neuen Rechtsakt, ohne dass dabei tatsächliche Änderungen vorgenommen werden. Im Bereich des Gesellschaftsrechts, wo die einschlägigen Vorschriften auf viele verschiedene Rechtsakte verteilt sind und die ersten Richtlinien aus den 1960er und 1970er Jahren stammen und seitdem zahlreiche Änderungen vorgenommen worden sind, war es für die Anwender nicht einfach, einen klaren Überblick über das EU-Recht in diesem Politikbereich zu haben. In der Richtlinie (EU) 2017/1132 werden nun die durch die aufgehobenen Richtlinien festgelegten Vorschriften zusammengefasst, ohne dass deren Inhalt geändert wird oder neue Vorschriften hinzugefügt werden.

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Aktiengesellschaft. Eine Kapitalgesellschaft, die der breiten Öffentlichkeit Anteile angeboten hat.
Kapitalgesellschaft. Eine Gesellschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt und über gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.

HAUPTDOKUMENT

Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (kodifizierter Text) (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 46-127).

Nachfolgende Änderungen der Richtlinie (EU) 2017/1132 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

VERBUNDENE DOKUMENTE

Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – Dritter Teil – Die internen Politiken und Maßnahmen der Union – Titel IV – Die Freizügigkeit, der freie Dienstleistungs- und Kapitalverkehr – Kapitel 2 – Das Niederlassungsrecht – Artikel 50 (ex-Artikel 44 EGV) (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 68).

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1-88).

Siehe konsolidierte Fassung.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Aktionsplan: Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen (COM(2012) 740 final vom 12.12.2012).

Letzte Aktualisierung: 02.02.2022

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