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Document 32019L0944

Elektrizitätsbinnenmarkt (ab 2021)

Elektrizitätsbinnenmarkt (ab 2021)

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie (EU) 2019/944 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt

WAS IST DER ZWECK DIESER RICHTLINIE?

  • Mit ihr werden Vorschriften für die Erzeugung, Übertragung, den Vertrieb, die Versorgung und Speicherung von Strom umrissen, und das zusammen mit Aspekten des Verbraucherschutzes, mit dem Ziel, integrierte wettbewerbsfähige, kundenorientierte, flexible, faire und transparente Elektrizitätsmärkte in der EU zu schaffen.
  • Unter anderem enthält die Richtlinie Vorschriften für die Endkundenelektrizitätsmärkte, wohingegen die Verordnung (EU) 2019/943, die zur selben Zeit angenommen wurde, vor allem die Vorschriften für den Großhandelsmarkt und den Netzbetrieb enthält.
  • Mit der Richtlinie wird die Richtlinie 2009/72/EG (siehe Zusammenfassung Elektrizitätsbinnenmarkt) zum 1. Januar 2021 aufgehoben.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Verbraucherrechte

Mit der Richtlinie werden die bestehenden Verbraucherrechte erläutert und bestärkt und neue Rechte eingeführt:

  • das Recht auf die freie Wahl eines Versorgers und Beschränkungen beim Wechsel des Versorgers und Ausgangsgebühren, außer wenn Verträge mit einer festen Laufzeit und einem festen Preis vor ihrem Ablaufdatum beendet werden;
  • das Recht auf mindestens ein Vergleichsinstrument, das bestimmte Vertrauensanforderungen erfüllt; konforme privat betriebene Instrumente können mit einem Vertrauenszeichen vergeben werden;
  • das Recht auf den Eintritt in eine Bürgerenergiegemeinschaft bei Bewahrung vollständiger Verbraucherrechte, einschließlich des Rechts, die Gemeinschaft straffrei zu verlassen;
  • das Recht auf einen Vertrag mit einem dynamischen Preis (auf der Grundlage von Preisen auf dem Spotmarkt oder dem Day-Ahead-Markt) von mindestens einem Versorger und jedem Versorger mit mehr als 200 000 Kunden sowie das Recht auf den Erhalt von Informationen über die anhängigen Möglichkeiten und Risiken;
  • das Recht auf einen von der Stromversorgung unabhängigen Aggregierungsvertrag;
  • das Recht auf Produktion, Verbrauch, Speicherung und Verkauf von Strom, individuell oder über einen Aggregator*;
  • das Recht auf den Einbau eines intelligenten Messsystems innerhalb von 4 Monaten, während die EU-Länder die Einführung intelligenter Messsysteme gewährleisten müssen, außer wenn es noch nicht als kosteneffizient erachtet wird;
  • das Recht von Energiearmut betroffener oder benachteiligter Kunden auf gezielten Schutz, aber mit regulierter Preissetzung, die nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist;
  • das Recht der Kunden, denen eine Stromsperre droht, auf den Erhalt von Informationen über Alternativen, wie zum Beispiel Zahlungsplan oder Moratorium, und das im Voraus.

Abrechnung

  • Rechnungen müssen eindeutig, korrekt, prägnant und auf eine Art dargestellt sein, die den Vergleich erleichtert.
  • Abrechnungsinformationen sind mindestens alle sechs Monate oder– auf Verlangen oder wenn sich der Kunde für eine elektronische Abrechnungsübermittlung entschieden hat – einmal alle drei Monate bereitzustellen und mindestens einmal im Monat, wenn die Messgeräte fernabgelesen werden können.

Aggregatoren

Die EU-Länder müssen

  • sicherstellen, dass Aggregatoren den Kunden Aggregierungsverträge anbieten können, ohne dass diese Kunden die Erlaubnis ihres Versorgers einholen müssen;
  • die faire Beteiligung der Aggregatoren an allen Elektrizitätsmärkten sicherstellen und dass die Betreiber des Übertragungs- und Verteilersystems die Aggregatoren genauso behandeln wie andere Marktteilnehmer, einschließlich des Falles, wenn sie Leistungen in Anspruch nehmen;
  • transparente Regeln der Aufgaben- und Kompetenzzuordnung für alle Marktteilnehmer einführen und Vorschriften für den Austausch von Daten zwischen den Marktteilnehmern festlegen;
  • Regeln einführen für den Ausgleich zwischen den Aggregatoren und den Versorgern, wenn die Aktivierung der Laststeuerung ein Ungleichgewicht verursacht; ein solcher Ausgleich muss strikt die entstehenden Kosten decken, und die Berechnung eines solchen Ausgleichs kann die systematischen Vorzüge der Laststeuerung berücksichtigen.

Bürgerenergiegemeinschaften

  • sind durch Anteilseigner oder Mitglieder kontrollierte Rechtspersonen auf der Grundlage einer freiwilligen und offenen Teilnahme, die das Recht haben auf Erzeugung, Vertrieb, Lieferung, Verbrauch von Energie, Energieeffizienzdienste oder Ladedienste für Elektrofahrzeuge, oder die ihren Mitgliedern oder Anteilseignern anderweitige Energiedienste anbieten;
  • haben das Recht auf die Anbindung an die Verteilernetze und darauf, auf eine nichtdiskriminierende Art und Weise behandelt zu werden bezüglich Regulierung oder Zugang zu allen Elektrizitätsmärkten;
  • haben das Recht, ihre eigene Stromproduktion mit ihren Mitgliedern zu teilen, und das auf der Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse der vertriebenen Energiequellen;
  • haben das Recht, die Vertriebsnetze, die Gegenstand der anzuwendenden Vorschriften sind, zu besitzen, einzurichten, zu kaufen oder zu leasen, sofern dies von dem betreffenden EU-Land erlaubt ist.

Zugang zu Daten und Interoperabilität

  • Mit der Richtlinie werden die Vorschriften für den Zugang zu Mess-, Verbrauchs- und Erzeugungsdaten von den Netzbetreibern, Verbrauchern, Lieferanten und Dienstleistungsanbietern aktualisiert. Zudem soll mit der Richtlinie erreicht werden, dass die Europäische Kommission Interoperabilitätsvorschriften im Sekundärrecht festlegt, die den Datenaustausch erleichtern sollen.
  • Datenverwalter müssen einen nichtdiskriminierenden Zugang zu Daten aus dem intelligenten Messsystem sicherstellen, und das in Einklang mit den Vorschriften zum Datenschutz.

Elektromobilität

  • Die EU-Länder müssen einen Regulierungsrahmen einrichten, um die Anbindung der Ladepunkte für Elektrofahrzeuge an das Vertriebsnetz zu erleichtern.
  • Den Verteilernetzbetreibern* wäre der Besitz, die Errichtung, die Verwaltung oder der Betrieb von Ladepunkten nur dann erlaubt, wenn kein anderes Subjekt sein Interesse an einem offenen Ausschreibungsverfahren bekundet, das Gegenstand einer regulatorischen Genehmigung ist und in Einklang mit den Vorschriften für den Zugang Dritter steht.

Verteilernetzbetreiber:

  • sind verantwortlich für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Systems, eine angemessene Nachfrage nach Verteilung von Elektrizität zu decken, einschließlich einer kosteneffizienten Integrierung neuer Stromerzeugungsanlagen und insbesondere derjenigen, die Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugen, und sie müssen die Systemnutzer mit allen Informationen versorgen, die für einen effizienten Zugang und eine effiziente Nutzung des Systems notwendig sind;
  • müssen Netzentwicklungspläne veröffentlichen, die die geplanten Investitionen für die kommenden fünf bis zehn Jahre festlegen;
  • müssen, wenn sie Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, zumindest in Bezug auf ihre Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt unabhängig sein von anderen Tätigkeitsbereichen, die nicht mit dem Vertrieb zusammenhängen;
  • dürfen nicht Eigentümer von Energiespeicheranlagen sein bzw. diese Anlagen nicht errichten, verwalten oder betreiben, mit Ausnahme von Fällen, in denen bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Übertragungsnetzbetreiber*:

  • müssen auf lange Sicht die Fähigkeit des Netzes sicherstellen, die Nachfrage nach Elektrizität zu befriedigen, und das in enger Zusammenarbeit mit benachbarten Übertragungsnetzbetreibern und Verteilernetzbetreibern;
  • müssen den sicheren Betrieb des Systems sicherstellen, einschließlich des Erhalts des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage im Elektrizitätsbereich;
  • dürfen nicht Eigentümer von Energiespeicheranlagen sein bzw. diese Anlagen nicht errichten, verwalten oder betreiben, und zwar unter denselben Bedingungen, die auch für die Verteilernetzbetreiber gelten.

Nationale Energieregulierungsbehörden:

Saubere Energie

Diese Richtlinie ist Teil des Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“.

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Die Richtlinie tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

Mit der Richtlinie (EU) 2019/944 wird die Richtlinie 2009/72/EG geändert und ersetzt. Sie muss bis zum 31. Dezember 2020 von den EU-Ländern in nationales Recht umgesetzt werden.

Die in der ursprünglichen Richtlinie 2009/72/EG enthaltenen Vorschriften mussten in den EU-Ländern bis 2011 in nationales Recht umgesetzt werden.

HINTERGRUND

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Aggregator: eine natürliche oder juristische Person, die mehrere Kundenlasten oder erzeugte Elektrizität zum Kauf, Verkauf oder zur Versteigerung auf einem Elektrizitätsmarkt bündelt.
Verteilernetzbetreiber: eine natürliche oder juristische Person, die verantwortlich ist für den Betrieb und den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach Verteilung von Elektrizität zu decken.
Übertragungsnetzbetreiber: eine natürliche oder juristische Person, die verantwortlich ist für den Betrieb und den Ausbau des Übertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität zu decken.

HAUPTDOKUMENT

Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (Neufassung) (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125-199)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 1-21)

Verordnung (EU) 2019/942 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 22-53)

Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 54-124)

Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 663/2009 und (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/31/EG, 2009/73,/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2009/119/EG und (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 1-77)

Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82-209)

Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 55-93)

Nachfolgende Änderungen der Richtlinie 2009/72/EG wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Letzte Aktualisierung: 01.10.2019

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