EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32001D0712

2001/712/EG: Entscheidung der Kommission vom 6. Juni 2001 über die Beihilferegelung "Regionale Wagniskapitalfonds" (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 1547)

ABl. L 263 vom 3.10.2001, p. 28–36 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2001/712/oj

32001D0712

2001/712/EG: Entscheidung der Kommission vom 6. Juni 2001 über die Beihilferegelung "Regionale Wagniskapitalfonds" (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 1547)

Amtsblatt Nr. L 263 vom 03/10/2001 S. 0028 - 0036


Entscheidung der Kommission

vom 6. Juni 2001

über die Beihilferegelung "Regionale Wagniskapitalfonds"

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 1547)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2001/712/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln(1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1. DAS VERFAHREN

(1) Mit Schreiben vom 26. Mai 2000, Eingangsvermerk vom 7. Juni 2000, hat das Vereinigte Königreich bei der Kommission die Regelung "Regionale Wagniskapitalfonds" angemeldet. Weitere Auskünfte übermittelte es der Kommission mit Schreiben vom 21. August 2000, Eingangsvermerk vom 24. August 2000.

(2) Mit Schreiben vom 7. November 2000 teilte die Kommission dem Vereinigten Königreich ihren Beschluss mit, wegen dieser Regelung das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten. Die britischen Behörden antworteten darauf mit Schreiben vom 29. November 2000, Eingangsvermerk vom 1. Dezember 2000.

(3) Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht(2). Die Kommission hat die Beteiligten aufgefordert, sich dazu zu äußern.

(4) Die Stellungnahmen, die die Kommission von Beteiligten erhalten hat, sind dem Vereinigten Königreich zugeleitet worden, das mit Schreiben vom 23. März 2001, Eingangsvermerk vom 26. März 2001, und 2. Mai 2001, Eingangsvermerk vom selben Tag, hierzu seine Bemerkungen abgegeben hat.

2. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER REGELUNG

(5) Zweck der Regelung ist die Schließung einer Lücke in der Bereitstellung von Beteiligungskapital auf regionaler Ebene, die für Investitionen zwischen 100000 und 500000 GBP (ca. 160640-800000 EUR) in kleine und mittlere Unternehmen (KMU) besteht.

(6) Nach Auskunft der britischen Behörden besteht der Grund für diese "Finanzierungslücke" in den relativ hohen Festkosten für die Vergütung von Investmentmanagern. Diese Kosten wie auch die unmittelbaren Kosten der Beteiligungsprüfung und der Erstellung der gesetzlichen Unterlagen verringern sich nicht proportional zu den Investitionen und können unter Umständen noch steigen. Dies motiviert Risikokapitalfirmen zu größeren Investitionen in etabliertere Unternehmen, um die Kosten bezogen auf den Investitionswert niedrig zu halten, möglichst hohe Renditen zu erzielen und die Managementbelastungen für die Investoren zu senken. Daher versuchen Kapitalgeber Anlagemöglichkeiten zu finden, bei denen ein so außergewöhnliches Wachstum erwartet wird, dass die Kapitalgewinne die sehr hohen Anfangskosten mehr als wettmachen. Deshalb verhalten sich private Anleger - so die britischen Behörden - eher zurückhaltend, wenn es um Investitionen in Unternehmen geht, die eine Beteiligungsfinanzierung von weniger als 500000 GBP (ca. 800000 EUR) benötigen und nicht im Spitzentechnologiebereich angesiedelt sind. Zudem habe es sich für KMU mit Standort weit außerhalb Londons als schwieriger erwiesen, Risikokapital zu erhalten, was ein Grund für den regionalen Ansatz sei.

(7) Rechtsgrundlage für die Regelung "Regionale Wagniskapitalfonds" ist Section 8 des Industrial Development Act von 1982.

(8) Die britischen Behörden planen die Einrichtung von mindestens einem regionalen Wagniskapitalfonds in jeder englischen Region.

(9) Die Laufzeit der Regelung beträgt anfangs vier Jahre, während die Regionalfonds zehn bis zwölf Jahre bestehen bleiben sollen.

(10) Für die ersten drei Jahre sind Haushaltsmittel in Höhe von 50 Mio. GBP (ca. 80 Mio. EUR) vorgesehen, während private Investoren bis zum Fünffachen des Betrages aufbringen sollen. Die Regierung hält an jedem Fonds eine Minderheitsbeteiligung.

Die Auswahl der Fondsmanager und die Einrichtung der Fonds

(11) Eine Person, die einen Fonds in einer bestimmten Region einrichten will, wird Sponsor genannt. Dabei kann es sich um eine natürliche oder eine juristische Person, etwa eine Regionalentwicklungsbehörde, handeln. Der Sponsor sucht mittels einer gemeinschaftsweiten Ausschreibung nach einem Manager für den Fonds(3). Jeder, der sich an der Ausschreibung beteiligt, muss über eine Zulassung der Financial Services Authority (Finanzdienstleistungsbehörde) verfügen und nach den Leitlinien der British Venture Capital Association arbeiten. Erfahrungen und eine erfolgreiche Tätigkeit im Fondsmanagement in dem von der "Finanzierungslücke" betroffenen Teil des Marktes werden hauptsächlich über die Ernennung entscheiden. Kenntnisse der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten könnten von potentiellen Sponsoren möglicherweise mit berücksichtigt werden, doch stellen mangelnde Erfahrungen in einer bestimmten Region für einen potentiellen Fondsmanager allein keinen Hinderungsgrund für eine Beteiligung an einer Ausschreibung in der betreffenden Region dar. Nach Auffassung der britischen Behörden würde es den offenen Wettbewerb um die Ernennung von Fondsmanagern einschränken, wenn unbedingt Nachweise für vorhandene Erfahrungen in der jeweiligen Region erbracht werden müssten. Potentielle Fondsmanager müssen jedoch Konzepte vorweisen können, damit sichergestellt ist, dass ihre Sachkenntnis in der Region von Nutzen sein kann.

(12) Die regionalen Wagniskapitalfonds werden nach kaufmännischen Gesichtspunkten von professionellen Fondsmanagern verwaltet, deren Tätigkeit im Rahmen der Financial Services Authority, der Investment Management Regulatory Organisation und der British Venture Capital Association geregelt ist.

(13) Der ausgewählte Fondsmanager führt dann eine Ausschreibung für private Fondsanleger durch. Der Sponsor, der Fondsmanager und potentielle private Anleger handeln die Bedingungen für die privatwirtschaftlichen Investitionen aus. Als nächster Schritt folgt eine öffentliche Ausschreibung, bei der die Sponsoren in England beim Staat die Gebote einreichen, die sie mit ihren Anlegern abgestimmt haben. Eines der Auswahlkriterien beim Ausschreibungsverfahren wird sein, bis zu welcher Höhe potentielle Kapitalgeber die Zurückstellung von Renditeansprüchen des Staates verlangen. Sponsoren müssen in ihren Geboten darlegen, warum sie der Meinung sind, dass der von ihnen angestrebte Grad und die Art der Nachrangigkeit das Minimum ist, das benötigt wird, um private Geldgeber anzulocken.

(14) Die besten Gebote werden von einem Independent Appraisal Board, einem Unterausschuss der neu gebildeten Small Business Investment Taskforce (SBIT), ausgewählt. Ihm werden Experten für Wagniskapitalfragen, erfahrene institutionelle Anleger, Finanzinstitute, die Regionalentwicklungsbehörden und Wagniskapitalgeber angehören. Die endgültige Entscheidung über die Einbringung öffentlicher Gelder in einen Fonds liegt beim Staat. In der Praxis folgt die Entscheidung zur Anlage in der Regel der Empfehlung des Boards.

Die Investitionen

(15) Sämtliche Investitionen werden in Form von Beteiligungen erfolgen, d. h. durch Stammaktien, Vorzugsaktien oder kumulativen Vorzugsaktien usw. Die Hoechstsumme, die in ein Unternehmen investiert werden kann, liegt im Prinzip bei 500000 GBP (ca. 800000 EUR) (siehe auch Randnummer 5 zweiter Gedankenstrich).

(16) Die Regionalfonds dürfen nur in kleine und mittlere Unternehmen investieren, die der Definition der Kommission(4) entsprechen und nicht in Schwierigkeiten sind. Ferner dürfen die Fonds nicht in KMU investieren, die nicht den gesetzlichen, moralischen oder ethischen Normen entsprechen, oder in Unternehmen, die in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführte Waren herstellen, verarbeiten oder in Verkehr bringen.

(17) Grob geschätzt werden jedes Jahr etwa 300 KMU Investitionen erhalten können. In bestimmten Wirtschaftszweigen(5) jedoch, die als risikoarm gelten und offenbar keine Förderung durch die öffentliche Hand benötigen, dürfen die Fonds keine Investitionen tätigen.

Die Kapitalrendite

(18) Die Fondsmanager werden die Investitionen nach kaufmännischen Gesichtspunkten vornehmen. Gerechnet wird mit einem internen Zinsfuß von mindestens 12 %, was nach Aussage der britischen Behörden den derzeit verfügbaren Zahlen über die Investitionen in diesem Bereich entspräche. Die Regierung verspricht sich im Prinzip eine marktübliche Investitionsrendite, doch kann dieser Anspruch gegenüber dem Renditeanspruch privater Anleger mindestens soweit zurücktreten, dass damit der Wagniskapitalfonds überhaupt erst zustande kommt. Wie dies im Einzelnen aussieht, wird von den Geboten abhängen, die im Zuge der Ausschreibung eingehen. Denkbar sind auch öffentliche Bürgschaften für andere Anleger.

(19) Rechtsform der Regionalfonds wird die Kommanditgesellschaft ("Limited Partnership") sein. Die entsprechenden Gesellschaftsverträge beinhalten in aller Regel eine Bestimmung zur Gewinnbeteiligung der Manager, bei der eine "Rentabilitätshürde" (Hurdle Rate) eingebaut ist, die der Manager nehmen muss, um eine Sondervergütung zu erhalten. Diese Bestimmung wird aus Sponsoren- und Anlegersicht ausgehandelt, so dass die Hurdle Rate erreichbar, aber doch nicht zu niedrig ist und somit für die Fondsmanager einen Anreiz bildet.

Verpflichtungen

(20) Für den Fall, dass ein Regionalfonds als Form der Zurückstellung von staatlichen Renditeansprüchen die öffentliche Bürgschaft wählt, hat sich die britische Regierung zur Befolgung der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften(6) verpflichtet.

(21) Die britischen Behörden haben für die staatliche Beteiligung an einem regionalen Wagniskapitalfonds eine formale Hoechstgrenze von 50 % festgelegt.

(22) Die britischen Behörden werden dafür Sorge tragen, dass die regionalen Wagniskapitalfonds nicht in Unternehmen investieren, die in sensiblen Sektoren tätig sind, für die besondere Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen gelten. Die Regionalfonds werden nicht in Unternehmen investieren, die in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführte Waren herstellen, verarbeiten oder in Verkehr bringen.

3. DIE GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

Mangelhafter Nachweis eines Marktversagens

(23) Die Kommission hatte generelle Zweifel am Anreizeffekt der angemeldeten Regelung. Die britischen Behörden hatten in der Anmeldung u. a. angegeben, dass der British Venture Capital Association 15 Mitglieder aus ganz England angehörten, die weniger als 250000 GBP (ca. 400000 EUR) investierten und deren durchschnittliches Investitionsvolumen bei höchstens 500000 GBP lag (außer im Spitzentechnologiebereich). Daher hatte die Kommission Zweifel, ob tatsächlich ein Marktversagen vorlag.

Mögliches Vorhandensein von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen an die privaten Kapitalgeber

(24) Der Staat geht davon aus, dass er seine Renditeansprüche in jedem Falle zurückstellen muss. Diese Bedingungen entsprechen nicht denen rein kommerzieller Investitionen, so dass die Kommission zu der Auffassung gelangte, der Staat handelte nicht als privater Investor unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Da die Finanzmärkte international sind, war die Kommission der Meinung, dass die den privaten Investoren gewährten Vorteile den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten.

(25) In der Regelung werden die Beihilfen zugunsten der privaten Investoren nicht in Beziehung zu Aufwendungen gebracht, die als beihilfefähige Kosten gelten könnten. Ferner sind zwar die Förderung von KMU und die Regionalentwicklung Gemeinschaftsziele, doch war sich die Kommission nicht sicher, ob die vorliegende Regelung gewährleistet, dass sich die Beihilfe auf das zur Erreichung dieser Zeile notwendige Mindestmaß beschränkt. Der Grund dafür war, dass die Ausschreibung laut Anmeldung auf England beschränkt sein würde. Daraufhin bezweifelte die Kommission auch, dass etwaige Beihilfen zugunsten von Investoren mit den Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen vereinbar wären. Darüber hinaus könnte durch eine regionale Begrenzung der Ausschreibung auch eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 43 EG-Vertrag (Niederlassungsfreiheit) und/oder Artikel 56 EG-Vertrag (freier Kapitalverkehr) vorliegen.

Mögliches Vorhandensein von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen an die KMU, die Mittel für Investitionen erhalten

(26) Die KMU, in die die Regionalfonds investieren, werden Zugang zu Beteiligungskapital erhalten, das ihnen ansonsten nicht zur Verfügung gestanden hätte, zumindest nicht, wenn der Kapitalmarkt hier eine echte Lücke aufweist. Die Mittel dazu stammen teilweise von der öffentlichen Hand, und das private Kapital jedes Fonds ist dank der staatlichen Beihilfen aufgebracht worden, die an die privaten Investoren gewährt wurden. Dies könnte den Schluss nahe legen, dass das Kapital zu Konditionen gewährt wurde, die für einen privaten Investor nicht akzeptabel wären, und dass Fondsmanager nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten investieren. Die begünstigten KMU werden ihre Wettbewerbsposition stärken können, was den Wettbewerb zu verfälschen droht und möglicherweise den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigt, da die Empfänger am internationalen Handel teilnehmen können.

(27) In der Regelung ist keine ausdrückliche Verpflichtung vorgesehen, die Eigenkapitalbeteiligungen an eine Anlauffinanzierung seitens der Kapitalnehmer zu koppeln. Daher stand sie weder im Einklang mit dem seinerzeit geltenden Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an KMU noch mit den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung, und die Kommission hegte Zweifel bezüglich ihrer Vereinbarkeit mit dem EG-Vertrag.

Mögliches Vorhandensein von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen an die Regionalfonds

(28) Die britischen Behörden gaben in der Anmeldung an, dass der British Venture Capital Association 15 Mitglieder aus England angehörten, die weniger als 250000 GBP (ca. 400000 EUR) investieren und deren durchschnittliches Investitionsvolumen bei höchstens 500000 GBP liegt (außer im Spitzentechnologiebereich). Diese Wagniskapitalgeber sind - wie auch noch weitere in anderen Mitgliedstaaten - im selben Marktsegment tätig wie die Regionalfonds. Würde man die Regionalfonds als Unternehmen ansehen, könnte daher der Umstand, dass sie mit Beihilfen aus staatlichen Mitteln arbeiten, den Wettbewerb auf dem Wagniskapitalmarkt verfälschen.

(29) Die Probleme der Vereinbarkeit von Beihilfen für die regionalen Fonds mit dem Gemeinsamen Markt wären die gleichen wie bei anderen potentiellen Beihilfeempfängern.

4. STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

(30) Die Kommission hat innerhalb der in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags(7) festgesetzten Fristen Stellungnahmen von 39 Beteiligten erhalten. Von diesen kamen 37 aus dem Vereinigten Königreich und die beiden anderen von der italienischen und der deutschen Regierung. Die Stellungnahmen aus dem Vereinigten Königreich stammten von verschiedenen Regionalbehörden, Wagniskapitalgesellschaften, Beratungsstellen, einem Branchenverband und einer Universität. Weitere Stellungnahmen gingen von drei Mitgliedern des britischen Parlaments und zwei britischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments ein. Vertreten waren potentielle Fondsinvestoren, Fondsmanager und private Anleger sowie Kapitalnehmer.

Zum Marktversagen

(31) Alle Beteiligten, die sich zum Marktversagen äußerten, stimmten darin überein, dass dies bei Beträgen von weniger als 500000 GBP (ca. 800000 EUR) der Fall ist. Mehrfach erwähnt wurde auch eine Marktlücke bei Beträgen bis zu 1 Mio. GBP (ca. 1,6 Mio. EUR), zumindest für Branchen außerhalb des Hochtechnologiebereichs. Hauptursache für die Lücke seien die hohen Kosten für die Beteiligungsprüfung wie auch die Tatsache, dass alte Zahlen unverhältnismäßig hohe Risiken und geringe Renditen bei diesem Segment ausweisen, so dass das Risiko wesentlich höher eingeschätzt wird als es ist. Gleichzeitig wirkten Erfolge bei hohen Investitionen als Anreiz für noch weitere Steigerungen. Einer anderen Bemerkung zufolge fuellte das Business-Angel-Netz die Lücke nicht aus.

(32) Hinsichtlich der 15 mutmaßlich in der Marktlücke tätigen Mitglieder der BVCA gaben mehrere Beteiligte an, dass diese Wagniskapitalgeber zwar als Akteure in diesem Segment registriert sein mögen, dort aber keine wirkliche Aktivität stattfindet. Ein Grund dafür könne sein, dass bereits alle Mittel investiert sind. Allerdings ging aus den Stellungnahmen auch hervor, dass zwar unter Umständen noch einige Mittel verfügbar sind, diese jedoch den Marktbedarf keinesfalls decken können. Außerdem wurde festgestellt, dass große britische Wagniskapitalgesellschaften zwar über Regionalvertretungen verfügen, ihre Geschäfte aber mit den großen Unternehmen abwickeln.

(33) Die London Development Agency zitierte aus einem BVCA-Bericht(8), dem zufolge London die europäische Hochburg für Wagniskapital ist. Das bedeute aber nicht, dass die Londoner KMU davon einen Vorteil hätten. Aufgrund des höheren Kostendrucks, der in London ansässige Firmen rasch zu höheren Investitionen zwingt, bestehe dort eine Kapitalmarktlücke für Beträge bis zu 500000 GBP und möglicherweise darüber hinaus.

(34) Ferner geben alle Beteiligten an, es bestehe eine Finanzierungslücke für kleine ebenso wie für mittlere Unternehmen, da das Problem nichts mit der Mitarbeiterzahl zu tun habe. Eine Wagniskapitalgesellschaft schlug als Kriterium für ein förderfähiges Unternehmen die angestrebte Aufnahme von weniger als 500000 GBP (ca. 800000 EUR) pro Jahr vor. Mehrere Beteiligte wiesen darauf hin, dass sich bei einer Beschränkung auf kleine Unternehmen das Risiko des Fonds wie auch die Renditeforderungen der privaten Anleger erhöhen, weshalb der Staat noch dringender seine Renditeansprüche zurückstellen muss.

Zu Beihilfen an die Investoren

(35) Hier lautete die allgemeine Meinung, dass es kein Angebot in der Kapitalmarktlücke, d. h. im Marktquadranten hohes Risiko/niedrige Rendite, und damit auch keinen zu verfälschenden Wettbewerb und keine Beihilfen für Investoren gebe. Zugleich betonten mehrere Beteiligte, dass umfassend für die Anlagemöglichkeiten geworben werden müsste, um eine Diskriminierung zwischen den Investoren zu vermeiden und die erforderliche Zurückstellung auf ein Mindestmaß zu senken. Ein Beteiligter wies darauf hin, dass den Anlegern zwar der Anreiz gewährt werden könne, diese aber nur ein Instrument zur Weitergabe des Vorteils an die KMU seien.

(36) Des Weiteren wurde angemerkt, dass Risikokapitalbeteiligungen gewöhnlich einen sehr geringen Teil von Investoren-Portfolios ausmachen, so dass eine etwas höhere Rendite aus den regionalen Wagniskapitalfonds keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Investoren hat.

Zu Beihilfen an die KMU

(37) Insgesamt waren die Beteiligten offenbar nicht der Meinung, dass die KMU, in die investiert wurde, Beihilfen erhielten, da die Investitionen nach kaufmännischen Gesichtspunkten erfolgten. Als einziges Beihilfeelement erkannten die Beteiligten die Verfügbarkeit der Mittel an sich an. Zur Vereinbarkeit solcher Beihilfen verwiesen sie darauf, dass die Empfänger einige wachstumsorientierte "förderfähige" Investitionen durchführen mussten.

Zu Beihilfen an die regionalen Fonds

(38) Zahlreiche Beteiligte äußerten, dass es keine Grundlage für die Gewährung von Beihilfen für die regionalen Fonds gebe, da die in der Branche übliche Konstruktion einer Kommanditgesellschaft, auf die zurückgegriffen werden wird, nicht zur Entstehung einer gesonderten Rechtsperson führt. Ein regionaler Fonds werde keine eigenen Gewinne einnehmen und sämtliche Aktiva und Passiva befänden sich im Besitz ihrer Partner entsprechend der Höhe ihrer Kapitalanlagen.

(39) Etliche Beteiligte erläuterten, dass möglicherweise die Gefahr einer Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den Fonds bestuende, wenn in dem betreffenden Marktsegment mehr Fonds angeboten würden. In diesem Falle hätte die Politik ihr Ziel erreicht, und man würde sich mit dem Problem der Wettbewerbsverfälschung befassen müssen.

5. BEMERKUNGEN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS

(40) Zunächst haben die britischen Behörden folgende technische Einzelheiten der Regelung erläutert:

- Es besteht durchaus die Möglichkeit einer Kapitalmarktlücke in London, und die Regelung wird nicht nur außerhalb Londons gelten. Ingesamt wird es wahrscheinlich 10 bis 15 regionale Fonds geben.

- Jede Investitionstranche in einem Unternehmen ist streng auf 250000 GBP (ca. 400000 EUR) begrenzt, und zwischen den einzelnen Tranchen müssen mindestens sechs Monate liegen. Im Prinzip ist der Investitionsumfang pro Unternehmen auf 500000 GBP (ca. 800000 EUR) begrenzt. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn weitere Investitionen erforderlich sind, um den Anteil des regionalen Fonds am Unternehmen zu halten. Die Entscheidung über eine solche Investition trifft der Fondsmanager im besten kommerziellen Interesse des Fonds. Solche zusätzlichen Investitionen werden auf insgesamt 10 % aller in einem Unternehmen angelegten Mittel begrenzt sein. Nach Aussage der britischen Behörden sind Investitionen über 500000 GBP (ca. 800000 EUR) nur möglich, wenn die Gefahr einer Verwässerung der Beteiligungen besteht, weshalb sie nur parallel zu anderen privatwirtschaftlichen Investitionen erfolgen. Für die zusätzlichen Investitionen gelten mindestens so günstige Bedingungen wie sie für die privatwirtschaftlichen Investitionen angeboten werden.

- Die britischen Behörden werden sicherstellen, dass Fondsmanager in geeigneten Branchenzeitschriften sowie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften umfassend für Investoren werben. Es wird keine Beschränkungen hinsichtlich des Standortes oder der Nationalität der Investoren geben.

- Die britischen Behörden verpflichten sich, die Notwendigkeit von Anreizen für die Fondsmanager vorzuschreiben, um eine möglichst gute Ertragsbilanz der Fonds zu erreichen.

- Im Prinzip ist ein Anleger für die Laufzeit des Fonds, d. h. für zehn bis zwölf Jahre, gebunden. Er kann nur aus seiner Verpflichtung entlassen werden, wenn er seine Beteiligung veräußert. In einem solchen Falle benötigt er für jedwede Eigentumsübertragung die Zustimmung des Managers und der anderen Anleger. Die Regierung hat nicht die Absicht, alle Anteile der Gesellschaft zu erwerben, die von einem privaten Anleger veräußert werden, auch wenn der öffentliche Anteil des Regionalfonds unter 50 % liegt. Andererseits wäre die Regierung bereit, ihren Anteil an der Gesellschaft an jeden privaten Anleger zu verkaufen, der bereit ist, die Rückstellungsbedingungen mit zu übernehmen.

(41) Ferner wurden zu den einzelnen Punkten aus dem Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens folgende Bemerkungen übermittelt:

Zum Marktversagen

(42) Die britischen Behörden stellen fest, dass vieles auf ein Marktversagen hindeutet, das dadurch verursacht wurde, dass sich die Anleger zu sehr auf alte Gesamtdaten zur Ertragslage gestützt haben. Da der durchschnittliche Investitionsumfang auf dem Wagniskapitalmarkt gestiegen ist, haben es KMU jetzt schwerer, die in Art und Umfang ihrem Bedarf am ehesten entsprechende Finanzierung zu erhalten. Mit der Errichtung dieser Fonds will die britische Regierung den Markt zur Bereitstellung von Finanzierungen in diesem Bereich anregen und der Wagniskapitalbranche insgesamt zeigen, dass hier gute Renditen erzielt werden können. Die Regelung ist nicht als staatliches Langzeit-Förderprogramm gedacht

(43) Außerdem stimmen die britischen Behörden mit mehreren Beteiligten darin überein, dass die Kapitalmarktlücke in England in letzter Zeit größer geworden ist und mittlerweile Summen bis zu 1. Mio. GBP (ca. 1,6 Mio. EUR) davon betroffen sind. Zwar gibt es derzeit eine Reihe von Fonds, die in diesem Segment investieren, doch die meisten verfügen über so gut wie keine Reserven mehr. Die britischen Behörden sind der Meinung, dass momentan keine neuen privaten Mittel zur Deckung dieses speziellen Finanzbedarfs aufgebracht werden. Geplant sind lediglich Fonds mit Fördermitteln aus dem EFRE und im Rahmen der Regelung regionale Wagniskapitalfonds.

Zu Beihilfen an die Investoren

(44) Die britischen Behörden betonen, dass Investoren für die regionalen Fonds durch die breite Bekanntmachung einer Ausschreibung gewonnen werden sollen. Es wird keine zahlenmäßige oder geographische Begrenzung und keine Vorauswahl geben. Die regionalen Wagniskapitalfonds werden von gewerblichen Fondsmanagern verwaltet, die im Rahmen eines strengen Wettbewerbs ausgewählt werden, um sicherzustellen, dass sich die Beihilfen auf das für die Fondsgründung erforderliche Mindestmaß belaufen.

Zu Beihilfen an die KMU

(45) Nach Aussage der britischen Behörden werden die Fonds nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich orientierten Investors arbeiten, da es für die Fondsmanager Leistungsanreize geben wird und sich die privaten Anleger nicht an einem Fonds beteiligen würden, der ihnen nicht die höchstmögliche Rendite bietet. Die Regelung beinhaltet keine Mechanismen, die "immaterielle" Investitionen gestatten oder befördern. Daher ist ihrer Auffassung nach der Spielraum für Beihilfen an die KMU unbedeutend.

(46) Da Renditen für die Anleger nur durch Wachstum der Kapitalnehmer erwirtschaftet werden können und Wachstum ohne Anlaufinvestitionen im Grunde nicht möglich ist, halten es die britischen Behörden für ausgeschlossen, dass Investitionen aus den Fonds nicht direkt zu Investitionen durch die KMU führen.

(47) Private Anleger gehen vermutlich davon aus, dass eine Begrenzung von Investitionen auf kleine Unternehmen das Vermögen der Regionalfonds zur Erzielung höchstmöglicher Renditen einschränken würde. In der Folge würden die Anleger sogar eine noch umfassendere staatliche Förderung verlangen.

Zu Beihilfen an die regionalen Fonds

(48) Nach Auffassung der britischen Behörden ist es nicht möglich, zwischen einem Fonds und seinen Anlegern zu unterscheiden. Der Fonds wird steuerlich nicht gesondert behandelt und kann selbst keine Gewinne oder Verluste erwirtschaften. Jegliche Gewinne oder Verluste fallen gemäß der gesetzlichen Vereinbarung den Anlegern zu.

6. WÜRDIGUNG DER REGELUNG

(49) Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens verfügte die Kommission noch nicht über spezielle Vorschriften zur Behandlung staatlicher Beihilfen, die gegebenenfalls in Maßnahmen enthalten sind, mit denen Risikokapital für Unternehmen bereitgestellt wird. Die vorliegende Würdigung stützt sich daher auf Artikel 87 EG-Vertrag mit besonderem Bezug auf die neue Mitteilung der Kommission über staatliche Beihilfen und Risikokapital(9).

Vorliegen staatlicher Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(50) In Punkt IV.3 der Mitteilung sind die Kriterien aufgeführt, die erfuellt sein müssen, damit Risikokapitalmaßnahmen staatliche Beihilfen darstellen.

Auf der Investorebene

(51) Da sich der Staat direkt an den regionalen Fonds beteiligt, kommen staatliche Mittel zum Einsatz. Der Staat geht davon aus, dass er seine Renditeansprüche auf jeden Fall zurückstellen muss. Dieser Sachverhalt entspricht nicht rein gewerblichen Investitionsbedingungen, weshalb nicht behauptet werden kann, dass der Staat wie ein marktwirtschaftlich orientierter privater Investor handelt. Folglich besteht für die privaten Investoren ein Vorteil. Obwohl die privaten Investoren im Rahmen einer gemeinschaftsweiten Ausschreibung ausgewählt werden, ist die Maßnahme selektiv, da nicht alle Bewerber letzten Endes auch teilnehmen können. An zwei Punkten werden Ermessensentscheidungen getroffen, und zwar erstens wenn der Fondsmanager Angebote potentieller Investoren auswählt, und zweitens wenn der Staat entscheidet, an welchen geplanten Fonds er sich beteiligen wird. Diese Auswahlentscheidungen werden ebenso nach qualitativen wie nach quantitativen Kriterien getroffen. Die Anlage von Kapital ist eine Tätigkeit, die in sehr hohem Maße zwischen Mitgliedstaaten gehandelt wird. Folglich droht die Regelung den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Die privaten Investoren werden durch Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag nur erfasst, soweit es sich um Unternehmen handelt.

(52) In Punkt IV.5 (I) der Mitteilung wird ganz klar festgestellt, dass der Umstand, dass wegen eines Marktversagens kein Kapitalgeber eine Beteiligung vorgenommen hätte, noch nicht ausreicht, um die Vermutung des Vorteils zu entkräften.

Auf der KMU-Ebene

(53) Bis zu 50 % der für die KMU bereitgestellten Mittel können staatliche Mittel sein. Soll damit ein Vorteil verbunden sein, muss das Ziel der Maßnahme darin bestehen, den KMU Zugang zu Kapital zu verschaffen, das ihnen ansonsten nicht zur Verfügung stehen würde. Das Bestehen eines Vorteils ist davon abhängig, ob die Bedingungen, zu denen dieses Kapital bereitgestellt wird, für einen marktwirtschaftlich orientierten privaten Kapitalgeber annehmbar wären. Dies wird in der folgenden Randnummer untersucht. Beim gegenwärtigen Stand ist die Maßnahme eindeutig selektiv, da die regionalen Fonds nur in KMU in bestimmten Regionen des Vereinigten Königreichs investieren können. Die begünstigten KMU werden in der Lage sein, ihre Wettbewerbsposition zu verbessern, was den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen droht, da sich die Begünstigten am internationalen Handel beteiligen können.

(54) Wie in Punkt IV.5 (III) der Mitteilung festgestellt wird, ist der Umstand, dass die Anlageentscheidungen von kaufmännisch handelnden Managern von Risikokapitalfonds oder von Vertretern von Kapitalgebern mit dem Interesse, für den Fonds eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, vorgenommen werden, ein wichtiger Indikator dafür, dass das Unternehmen die Investitionen zu Bedingungen erhalten hat, die für einen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgeber akzeptabel wären, kann aber für eine endgültige Beurteilung allein nicht ausreichen. Bewirkt eine Risikokapitalmaßnahme, dass sich das Risiko des Kapitalgebers verringert und/oder dass sich die Vergütung erhöht, die er aus einer bestimmten Anlage erhält, dann kann dieser Kapitalgeber nicht mehr als normaler marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsakteur bezeichnet werden. Die Kommission hat bereits festgestellt - und der Gerichtshof hat dem zugestimmt -, dass Vorteile, die Investoren gewährt werden, um sie zur Beteiligung an bestimmten Unternehmen zu bewegen, als Vorteile für diese Unternehmen angesehen werden können(10). Gemäß Punkt IV.5 (III) der Mitteilung muss die Kommission die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass etwaige den Kapitalgebern der Fonds gewährte Vorteile an die zu finanzierenden Unternehmen weitergegeben werden, wenn die Investitionen vom Fonds nicht unter gleichen Bedingungen wie diejenigen eines privaten Kapitalgebers in einer Marktwirtschaft erfolgen, die derartige Vorteile nicht erhalten haben. Es besteht die Möglichkeit, dass die typischen Investitionen der Fonds nicht unter diesen gleichen Bedingungen erfolgen, und daher kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die Unternehmen die Investitionen zu Bedingungen erhalten, die für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber akzeptabel wären. Somit kann die Kommission das Bestehen eines Vorteils und mithin einer staatlichen Beihilfe beim gegenwärtigen Stand nicht ausschließen.

Auf der Ebene der regionalen Fonds

(55) Da es sich bei den regionalen Wagniskapitalfonds um Kommanditgesellschaften handeln wird, werden sie von der Kommission nicht als gesonderte Beihilfeempfänger angesehen. Dieser Grundsatz wurde in der Entscheidung der Kommission zu einer anderen britischen Wagniskapitalregelung, dem Viridian Growth Fund(11), aufgestellt.

Freistellung gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag vom Beihilfeverbot

(56) Nach Punkt VI.5 der Mitteilung verlangt die Kommission den Nachweis eines Marktversagens, bevor sie Risikokapitalmaßnahmen genehmigt. Sie kann unter Umständen bereit sein zu akzeptieren, dass ein Marktversagen besteht, wenn die einzelnen Finanzierungstranchen(12) für ein Unternehmen aus Risikokapitalmaßnahmen, die wiederum vollständig oder teilweise durch staatliche Beihilfen finanziert werden, nicht mehr als 500000 EUR (ca. 312700 GBP) betragen. Dieses Kriterium ist im hier zu prüfenden Fall erfuellt. Darüber hinaus haben die britischen Behörden und Beteiligten angegeben, dass der größte Teil der in der Kapitalmarktlücke vorhandenen Fondsmittel vollständig angelegt ist und es derzeit keine Hinweise auf die Einrichtung neuer privater Fonds gibt. Es besteht ebenfalls Übereinstimmung dahingehend, dass die verfügbaren Mittel bei weitem nicht ausreichen, um die Nachfrage zu decken. Nicht zuletzt gibt es Anzeichen für eine Ausweitung der Finanzierungslücke, so dass davon nicht mehr nur Beträge bis zu 500000 GBP (ca. 800000 EUR), sondern auch Beträge bis zu 1 Mio. GBP (ca. 1,6 Mio. EUR) betroffen sind.

(57) In Punkt VII.1 heißt es zur Form der Beihilfemaßnahme, dass die Kommission nach Maßgabe der Vereinbarkeitskriterien eine Beihilfeform positiv einstufen könnte, bei der der Staat als Kapitalgeber an Risikokapitalfonds beteiligt ist, selbst wenn dies zu weniger günstigen Bedingungen geschieht als bei anderen Beteiligten.

(58) Unter Punkt VIII.3 der Mitteilung sind sieben Vereinbarkeitskriterien in der Reihenfolge ihres Stellenwerts aufgelistet.

1. Zielunternehmen und Umfang der Transaktionen

(59) Die Regelung ist nicht auf kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Anlauf- oder in anderen Frühentwicklungsphasen oder in Fördergebieten begrenzt. Da jedoch eine Beschränkung bei der Gesamthöhe der über die Maßnahme erhältlichen Mittel besteht, kann die Einbeziehung von mittleren Unternehmen in einer späteren Entwicklungsphase akzeptiert werden. Die Kommission stellt fest, dass Investitionen in einem Unternehmen über den Betrag von 500000 GBP (ca. 800000 EUR) hinaus zu Bedingungen erfolgen werden, die mindestens so günstig sind wie die der anderen privaten Kapitalgeber, die zur gleichen Zeit investieren.

(60) Als positiver Faktor wird betrachtet, dass die Hoechstgrenze für jede bereitgestellte Finanzierungstranche weit unterhalb den Schwellen liegt, die für Nichtfördergebiete auf 500000 EUR, für Fördergebiete im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag auf 750000 EUR und für Fördergebiete im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag auf 1 Mio. EUR festgelegt wurden.

2. Ausrichtung auf Versagen der Risikokapitalmärkte

(61) Die Begrenzung der Maßnahme auf die Bereitstellung von Eigenkapitalbeteiligungen wird als positiv betrachtet.

3. Gewinnorientierte Anlageentscheidungen

(62) Es ist ein positiver Aspekt, dass sich die britischen Behörden verpflichtet haben dafür Sorge zu tragen, dass die Vergütung für die Personen, die die Anlageentscheidung treffen, an die Rendite auf das eingesetzte Kapital gekoppelt wird. Auf jeden Fall ist dies gängige Praxis bei Fonds, die in Form einer Kommanditgesellschaft eingerichtet wurden.

(63) Aufgrund der Verpflichtung der britischen Behörden ist die Kommission zuversichtlich, dass die Beteiligungen am Eigenkapital von KMU auf gewerblicher Basis erfolgen werden. Marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber werden mindestens 50 % des Kapitals eines jeden regionalen Fonds bereitstellen, was als erhebliche Beteiligung gelten kann. Bei Fonds in Fördergebieten würde die Kommission einen Privatkapitalanteil von 30 % als erheblich ansehen.

4. Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Kapitalgebern und zwischen Investmentfonds möglichst gering halten

(64) Als positiver Punkt ist anzusehen, dass der Grad der Nachrangigkeit der Rendite auf die staatlichen Mittel durch eine Reihe von Ausschreibungen festgelegt wird. Erstens wird die Aufforderung zur Beteiligung an den Fonds im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften und geeigneten Fachzeitschriften veröffentlicht. Zweitens wird jeder Investor eines Fonds bei der Regierung ein Gebot einreichen, in dem er erläutert, warum die vorgeschlagene Zurückstellung das Minimum ist, das benötigt wird, um private Kapitalgeber anzuziehen.

(65) Damit dürfte sichergestellt sein, dass die privaten Kapitalgeber keine zu hohe Vergütung erhalten.

5. Sektorale Orientierung

(66) Es ist als positiv anzusehen, dass keine sektorale Orientierung besteht und dass insbesondere risikoarme Wirtschaftszweige, die ohne staatliche Hilfe auskommen müssten, ausgeschlossen worden sind.

(67) Die britischen Behörden haben sich verpflichtet dafür zu sorgen, dass die regionalen Wagniskapitalfonds nicht in Unternehmen investieren werden, die in sensiblen Sektoren tätig sind, bei denen die Frage der staatlichen Beihilfen in speziellen Gemeinschaftsvorschriften geregelt ist. Insbesondere werden sie sich nicht an Unternehmen beteiligen, die in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführte Waren herstellen, verarbeiten oder in Verkehr bringen.

6. Beteiligungen auf der Grundlage der gängigen Praxis im Fondsmanagement

(68) Es wird als positiv angesehen, dass die regionalen Fonds nach kaufmännischen Gesichtspunkten von professionellen Fondsmanagern verwaltet werden, deren Tätigkeit im Rahmen der Financial Services Authority, der Investment Management Regulatory Organisation und der British Venture Capital Association geregelt ist. Damit ist sichergestellt, dass die Fondsmanager ein fachlich versiertes Urteil darüber abgeben können, ob die zu erwartende Rendite aus einer geplanten Kapitalzuführung bei einem KMU unter kommerziellen Gesichtspunkten lohnend ist.

(69) In der Mitteilung wird das Fehlen eines "Ausstiegsmechanismus" für die Beteiligung des Staates an einzelnen Unternehmen als negativ gewertet, da dieser eine Absicherung gegen Regelungen darstellen würde, die Langzeitfinanzierungen für solche Unternehmen bereitstellen, die niemals aus eigener Kraft rentabel sein werden. Es liegt jedoch im Wesen einer Regelung, die - wie im vorliegenden Fall - die Form eines Risikokapitalfonds hat, dass sich einzelne Kapitalgeber, so auch der Staat, nicht aus einzelnen Beteiligungen des Fonds zurückziehen können. Der Ausstiegsmechanismus ist in der Konstruktion eines Risikokapitalfonds insoweit vorhanden, als der Staat zur gleichen Zeit wie die anderen Anleger aussteigt, wenn der Fonds abgewickelt wird. Zudem arbeiten die Fonds nach kaufmännischen Gesichtspunkten. Sie werden sich daher aus Unternehmen zurückziehen, die allein niemals rentabel sein werden, und sich darum bemühen, die Gewinne aus erfolgreichen Investitionen zum günstigsten Zeitpunkt zu realisieren, was letztlich zum Rückzug des Fonds (und damit der staatlichen Beteiligung) aus allen Unternehmen führt, in die investiert wurde.

7. Keine Kumulierung von Beihilfemaßnahmen für einzelne Unternehmen

(70) Gemäß der Mitteilung kann die Kommission die Mitgliedstaaten ersuchen, dass sie sich verpflichten, andere Formen staatlicher Beihilfen, einschließlich solcher aufgrund genehmigter Regelungen, an durch die Risikokapitalmaßnahme geförderte Unternehmen zu prüfen und einzuschränken, falls eine Maßnahme Beihilfen für Unternehmen vorsieht, in die investiert wird. Im vorliegenden Fall hat die Kommission beschlossen, dieses Recht wegen des geringen Umfangs der Investitionen insgesamt und der einzelnen Tranchen nicht wahrzunehmen.

7. SCHLUSSFOLGERUNG

(71) Die Kommission nimmt die Stellungnahmen von Beteiligten und die Erläuterungen und zusätzlichen Verpflichtungen der britischen Behörden nach der Eröffnung des Verfahrens zur Kenntnis. Ferner stellt sie fest, dass die Regelung bei jedem der sieben in der Mitteilung festgelegten Kriterien positive Faktoren beinhaltet. Daher nimmt die Kommission einen insgesamt positiven Standpunkt zu der Regelung ein und gelangt zu dem Schluss, dass die an die privaten Investoren und die kleinen und mittleren Unternehmen gewährten Beihilfen mit den Regeln für staatliche Beihilfen vereinbar sind. Auch die Zweifel bezüglich eines möglichen Verstoßes gegen die Artikel 43 und 56 EG-Vertrag sind ausgeräumt worden.

(72) Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass bei den einzelnen regionalen Fonds keine Beihilfen bestehen, da die Fonds keine Unternehmen sein werden und die Finanzmittel der Fonds Eigentum der Investoren sind. Die britischen Behörden werden jedoch aufgefordert, die weitere Entwicklung der Kapitalmarktlücke zu überwachen und sicherzustellen, dass es nicht zur Verdrängung von potentiellen vollständig privat finanzierten Wagniskapitalfonds kommt -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die angemeldete staatliche Beihilferegelung "Regionale Wagniskapitalfonds" - ergänzt durch die Bemerkungen, die von Seiten des Vereinigten Königreichs nach der Einleitung des Verfahrens eingegangen sind -, die das Vereinigte Königreich auf der Grundlage von Section 8 des Industrial Development Act von 1982 durchzuführen beabsichtigt, ist gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Die Gewährung dieser Beihilfen wird daher genehmigt.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gerichtet.

Brüssel, den 6. Juni 2001

Für die Kommission

Mario Monti

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 27 vom 27.1.2001, S. 20.

(2) Siehe Fußnote 1.

(3) Potentielle Investoren für die Gründung eines Fonds, die bereits zugelassene Fondsmanager sind, brauchen für ihre Ernennung kein Auswahlverfahren durchzuführen.

(4) Empfehlung der Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen, (ABl. L 107 vom 30.4.1996, S. 4).

(5) Handel mit Grundstücken, Warentermingeschäfte, Handel mit Aktien, Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten, Handel mit Waren in anderer Form als Groß- oder Einzelhandel, Bank- und Versicherungsgeschäfte, Geldverleih, Factoring, Mietkauffinanzierung und sonstige Finanzgeschäfte, Leasing oder Überlassung von Vermögenswerten im Wege der Vermietung außer bestimmte Fälle des Charterns von Schiffen, Dienstleistungen im Bereich des Rechts und des Rechnungswesens, Grundstückserschließung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Erwerbsgartenbau.

(6) ABl. C 71 vom 11.3.2000, S. 14.

(7) ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(8) BVCA Report on Business Angel Investment Activity 1998/9.

(9) Von der Kommission am 23. Mai 2001 angenommen. Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

(10) Beihilfesache Nr. C 16/97 (ABl. L 212 vom 30.7.1998, S. 50). Zu diesem Fall liegt ein Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2000 vor (Rechtssache C-156/98).

(11) Entscheidung der Kommission vom 13. Februar 2001; noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

(12) Gesonderte Kapitalzuführungen in Abständen von jeweils sechs Monaten würden als derselben Tranche zugehörig betrachtet, ebenso wie auch unterschiedliche Kapitalzuführungen über einen noch längeren Zeitraum, für die im Rahmen derselben Transaktion eine Verpflichtung übernommen wird, als derselben Tranche zugehörig betrachtet würden.

Top