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Document 52018IP0229

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 30. Mai 2018 zur Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (2016/2328(INI))

ABl. C 76 vom 9.3.2020, p. 114–127 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

9.3.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 76/114


P8_TA(2018)0229

Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 30. Mai 2018 zur Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (2016/2328(INI))

(2020/C 76/13)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 8, 10, 18, 19, 21, 79 und 82 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Artikel 3, 6, 20, 21, 23, 24, 41 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK),

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW),

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 29. November 1985 über Grundprinzipien der rechtmäßigen Behandlung von Verbrechensopfern und Opfern von Machtmissbrauch,

unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) und die Beschlüsse (EU) 2017/865 (1) und (EU) 2017/866 des Rates (2) vom 11. Mai 2017 über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Union – des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt,

unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2006)8 des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten vom 14. Juni 2006 über die Hilfe für Opfer von Straftaten,

unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2010)5 des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten vom 31. März 2010 über Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität,

unter Hinweis auf den Rahmenbeschluss 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren (3),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 6. Dezember 2013 zur Bekämpfung von Hassverbrechen in der EU und vom 5. Juni 2014 zur Prävention und Bekämpfung aller Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich der Genitalverstümmelung,

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (5),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen (6),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (7),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung (8),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (9),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2017 zu der Umsetzung der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie (11),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union (12),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten (13),

unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten des Europäischen Parlaments vom September 2017 mit dem Titel „How can the EU and the Member States better help victims of terrorism?“ (Wie können die EU und die Mitgliedstaaten Opfer von Terrorismus besser unterstützen?),

unter Hinweis auf die Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) mit dem Titel „Second European Union minorities and discrimination survey“ (Zweite Erhebung zu Minderheiten und Diskriminierung in der Europäischen Union), die im Dezember 2017 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf die Studie der FRA mit dem Titel „Child-friendly justice - Perspectives and experiences of children involved in judicial proceedings as victims, witnesses or parties in nine EU Member States“ (Kindgerechte Justiz – Sichtweisen und Erfahrungen von Kindern in neun EU-Mitgliedstaaten, die als Opfer, Zeugen oder Partei in Gerichtsverfahren involviert sind), die im Februar 2017 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf den Grundrechtebericht 2017 der FRA, der im Mai 2017 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf den Grundrechtebericht 2016 der FRA, der im Mai 2016 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf die Studie der FRA mit dem Titel „Victims of crime in the EU: the extent and nature of support for victims“ (Opfer von Straftaten in der EU: Umfang und Art der Unterstützung für Opfer), die im Januar 2015 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf die Studie der FRA mit dem Titel „Severe labour exploitation: workers moving within or into the European Union“ (Schwere Formen der Arbeitsausbeutung: Arbeitnehmer, die innerhalb der EU umziehen oder in die EU einwandern), die im Juni 2015 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf den im März 2014 veröffentlichen Bericht der FRA mit dem Titel „Violence against women – an EU-wide survey. Main results“(„Gewalt gegen Frauen – eine EU-weite Untersuchung. Wichtigste Ergebnisse“),

unter Hinweis auf den Bericht über das Projekt IVOR mit dem Titel „Implementing Victim-oriented reform of the criminal justice system in the EU“ (Umsetzung einer opferorientierten Reform des Strafrechtssystems in der EU), der am 6. Mai 2016 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf den vom Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) vorgelegten Bericht mit dem Titel „An analysis of the Victims’ Rights Directive from a gender perspective“ (Analyse der Opferschutzrichtlinie aus einer Geschlechterperspektive),

unter Hinweis auf die Yogyakarta-Prinzipien plus 10 vom 10. November 2017 („Grundsätze und Verpflichtungen der Staaten betreffend die Anwendung der internationalen Menschenrechtsnormen zu sexueller Ausrichtung, geschlechtlicher Identität, Ausdruck der Geschlechtlichkeit und Geschlechtsmerkmalen“),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union (14),

unter Hinweis auf die Bewertung der EU-weiten Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU, die vom Referat Ex-post-Bewertung des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments erstellt wurde,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 über das Verfahren für die Genehmigung zur Ausarbeitung von Initiativberichten,

unter Hinweis auf die gemeinsamen Beratungen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter gemäß Artikel 55 der Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0168/2018),

A.

in der Erwägung, dass mit der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten („Opferschutzrichtlinie“) die Opfer von Straftaten in den Mittelpunkt des Strafrechtssystems gestellt und die Rechte der Opfer von Straftaten gestärkt werden sollen, damit alle Opfer dasselbe Maß an Rechten genießen, unabhängig davon, wo die Straftat verübt wurde, welcher Staatsangehörigkeit sie sind oder welchen Aufenthaltsstatus sie haben;

B.

in der Erwägung, dass nach Stand von September 2017 23 von 27 Mitgliedstaaten die Opferschutzrichtlinie in ihre nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt haben; in der Erwägung, dass die Kommission 16 Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten eingeleitet hat, die sie noch nicht uneingeschränkt in die Praxis umgesetzt haben; in der Erwägung, dass die Richtlinie Fortschritte im Umgang mit Opfern von Straftaten in einem anderen Mitgliedstaat ermöglicht hat; in der Erwägung, dass weiterhin Mängel bei grenzüberschreitenden Situationen bestehen;

C.

in der Erwägung, dass es zwar einheitliche Standards und Instrumente auf Unionsebene gibt, die das Leben der EU-Bürger verbessern sollen, aber die Opfer von Straftaten nach wie vor in jedem Land unterschiedlich behandelt werden;

D.

in der Erwägung, dass sich die Opfer trotz der zahlreichen Änderungen, die in den Mitgliedstaaten eingeführt wurden, oftmals ihrer Rechte nicht bewusst sind, wodurch die Wirksamkeit der Opferschutzrichtlinie vor Ort untergraben wird, insbesondere was die Bestimmung für den Zugang zu Informationen betrifft;

E.

in der Erwägung, dass Organisationen zur Opferbetreuung neben rechtlicher Unterstützung die Bedürfnisse von Opfern in vier Kategorien einordnen, nämlich das Recht auf Zugang zu Gerichten, Würde, Wahrheit und Erinnerung, wobei letztere für die bedingungslose Zurückweisung des Terrorismus steht;

F.

in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten zu wenige Opferunterstützungsdienste bereitstellen und sie auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene nicht ausreichend koordinieren, was den Opfern den Zugang zu bestehenden Unterstützungsdiensten erschwert;

G.

in der Erwägung, dass Frauenhäuser und Notrufnummern für Frauen die wichtigsten Stellen sind, was die Unterstützung von Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, und ihrer Kinder betrifft; in der Erwägung, dass in Europa nicht genügend Frauenhäuser zur Verfügung stehen; in der Erwägung, dass dringend mehr Frauenhäuser benötigt werden, da sie Frauen, die häusliche Gewalt überlebt haben, und ihren Kindern Sicherheit, Unterkunft, Beratung und Unterstützung bieten; in der Erwägung, dass aufgrund des Mangels an Frauenhäusern Menschenleben auf dem Spiel stehen können;

H.

in der Erwägung, dass in Fällen, in denen ein Terroranschlag in einem Mitgliedstaat verübt wird und das Opfer in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft ist, die beiden Mitgliedstaaten eng zusammenarbeiten sollten, um das Opfer besser zu unterstützen;

I.

in der Erwägung, dass durch ein wirksames und beschützerisches Handeln der Regierungsbehörden und staatlichen Einrichtungen gegenüber allen Opfern Unterstützung und Vertrauen seitens der Bürger gegenüber den Einrichtungen geweckt und ihr Ansehen positiv gestärkt wird;

J.

in der Erwägung, dass eine breite Palette von Angehörigen der Gesundheitsberufe in Kontakt mit Opfern – in erster Linie Opfern geschlechtsbezogener Gewalt – kommen dürfte und die Erstkontaktaufnahme häufig durch das Opfer erfolgt, das eine Straftat melden will; in der Erwägung, dass nachweislich Angehörige der Gesundheitsberufe, etwa Ärzte und anderes Fachpersonal, nur begrenzt darin geschult werden, wirksam auf geschlechtsbezogene Gewalt zu reagieren;

K.

in der Erwägung, dass Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind, stets besonderer Unterstützung und besonderen Schutzes bedürfen, da sie durch sekundäre und wiederholte Viktimisierung besonders gefährdet sind;

L.

in der Erwägung, dass Vorfälle oder Täter im Zusammenhang mit Gewalt in der EU immer noch systematisch zu selten zur Anzeige gebracht werden, vor allem in Fällen, die mit Minderheiten, Migranten, Personen mit Aufenthaltsrecht als Familienangehörige oder mit prekärem Aufenthaltsstatus, LGBTI-Personen, antisemitischen Straftaten, sexuellem Missbrauch von Kindern, häuslicher und geschlechtsbezogener Gewalt oder Opfern von Menschenhandel und Zwangsarbeit in Verbindung stehen; in der Erwägung, dass etwa zwei Drittel aller Frauen, die Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt werden, dies nicht bei einer Behörde melden, da sie Angst vor Vergeltung, Bloßstellung und gesellschaftlicher Stigmatisierung haben;

M.

in der Erwägung, dass Hassverbrechen gegen LGBTI-Personen unionsweit verübt werden; in der Erwägung, dass diese Verbrechen zu selten zur Anzeige gebracht werden und die Rechte der Opfer daher nicht gewahrt werden;

N.

in der Erwägung, dass der Studie der FRA mit dem Titel „Hasskriminalität in der Europäischen Union sichtbar machen: die Rechte der Opfer anerkennen“ zufolge ein Einwanderungsstatus unabhängig von anderen bekannten Risikofaktoren das Risiko erhöht, Opfer von Straftaten zu werden;

O.

in der Erwägung, dass in allen Mitgliedstaaten immer häufiger rassistische Hassverbrechen an Migranten und Asylsuchenden verübt werden; in der Erwägung, dass nur sehr wenige Täter dieser Hassverbrechen vor Gericht gebracht werden;

P.

in der Erwägung, dass zwar nach Artikel 1 der Richtlinie allen Opfern von Straftaten gleiche Rechte ohne Diskriminierung gewährt werden, tatsächlich aber die meisten Mitgliedstaaten keine Maßnahmen oder Verfahren eingerichtet haben, damit Opfer ohne Ausweispapiere Fälle von Ausbeutung am Arbeitsplatz, geschlechtsbezogener Gewalt und anderen Formen des Missbrauchs sicher zur Anzeige bringen können, ohne dass die Gefahr von Einwanderungssanktionen besteht; in der Erwägung, dass dieser Umstand Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark trifft, da sie auch durch Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung stärker gefährdet sind; in der Erwägung, dass der Umfrage der FRA mit dem Titel „Second European Union minorities and discrimination survey“ (Zweite Erhebung zu Minderheiten und Diskriminierung in der Europäischen Union) zufolge nur jede achte befragte Person den jüngsten Vorfall von Diskriminierung gemeldet oder zur Anzeige gebracht hat, den sie erlebt hat, was ihrem ethnischen Hintergrund oder ihrem Hintergrund als Immigrant zuzuschreiben ist;

Q.

in der Erwägung, dass gemäß Artikel 1 der Richtlinie die darin festgelegten Rechte für die Opfer ohne Diskriminierung, auch in Bezug auf ihren Aufenthaltsstatus, gelten;

R.

in der Erwägung, dass die Kampagne #MeToo gezeigt hat, dass das Justizsystem Frauen und Mädchen nicht angemessen Gerechtigkeit und Schutz bietet und dass Opfer geschlechtsbezogener Gewalt daher nicht im erforderlichen Maß Unterstützung erhalten;

S.

in der Erwägung, dass die Ratifizierung und vollständige Umsetzung des Übereinkommens von Istanbul einen kohärenten europäischen Rechtsrahmen darstellt, damit Gewalt gegen Frauen verhindert und bekämpft werden kann und die Opfer geschützt werden können; in der Erwägung, dass die Definition von geschlechtsbezogener Gewalt auf dem Übereinkommen von Istanbul beruhen sollte, aber auch darauf, dass anerkannt wird, dass Gewalt gegen Frauen und andere Formen geschlechtsbezogener Gewalt strukturell sind und im Zusammenhang mit der Ungleichheit von Frauen und Männern stehen, die in der Gesellschaft weiterhin vorherrscht; in der Erwägung, dass Gewalt in engen Beziehungen unter einem geschlechtsbezogenen Aspekt betrachtet werden muss, weil sie unverhältnismäßig häufig Frauen betrifft;

T.

in der Erwägung, dass vor allem Frauen der Gefahr des Stalkings ausgesetzt sind, einer häufigen Form geschlechtsbezogener Gewalt, und in der Erwägung, dass Stalking als besonderer Straftatbestand in den Strafgesetzbüchern von sieben Mitgliedstaaten nicht berücksichtigt wird;

U.

in der Erwägung, dass besonderes Augenmerk auf die Sicherheit und den Schutz der Kinder von Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt und häuslicher Gewalt geworden sind, gelegt werden muss;

V.

in der Erwägung, dass die Opfer häufig nicht gut über Gerichtsverfahren und die Ergebnisse informiert werden; in der Erwägung, dass die Opfer zu häufig unerwartet durch die Medien oder andere externe Faktoren von der Freilassung eines Straftäters erfahren statt durch die zuständigen Behörden;

W.

in der Erwägung, dass Opfer und Familienmitglieder nicht ausreichend darüber informiert werden, welche Rechte sie haben, wenn eine Straftat in einem anderen Mitgliedstaat begangen wird als dem, in dem das Opfer wohnhaft ist; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten den Begriff „Opfer“ unterschiedlich definieren; in der Erwägung, dass sich daher der Geltungsbereich der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften unterscheidet (beispielsweise reicht er teilweise so weit, dass auch Familienangehörige damit gemeint sind);

X.

in der Erwägung, dass leicht zugängliche und weithin bekannt gemachte Notrufnummern für viele Frauen der erste Schritt auf dem Weg zu der Hilfe und Unterstützung sind, die sie benötigen, wenn sie Gewalt in engen Beziehungen ausgesetzt sind;

Y.

in der Erwägung, dass nur 27 % der Europäer die europaweit einheitliche Notrufnummer 112 kennen; in der Erwägung, dass bisher nicht alle Menschen Zugang dazu haben:

Z.

in der Erwägung, dass in einer beachtlichen Anzahl von Fällen Opfer die wichtigsten Zeugen im Prozess sind und vor möglichen vergeltenden oder bedrohlichen Handlungen seitens des Straftäters geschützt werden müssen, indem unter anderem einer weiteren oder sekundären Viktimisierung vorgebeugt wird; in der Erwägung, dass Zeugenaussagen nicht grundlegend sind, damit das Strafrechtssystem ordnungsgemäß funktioniert und Vertrauen in dieses System gesetzt wird, sondern auch für die wirksame Ermittlung und Verfolgung von kriminellen Organisationen und terroristischen Vereinigungen wesentlich sind, da diese dadurch aufgedeckt werden könnten; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen sollten, mit denen Zeugen wirksam geschützt werden können, und den Austausch über bewährte Verfahren und die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich fördern sollten;

AA.

in der Erwägung, dass Mängel bei der Umsetzung der Opferschutzrichtlinie gemeldet wurden, die insbesondere folgende Bereiche betreffen:

Erbringung angemessener Dienstleistungen für Opfer im Einklang mit ihren besonderen Bedürfnissen;

ordnungsgemäße Umsetzung der Bestimmungen für eine individuelle Begutachtung der Opfer;

ordnungsgemäße Einrichtung von Systemen, damit der mutmaßliche Straftäter eine Abschrift der Anzeige erhalten kann;

Sicherstellung des gleichberechtigten Zugangs aller Opfer – auch Personen mit Behinderungen, LGBTI-Personen, Opfer im Kindesalter, Opfer geschlechtsbezogener Gewalt, etwa sexueller Gewalt, und Opfer von Hassverbrechen und Verbrechen im Namen der Ehre – zu Opferunterstützungsdiensten und Fachunterstützungsdiensten, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus;

Sicherstellung von schnellen, wirksamen und opfersensiblen Verfahren in Strafrechtssachen, bei denen den konkreten Bedürfnissen besonders gefährdeter Gruppen Rechnung getragen wird;

Erhebung von Daten betreffend die Gewaltkultur, Frauenfeindlichkeit und Geschlechterstereotypen und ihre Verbindung zu Hassverbrechen sowie Analyse dieser Aspekte;

Information der Opfer über die strafrechtliche Lage oder den Stand des Verfahrens der jeweiligen Täter;

AB.

in der Erwägung, dass Opfer von Straftaten regelmäßig berichten, dass der Umstand, dass sie das Gerichtsverfahren über sich ergehen lassen müssen, bereits eine Art der Viktimisierung darstellt, nämlich eine sekundäre oder erneute Viktimisierung; in der Erwägung, dass zu den Faktoren, die die Erfahrungen der Opfer mit dem System beeinflussen, auch zählt, wie sie während des Verfahrens behandelt werden und inwiefern sie Kontrolle ausüben und partizipativen Zugang erhalten;

AC.

in der Erwägung, dass Opfer von Terrorismus Anschläge erlitten haben, die letztendlich der Gesellschaft oder einer größeren Gruppe, die sie repräsentieren, schaden sollen; in der Erwägung, dass sie aufgrund der besonderen Art der Straftat, die an ihnen begangen wurde, besonderer Betreuung und Unterstützung und der gesellschaftlichen Anerkennung bedürfen;

AD.

in der Erwägung, dass bestimmte Rechte wie der Anspruch auch finanzielle Unterstützung und Entschädigung den Opfern der Terroranschläge von 2016 in Brüssel nicht gewährt oder nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurden, wie es gemäß den Bestimmungen der Opferschutzrichtlinie vorgesehen ist;

Bewertung der Umsetzung der Richtlinie

1.

kritisiert, dass die Kommission dem Parlament und dem Rat bis November 2017 keinen Bericht über die Anwendung der Opferschutzrichtlinie gemäß Artikel 29 der Richtlinie vorgelegt hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, zusammenzuarbeiten und der Kommission alle einschlägigen Daten und Statistiken zu übermitteln, um ihr die Bewertung der Umsetzung der Richtlinie zu erleichtern;

2.

äußert Kritik daran, dass zwei Jahre nach Ablauf der Frist für die Umsetzung nur 23 von 27 Mitgliedstaaten die Opferschutzrichtlinie bis September 2017 offiziell umgesetzt hatten und dass einige dieser Mitgliedstaaten die Richtlinie bzw. einige ihrer Bestimmungen nur teilweise erfüllen;

3.

nimmt zur Kenntnis, dass einige Mitgliedstaaten bestimmte Bestimmungen der Opferschutzrichtlinie erfolgreich umgesetzt haben, nämlich:

das Recht auf Dolmetschleistung und Übersetzung;

den Anspruch auf rechtliches Gehör;

den Schutzanspruch von Opfern im Kindesalter;

die Rechte der Opfer bei der Anzeige einer Straftat;

das Recht auf Information bei der ersten Kontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde;

4.

bedauert jedoch, dass bei der Übernahme und Umsetzung der Richtlinie in vielen Mitgliedstaaten weiterhin große Mängel zu verzeichnen sind, insbesondere im Hinblick auf

die komplexen Verfahren für den Zugang zu Unterstützungsdiensten und Mängel im Opferunterstützungssystem, etwa unzureichender Zugang zu Prozesskostenhilfe und Entschädigungsleistungen, mangelnde finanzielle Unterstützung und Koordinierung zwischen Unterstützungsdiensten und inkohärente Vermittlungsmechanismen;

den Umstand, dass klare Informationen häufig in höchstens einer Sprache zur Verfügung stehen, was es in der Praxis den Opfern erschwert, im Ausland in einem anderen Mitgliedstaat Schutz zu suchen,

den fehlenden rechtlichen Fußhalt in grenzüberscheitenden Fällen und die Rechte von Opfern, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind, und den Umstand, dass keine Maßnahmen ergriffen werden, damit ein fehlender oder ungewisser Aufenthaltsstatus die Opfer nicht mehr daran hindert, ihre Rechte im Sinne dieser Richtlinie wahrzunehmen;

5.

weist darauf hin, dass vor allem bei Opfern geschlechtsbezogener Gewalt die Erstkontaktaufnahme mit dem Opfer unbedingt ordnungsgemäß erfolgen muss; stellt jedoch fest, dass einige der am stärksten gefährdeten Opfer – etwa Minderjährige und ungebildete, behinderte oder ältere Opfer sowie (aus Sprachgründen) Migranten und Opfer von Menschenhandel – möglicherweise Schwierigkeiten haben, die Angaben zu verstehen, die sie erhalten, und dass daher ihr Recht auf Information gemäß Artikel 4 der Richtlinie nicht vollständig ausgeübt wird, weswegen zwecks Unterstützung der Opfer ein Sachverständiger anwesend sein müsste; weist darauf hin, dass Artikel 4 zu den Stärken der Richtlinie gehört, da die Opfer so ihre Rechte auf verfügbare Unterstützung und Schutz gemäß der Richtlinie wahrnehmen können;

6.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den problemlosen Zugang zu Justiz und einem unentgeltlicher Prozesskostenhilfe zu fördern, da dadurch erheblich dazu beigetragen wird, das Schweigen zu brechen und das Vertrauen der Opfer in das Strafrechtssystem zu steigern, die Möglichkeit der Straflosigkeit verringert wird und das Opfer in die Lage versetzt wird, den Prozess der psychischen Rehabilitation einzuleiten;

7.

fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Recht auf Information, das gemäß Artikel 4 der Opferschutzrichtlinie gewährt wird, bei allen Opfern und möglichen Opfern umzusetzen und wirksam anzuwenden; weist darauf hin, dass die Informationsmechanismen in den Mitgliedstaaten verbessert werden müssen, damit die Opfer nicht nur ihre Rechte kennen, sondern auch wissen, wohin sie sich wenden können, damit sie diese Rechte wahrnehmen können; weist darauf hin, dass die Fachkräfte, die sich als Erste um die Opfer kümmern, gleichzeitig ihre wichtigste Anlaufstelle für Informationen über ihre Rechte und Programme sein sollen, die darauf ausgerichtet sind, durch die Viktimisierung verursachte Situationen zu lösen; betont, dass der Umstand, dass den Opfern vor, während und nach Strafverfahren keine Informationen bereitgestellt werden, zur Folge hat, dass die Rechte der Opfer kaum wahrgenommen werden und Unzufriedenheit mit dem Justizsystem herrscht, und die Opfer davon abhält, in den Strafverfahren einen aktiven Beitrag zu leisten;

8.

bedauert, dass es zu vielen Mitgliedstaaten nicht gelungen ist, die individuelle Begutachtung von Opfern in ihre Rechtsvorschriften umzusetzen, was zu Ineffizienz bei der Ermittlung und Feststellung ihrer besonderen Bedürfnisse, ihrer Behandlung mit Respekt und Würde und folglich bei der Gewährung von Schutz im Einklang mit ihren besonderen Bedürfnissen führt;

9.

weist darauf hin, dass die fehlende Umsetzung der Richtlinie in nationale Rechtsvorschriften in einigen Mitgliedstaaten dazu führt, dass die Bürger dieser Staaten hinsichtlich ihrer Rechte als europäische Bürger Diskriminierung erfahren;

10.

bedauert den Umstand, dass mit der Opferschutzrichtlinie die Ausübung des Anspruchs der Opfer auf Prozesskostenhilfe durch Bestimmungen eingeschränkt wird, mit denen die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, nur dann Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn das Opfer als Partei im Strafverfahren auftritt, und denen zufolge die Bedingungen oder Verfahrensvorschriften, wonach die Opfer Prozesskostenhilfe erhalten, im innerstaatlichen Recht festgelegt werden; betont, dass diese Einschränkungen vor allem für Opfer geschlechtsbezogener Gewalt eine Belastung darstellen, die nicht Anzeige erstatten und deren Fälle nie im Rahmen des Strafrechtssystems behandelt werden;

11.

stellt fest, dass durch andere Instrumente, mit denen ähnliche aufeinanderfolgende Ergänzungen der Opferrechte angegangen werden, die Kohärenz mit der Opferschutzrichtlinie komplizierter wird;

12.

weist darauf hin, dass Drittstaatsangehörige und Unionsbürger, die in einem anderen Mitgliedstaat Opfer einer Straftat werden, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus die Rechte, die Unterstützung und den Schutz im Sinne dieser Richtlinie genießen können und dass Opfer von Straftaten, die in einem anderen Mitgliedstaat verübt werden als dem ihres Wohnsitzes, bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats ihres Wohnsitzes Anzeige erstatten können; stellt jedoch fest, dass dieses Recht in vielen Fällen durch unsichere Bestimmungen der Mitgliedstaaten zur Extraterritorialität untergraben wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass der Aufenthaltsstatus kein Kriterium dafür ist, dass die Opferrechte in vollem Umfang in Anspruch genommen werden können, und ihre einzelstaatlichen Bestimmungen zur Extraterritorialität klarzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Opfern von Straftaten, die nicht in dem jeweiligen Mitgliedstaat wohnhaft sind, Zugang zu Unterstützungsdiensten und Informationen über ihre Rechte zu gewähren und konkrete Maßnahmen anzunehmen, bei denen es in erster Linie um die Rechte aller Opfer auf Entschädigung und in Strafverfahren geht; fordert in diesem Zusammenhang die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Behörden oder Einrichtungen zu treffen, die spezialisierte Hilfe anbieten, um sicherzustellen, dass die Opfer tatsächlich Zugang zu diesen Informationen und Diensten haben;

13.

erinnert die Mitgliedstaaten daran, dass Opfer mit unregelmäßigem Aufenthaltsstatus ebenfalls Zugang zu Rechten und Dienstleistungen wie geschützten Unterkünften und anderen spezialisierten Diensten im Sinne dieser Richtlinie haben sollten, beispielsweise zu Rechtsschutz und zu psychosozialer und finanzieller Unterstützung seitens der Mitgliedstaaten, ohne Angst haben zu müssen, dass sie abgeschoben werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen einzuführen, mit denen sichergestellt ist, dass diese Rechte und Dienstleistungen diskriminierungsfrei bereitgestellt werden; begrüßt die Schritte, die einige Mitgliedstaaten unternommen haben, um Opfern ohne Ausweispapiere eine Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen oder für die Dauer der Strafverfahren zu erteilen, womit Anreize für die Opfer gesetzt werden könnten, Straftaten zu melden, und der weit verbreiteten Straflosigkeit ein Riegel vorgeschoben werden könnte; fordert die Mitgliedstaaten auf, Gesetze zu verabschieden, mit denen Opfern mit Aufenthaltsstatus als Familienangehörige Wege eröffnet werden, Missbrauchssituationen zu entkommen, indem sie die Möglichkeit erhalten, einen unabhängigen Aufenthaltsstatus zu erlangen; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, den Austausch und die Bewertung bestehender bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und zu erleichtern, wobei auch die Sichtweisen der Opfer und der Zivilgesellschaft einbezogen werden;

Empfehlungen

Individuelle Begutachtung

14.

weist darauf hin, dass eines der wichtigsten Ziele der Opferschutzrichtlinie darin besteht, die Stellung der Opfer von Straftaten in der EU zu verbessern und die Opfer in den Mittelpunkt des Strafrechtssystems zu stellen;

15.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Rechte der Opfer von Hassverbrechen, beispielsweise Verbrechen gegen LGBTI-Personen oder aus rassistischen Gründen, zu stärken;

16.

betont, dass individuelle Begutachtungen ausschlaggebend sind, da sie die Rolle aller Opfer stärken, indem sie über ihre Rechte informiert werden, insbesondere das Recht, in den Verfahren, an denen sie beteiligt sind, Entscheidungen zu treffen, und, falls es sich um ein Kind handelt, das Recht auf Zugang zu besonderen Verfahrensgarantien in Strafverfahren, die vom Beginn des Gerichtsverfahrens an gelten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die rechtzeitige individuelle Begutachtung von Opfern ordnungsgemäß in ihre Rechtsvorschriften umzusetzen, und zwar erforderlichenfalls auch während der Erstkontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde, da diese Begutachtung ein wesentlicher Verfahrensschritt ist, damit die besonderen Bedürfnisse eines Opfers ermittelt und festgestellt werden können, anschließend besonderer Schutz in Übereinstimmung mit diesen Bedürfnissen gewährt werden kann und eine sekundäre und erneute Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung unterbunden werden; betont, dass individuelle Begutachtungen regelmäßig überprüft werden, damit laufende Bedürfnisse im Hinblick auf die Unterstützung ermittelt werden können, und dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Straftat eine Folgeüberprüfung bei den Opfern vorgenommen wird, der das vorhandene Wissen über Reaktionen auf Traumata zugrunde gelegt wird; weist darauf hin, dass besonders bei Opfern von Menschenhandel und minderjährigen Opfern von sexuellem Missbrauch eine individuelle Begutachtung erforderlich ist, da diese Straftaten besondere gesellschaftliche, körperliche und psychologische Auswirkungen haben; weist ferner darauf hin, dass alle individuellen Begutachtungen unter geschlechtsbezogenen Aspekten erfolgen sollten, da Frauen und LGBTQI-Personen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt sind, besonderer Aufmerksamkeit und besonderen Schutzes bedürfen, da ein hohes Risiko der wiederholten Viktimisierung besteht, weshalb besondere Maßnahmen und fachliche Unterstützung sichergestellt werden sollten;

Opferunterstützungsdienste

17.

bedauert, dass die Opfer beim Zugang zu Unterstützungsdiensten auf Schwierigkeiten stoßen; bedauert, dass in einigen Mitgliedstaaten bislang keine Opferunterstützungsdienste eingerichtet wurden; weist darauf hin, dass allen Opfern überall in der EU Opferunterstützungsdienste und Rechte gewährt werden sollten und dass sie zugänglich sein sollten, wenn eine Person noch nicht nachgewiesen hat, dass sie Opfer einer Straftat geworden ist, oder bevor ein offizielles Verfahren stattgefunden hat bzw. eine offizielle Handlung erfolgt ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, Frauenhäuser, in denen weibliche Opfer aller Arten von geschlechtsbezogener Gewalt Hilfe erhalten, bereitzustellen bzw. deren Zahl zu vergrößern und sie leichter zugänglich zu machen und dafür zu sorgen, dass Frauen, die Gewalt überlebt haben, niemals ein Platz verweigert wird; besteht darauf, dass die Dienste erweitert werden, damit den Bedürfnissen aller Frauen, insbesondere andersbefähigter Frauen und Migrantinnen, auch Migrantinnen ohne Ausweispapiere, angemessen Rechnung getragen wird; betont, dass diese Dienste auch ambulante fachliche Unterstützung wie Informationen und Beratung, Begleitung zum Gericht und Öffentlichkeitsarbeit bieten sollten; ist der Auffassung, dass Frauenhäuser allen Frauen helfen sollten, die mit Gewalt in engen Beziehungen zu kämpfen haben, und den Frauen und ihren Kindern rund um die Uhr kostenlos zur Verfügung stehen sollten, damit sich die Frauen sicher und in der Lage fühlen können, geschlechtsbezogene Gewalt zu melden;

18.

fordert die Mitgliedstaaten auf, besonderes Augenmerk auf die individuelle Begutachtung von Kindern und minderjährigen Opfern aller Formen von Gewalt, insbesondere Menschenhandel, auch zum Zwecke sexueller Ausbeutung, geschlechtsbezogene Gewalt und sexuellen Missbrauch sowie sexuelle Ausbeutung, zu legen; weist darauf hin, dass stets davon auszugehen ist, dass Opfer im Kindesalter aufgrund ihrer besonderen Gefährdung gemäß Artikel 22 Absatz 4 der Richtlinie besonderen Schutz benötigen; weist darauf hin, dass die Betreuung von Kindern und jugendlichen Opfern so erfolgen muss, dass ihre Gefährdung angemessen berücksichtigt wird;

Schulung

19.

betont, dass dringend weitere Schulungsprogramme auf Unionsebene sichergestellt werden müssen, damit die Verfahren in den Mitgliedstaaten vereinheitlicht und standardisiert werden und europäische Bürger Gleichbehandlung erfahren können;

20.

fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte Schulungsmaßnahmen für diejenigen anzubieten, die für die Betreuung von Opfern von Terroranschlägen zuständig sind, und die hierfür erforderlichen Mittel zu bewilligen;

21.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gleichstellungsorientierte Schulungsprogramme und Leitlinien für alle Fachkräfte bereitzustellen, die mit Opfern von Straftaten zu tun haben, etwa Rechtsfachkräfte, Polizeibeamte, Strafverfolgungsbehörden, Richter, Angehörige der Gesundheitsberufe, Sozialarbeiter und Organisationen der Zivilgesellschaft; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Unionsmittel für diese Schulungen angemessen zu nutzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, konkret dafür zu sorgen, dass sie alle Verpflichtungen betreffend die Schulung von Polizeibeamten erfüllen, damit sie individuelle Begutachtungen besser und fristgerecht vornehmen können, wenn eine Straftat begangen wurde; fordert die Mitgliedstaaten auf, einer erneuten oder sekundären Viktimisierung der Opfer von Straftaten vorzubeugen, die Opfer über ihre Rechte und die Dienste, die sie in Anspruch nehmen können, zu informieren und ihnen Handlungsmöglichkeiten bereitzustellen, um die posttraumatische Belastung zu verringern; betont, dass diese Schulungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und regierungsunabhängigen Organisationen auch in Bildungsprogramme einfließen sollten und dass regelmäßig Pflichtschulungen und besondere Schulungen für alle Fachkräfte angeboten werden sollten, die mit Opfern von Straftaten zu tun haben, damit eine auf die Besonderheiten und Bedürfnisse der einzelnen Arten von Opfern abgestimmte Denkweise entwickelt wird, Fachkräfte bei der Vorbeugung von Gewalt unterstützt werden und gefährdete Gruppen wie Kinder, Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt sind, Opfer von Menschenhandel, LGBTI-Personen und Menschen mit Behinderungen angemessen unterstützt werden; weist darauf hin, dass die Schulung von Personal unbedingt erforderlich ist, damit die Ziele der Richtlinie wirksam umgesetzt werden können; ist der Ansicht, dass diese Schulungen auch Leitlinien zu der Frage umfassen sollten, wie der Schutz der Opfer vor Zwang, Missbrauch und Gewalt und ihre körperliche und geistige Unversehrtheit sichergestellt werden können; ist ferner der Ansicht, dass bei allen Schulungen der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit als Eckpfeiler der Richtlinie hervorgehoben werden muss;

22.

weist darauf hin, dass minderjährige Opfer von Straftaten besonders gefährdet sind und daher besonderes Augenmerk auf die Schulung von Fachkräften gelegt werden muss, die mit Opfern von Straftaten im Zusammenhang mit Kindern zu tun haben, vor allem bei sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung, wobei die Bedürfnisse der verschiedenen Altersklassen zu berücksichtigen sind; betont, dass diese Fachkräfte kinderfreundlich kommunizieren sollten;

23.

fordert die Kommission auf, dem internationalen Tag der Opfer des Terrorismus in der Praxis Bedeutung zu verleihen, indem wenigstens zweimal jährlich ein internationales Treffen veranstaltet wird, das eigens dem Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen lokalen, regionalen und nationalen Behörden der Mitgliedstaaten und dem Sammeln der Zeugenaussagen von Opfern gewidmet ist; ist der Ansicht, dass dies dazu beitragen dürfte, dass die Richtlinie schnell, einheitlich und vollständig umgesetzt wird, allgemeine Anwendungsprobleme frühzeitig erkannt werden und ein Verfahren für die laufende Bewertung, inwiefern mit der Richtlinie auf das Thema aufmerksam gemacht werden kann, Anwendung findet, und Bezeugungen der Solidarität und institutionellen und sozialen Unterstützung der Opfer eine operative Dimension verleihen dürfte;

24.

betont, dass Angehörige der Gesundheitsberufe eine wesentliche Rolle spielen, wenn es gilt, Opfer häuslicher Gewalt zu erkennen, da Gewalt gegen Frauen in engen Beziehungen sowohl die körperliche als auch die geistige Gesundheit langfristig beeinflusst; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Angehörige der Gesundheitsberufe Zugang zu Informationen über Opferunterstützungsdienste und die Rechte der Opfer haben, und gezielte Schulungsmaßnahmen für zahlreiche Angehörige der Gesundheitsberufe wie Allgemeinmediziner, Fachärzte für Notfallmedizin, Krankenschwestern, medizinische Assistenten, Sozialarbeiter in Krankenhäusern und Arzthelfer anzubieten, um dem Opfer wirksame Unterstützung bieten zu können, vor allem bei geschlechtsbezogener Gewalt, und so den Angehörigen der Gesundheitsberufe zu ermöglichen, mögliche Missbrauchsfälle zu ermitteln und Frauen, die Opfer geworden sind, dazu anzuhalten, sich an eine zuständige Behörde zu wenden;

Grenzüberschreitende Dimension

25.

fordert die Mitgliedstaaten auf, bei schweren Straftaten – wenn das Opfer beispielsweise getötet oder schwer verletzt wurde –, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Wohnsitzes des Opfers verübt wurden, den Familienangehörigen finanzielle Unterstützung und Prozesskostenhilfe zukommen zu lassen, vor allem wenn die Familie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um in den betreffenden Mitgliedstaat zu reisen und dort vor Gericht aufzutreten, psychologische Hilfe zu finanzieren oder die Opfer zurückzuführen;

26.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verfahren und die Übermittlung von Urteilen in Fällen geschlechtsbezogener Gewalt, die in einem Land verkündet werden, vor allem bei internationalen Paaren zu beschleunigen, damit die Behörden der Länder der beiden Ehepartner so früh wie möglich entsprechend tätig werden können und verhindert wird, dass das Sorgerecht für die Kinder einem Vater zugesprochen wird, der in einem anderen Land der geschlechtsbezogenen Gewalt bezichtigt wird;

27.

fordert die Kommission und den Rat auf, die Rechte der Opfer weiterzuentwickeln, damit die EU bei dem Schutz der Opferrechte eine Führungsrolle übernehmen kann;

Verfahrensrechte

28.

betont, dass unentgeltliche Prozesskostenhilfe angeboten und gleichzeitig dafür Sorge getragen werden muss, dass der bürokratische Aufwand für das Opfer so gering wie möglich bleibt;

29.

fordert insbesondere die Mitgliedstaaten auf, vertrauliche und anonyme Verfahren zur Meldung von Straftaten einzurichten, vor allem für Fälle von sexuellem Missbrauch und Missbrauch von Menschen mit Behinderungen und Minderjährigen, damit die Zahl der Meldungen überwacht und ausgewertet werden kann und sichergestellt ist, dass Opfer ohne Ausweispapiere Anzeige erstatten können, ohne dass die Gefahr von einwanderungsbezogenen Konsequenzen besteht;

30.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die strafprozessrechtlichen Maßnahmen zu intensivieren, mit denen sichergestellt wird, dass Opfer im Kindesalter – auch die besonderen Bedürfnisse von minderjährigen Opfern geschlechtsbezogener Gewalt, vor allem wenn die Kindsmutter von ihrem Partner getötet wurde – während der gesamten Strafverfahren geschützt werden, und dafür zu sorgen, dass sie anschließend Unterstützung und soziale und psychologische Hilfe erhalten, damit Opfer im Kindesalter keiner sekundären Viktimisierung ausgesetzt sind; fordert die Mitgliedstaaten überdies auf, konkrete Maßnahmen zu fördern, mit denen die Rolle der nationalen Notrufnummern für Opfer im Kindesalter verbessert wird, da nur wenige Kinder derlei Fälle selbst zur Anzeige bringen;

31.

fordert die Mitgliedstaaten auf, erhebliche Fälle geschlechtsbezogener Gewalt, auch häuslicher Gewalt, bei der Zuteilung des Sorge- und Besuchsrechts zu berücksichtigen, und ist der Ansicht, dass die Rechte und Bedürfnisse von Kindern, die Zeugen von Gewalt geworden sind, bei der Bereitstellung von Schutz und Hilfsleistungen für Opfer ebenfalls berücksichtigt werden sollten;

32.

erinnert die Mitgliedstaaten daran, dass sie kostenlose Dolmetschleistungen und Übersetzungen zur Verfügung stellen müssen, da mangelnde Information in anderen Sprachen ein Hindernis für den wirksamen Schutz der Opfer und eine Form der Diskriminierung gegenüber den Opfern darstellen kann;

33.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich aktiv an Informationskampagnen zu beteiligen und dabei eng zusammenzuarbeiten, um die allgemeine Öffentlichkeit stärker auf die Rechte von Opfern im Sinne der Unionsrechtsvorschriften aufmerksam zu machen, darunter auch die besonderen Bedürfnisse von Opfern im Kindesalter; betont, dass diese Aufklärungskampagnen auch in Schulen stattfinden sollten, damit die Kinder über ihre Rechte informiert und mit den nötigen Werkzeugen ausgestattet werden, die es ihnen erlauben, alle Formen der Kriminalität, deren Opfer oder Zeugen sie werden, zu erkennen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Kampagnen zu entwickeln, mit denen Anreize für Frauen und LGBTQI-Personen gesetzt werden, damit sie geschlechtsbezogene Gewalt jeglicher Art melden und so den Schutz und die Unterstützung erhalten, die sie benötigen;

34.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich über bewährte Verfahren für einen auf die Opfer ausgerichteten Ansatz für Polizeibeamte bei ihrer täglichen Arbeit auszutauschen;

35.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich auf regionaler und nationaler Ebene aktiv an Kampagnen zu beteiligen, mit denen geschlechtsbezogener Gewalt und erneuter Viktimisierung im Rechtssystem und in den Medien vorgebeugt wird, und einen kulturellen Wandel der öffentlichen Meinung zu fördern, um zu verhindern, dass es zu einer Haltung oder einem Verhalten kommt, bei dem Täter- und Opferrolle umgekehrt werden, was Opfer besonderer Straftaten wie geschlechtsbezogener Gewalt oder sexuellen Missbrauchs zusätzlich traumatisieren kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, Anreize für den privaten Sektor, die IT-Branche und die Medien zu setzen, damit sie ihr Potenzial bestmöglich ausschöpfen und sich an der Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt beteiligen;

36.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich über bewährte Verfahren betreffend die Einrichtung von Mechanismen auszutauschen, mit denen Opfer dazu ermutigt werden und es ihnen erleichtert wird, die Straftaten, die an ihnen verübt wurden, zur Anzeige zu bringen;

37.

fordert die Mitgliedstaaten auf, konkrete Maßnahmen für den Fall von Anschlägen mit vielen Opfern festzulegen, damit viele Opfer an Strafverfahren teilnehmen können;

38.

weist die Mitgliedstaaten darauf hin, dass besonderes Augenmerk auf die Gefahr von Einschüchterungs- und Vergeltungsmaßnahmen sowie darauf gelegt wird, dass die Würde und körperliche Unversehrtheit der Opfer gewahrt werden muss, und zwar auch während ihrer Anhörung und Zeugenaussage, damit ermittelt werden kann, ob und inwiefern diese Personen im Laufe des Strafverfahrens Schutz benötigen;

39.

weist darauf hin, dass die Opfer unbedingt über den Fortschritt der Strafverfahren gegen die Täter, die Straftaten an ihnen begangen haben, informiert werden müssen, vor allem, wenn Freiheitsstrafen verhängt wurden oder vollzogen werden;

Institutionelle Perspektive

40.

fordert die Kommission auf, ihrer Berichtspflicht gemäß der Richtlinie nachzukommen;

41.

weist darauf hin, dass einschlägige aufgeschlüsselte, vergleichbare Daten zu allen Straftaten, insbesondere bei Gewalt gegen Frauen und Menschenhandel, besonders wichtig sind, damit das Problem besser erfasst, das Bewusstsein dafür gestärkt und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Opfer bewertet und verbessert werden können;

42.

fordert die Kommission auf, die rechtlichen und praktischen Mängel bei der Umsetzung der Richtlinie durch das richtige Zusammenspiel der verschiedenen Rechtsakte der EU zum Opferschutz zu beheben, beispielsweise der Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung, der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer, der Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und der Richtlinie 2014/42/EU über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der EU; fordert alle Mitgliedstaaten und die EU auf, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (15) zu ratifizieren und vollständig durchzusetzen, Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu verhindern und zu bekämpfen und diese wichtigen Instrumente kohärent umzusetzen, damit die Opfer in Europa ihre Rechte uneingeschränkt wahrnehmen können;

43.

fordert die Kommission auf, in ihre Überwachung und Berichterstattung auch branchenbezogene Untersuchungen einzubeziehen und eine gleichberechtigte Anwendung der Richtlinie sicherzustellen, damit alle Opfer unabhängig von den Gründen der Viktimisierung oder besonderen Merkmalen wie Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Geschlechtsidentität, Ausdruck der Geschlechtlichkeit, sexueller Ausrichtung, Geschlechtsmerkmalen, Behinderungen, Migrationsstatus oder einem sonstigen Status Schutz erhalten;

44.

weist darauf hin, dass die Begriffsbestimmung des Begriffs „Opfer“ auch Familienangehörige von Opfern einschließt, und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Begriff „Familienangehörige“ – und andere Schlüsselbegriffe wie „besonders schutzbedürftig“ – breit auszulegen, damit die Liste möglicher Rechteinhaber nicht unnötig eingeschränkt wird;

45.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen vorzusehen, damit sichergestellt wird, dass schriftliche und mündliche Mitteilungen den Standards der einfachen Sprache entsprechen, auf Minderjährige und Menschen mit Behinderungen angepasst und in einer Sprache verfasst sind, die das Opfer versteht, und die Opfer vor, während und nach Strafverfahren in verständlicher, angemessener und gezielter Weise über ihre Rechte informiert bleiben;

46.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass Verzögerungen aufgrund von Schwierigkeiten mit Übersetzungen oder Dolmetschen berücksichtigt werden, sofern die Wahrnehmung von Rechten an Verjährungsfristen gebunden ist;

47.

fordert die sieben Mitgliedstaaten, die dem noch nicht nachgekommen sind, auf, ausgehend von den einschlägigen Bestimmungen in der Opferschutzrichtlinie zu dem Recht auf Schutz der Privatsphäre, dem Schutzanspruch und insbesondere dem Recht auf Vermeidung des Zusammentreffens mit dem Straftäter oder, falls zutreffend, mit anderen potenziellen Straftätern oder Komplizen gemäß Artikel 34 des Übereinkommens des Europarats Stalking in ihren Rechtsvorschriften als Straftat zu erachten, da es eine allgemeine Form geschlechtsbezogener Gewalt ist, die besonderer Präventionsmaßnahmen bedarf;

48.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Opfer nicht im Nachhinein Erniedrigungen oder Angriffen auf ihre Ehre seitens gesellschaftlicher Gruppen ausgesetzt sind, die dem Straftäter nahestehen; weist darauf hin, dass diese Ausdrucksformen eine sekundäre Viktimisierung darstellen und nicht in den Geltungsbereich der freien Meinungsäußerung nach Artikel 10.2 der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fallen (16);

49.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass nach einem Angriff eine Notrufnummer erreichbar ist oder vorzugsweise diese Leistung in das unter der europäischen Notrufnummer 112 erhältliche Dienstangebot aufgenommen wird und dass Vorkehrungen getroffen werden, damit Unterstützung in Gebärdensprache gewährt werden kann; fordert daher alle Mitgliedstaaten auf, Artikel 22 der Opferschutzrichtlinie umgehend in ihre Rechtsvorschriften umzusetzen;

50.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass in Fällen, in denen ein Opfer von Terrorismus nicht in dem Mitgliedstaat wohnhaft ist, in dem die terroristische Handlung stattgefunden hat, dieser Mitgliedstaat mit dem Wohnsitzmitgliedstaat zusammenarbeitet, um die Unterstützung für das Opfer zu erleichtern;

51.

fordert die Mitgliedstaaten auf, rund um die Uhr eine kostenlose nationale Notrufnummer für Frauen und LGBTQI-Personen anzubieten, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind;

52.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Opfern vor, während und nach Strafverfahren Unterstützung von Opferunterstützungsdiensten zukommen zu lassen, darunter auch psychologische Unterstützung; weist darauf hin, dass der Zivilgesellschaft bei der Unterstützung der Opfer wesentliche Bedeutung zukommt; ist jedoch der Ansicht, dass sich die Regierung nicht nur auf regierungsunabhängige Organisationen stützen darf, wenn es gilt, wesentliche Unterstützungsdienste für Opfer bereitzustellen (ehrenamtliches Engagement); besteht darauf, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass mehr Mittel und Ressourcen für regierungsunabhängige Organisationen bereitgestellt werden, die sich für die Rechte der Frau und Opferrechte einsetzen, und Kapazitäten aufbauen müssen, damit Opferhilfemechanismen entwickelt werden können, und zwar unter Einbeziehung der Strafverfolgungsbehörden, Gesundheits- und Sozialdienste und der Zivilgesellschaft;

53.

fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Notfallplanung zur Unterstützung der Opfer von Terrorismus Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, um die Bereitstellung angemessener Betreuungsdienste unmittelbar nach einem Anschlag sowie langfristig sicherzustellen;

54.

fordert die Mitgliedstaaten auf, konkrete Maßnahmen vorzusehen, damit Opfer, die nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats wohnhaft sind, in dem der Terroranschlag verübt wurde, mit Informationen versorgt werden; ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen insbesondere auf die Rechte von Opfern mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat in Strafverfahren und auf Entschädigungen ausgerichtet sein sollten;

55.

fordert alle Mitgliedstaaten auf, jederzeit gegen Straflosigkeit vorzugehen und sicherzustellen, dass die Straftäter vor Gericht gebracht werden, damit sich die Opfer geschützt fühlen können, da dies ansonsten schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Rehabilitation des Opfers haben kann; fordert ferner alle Mitgliedstaaten auf, branchenübergreifend vorzugehen, wenn es gilt, systembezogene Faktoren zu ermitteln und anzugehen, die zu einer wiederholten Viktimisierung von gefährdeten Personen bzw. häufig diskriminierten Personen beitragen, da dies ansonsten schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Rehabilitation des Opfers haben kann;

56.

fordert die Mitgliedstaaten auf, gesetzliche Regelungen einzuführen, damit die Verherrlichung bestimmter terroristischer Handlungen strafbar wird, wenn die Opfer dadurch erniedrigt werden und es zu einer sekundären Viktimisierung kommt, indem die Würde der Opfer angetastet und ihre Rehabilitation beeinträchtigt wird;

57.

ist der Ansicht, dass den Opfern des Terrorismus als Zeichen, dass Europa für den demokratischen Pluralismus einsteht, ein wesentlicher Stellenwert in der europäischen Gesellschaft beigemessen werden muss; fordert daher, dass Kongresse, Gedenkfeiern und audiovisuelle Materialien vorbereitet werden, mit denen das Bewusstsein der europäischen Bürgerinnen und Bürger geschärft wird, und ein Register der europäische Opfer zu Verwaltungszwecken erstellt wird;

58.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für mehr Schutz für Opfer geschlechtsbezogener Gewalt, auch sexueller Gewalt, zu sorgen und so den Zugang zur Justiz sowie wirksamere Strafverfahren sicherzustellen;

59.

weist darauf hin, dass die Opfer von Terroranschlägen sich dadurch auszeichnen, dass sie besonders eingestuft werden und besondere Bedürfnisse haben; fordert die Kommission auf, eine besondere Richtlinie für den Schutz der Opfer von Terroranschlägen zu verfassen;

60.

fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der gezielten Unterstützung von Opfern mit besonderen Bedürfnissen wie Kindern, Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind, Opfern von Menschenhandel und Menschen mit Behinderungen Unterstützungsdienste wie Hilfe und Beratung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse und Zugang zu den erforderlichen Gesundheitsdiensten, etwa der sexuellen und der reproduktiven Gesundheit, sicherzustellen;

61.

fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Qualitätskontrollmechanismen einzurichten, damit bewertet werden kann, ob sie den Anforderungen an gleichstellungsorientierte und frauen- und kinderfreundliche Standards hinsichtlich Bestimmungen von Opferunterstützungsdiensten Genüge getan haben, um die Meldung von Straftaten zu fördern und die Opfer wirksam zu schützen;

62.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den Opfern zu helfen, rechtliche, finanzielle und praktische Schwierigkeiten und die Gefahr einer weiteren Viktimisierung zu bewältigen;

63.

fordert die Kommission auf, die mögliche Anwendung des von der Union finanzierten Projekts „InfoVictims“ als Werkzeug zu fördern, mit dem die Opfer mithilfe verschiedener Kommunikationsmittel wie Broschüren und Poster über Strafverfahren informiert werden; ist der Auffassung, dass mit diesem Projekt der Austausch über bewährte Verfahren im Hinblick auf die Information der Opfer von Straftaten verbessert wird;

64.

fordert die Mitgliedstaaten auf, koordinierte Mechanismen einzurichten, mit denen Informationen über Opfer von Terroranschlägen gesammelt werden können, die in ihrem Hoheitsgebiet verübt werden, und den Opfern durch die Schaffung und Entwicklung einer einheitlichen Anlaufstelle ein Internetportal und eine Notfallhotline oder andere Kommunikationsmittel wie E-Mail oder multimediale Nachrichtendienste zu bieten, die den Zugang zu sicheren, personalisierten, konkreten und einschlägigen Informationen im Einklang mit den Bedürfnissen des Anwenders ermöglichen, und ihnen so einen vertraulichen, kostenlosen und leicht zugänglichen Unterstützungsdienst zu bieten; weist darauf hin, dass dieser Unterstützungsdienst Opfern von Terrorismus Hilfe und Unterstützung bieten können muss, die auf ihre konkreten Bedürfnisse abgestimmt sind, etwa emotionale und psychologische Betreuung und Beratung und Information über rechtliche, praktische oder finanzielle Fragen, dass er außerdem in der Lage sein muss, den Opfern bei der Kontaktaufnahme mit den verschiedenen Verwaltungsstellen zu helfen und sie im Bedarfsfall in diesem Zusammenhang unmittelbar nach dem Anschlag und während etwaiger Strafverfahren zu vertreten, und sie bei nationalen Verfahren im Zusammenhang mit Schadenersatzforderungen unterstützen muss;

65.

fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um so gut wie möglich Angriffe auf das Privatleben der Opfer und Familienmitglieder zu verhindern, insbesondere was die Ermittlungstätigkeit und Gerichtsverfahren betrifft;

66.

fordert die Kommission auf, das derzeitige EU-Justizportal zu einer benutzerfreundlicheren Plattform zu machen, auf der Opfer genaue und leicht verständliche Informationen über ihre Rechte und die Schritte erhalten, die vorzunehmen sind;

67.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich unter uneingeschränkter Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gemeinsam mit den Medien und Journalisten dafür einzusetzen, dass unmittelbar nach einem Terroranschlag Selbstregulierungsmaßnahmen ergriffen werden, um den Schutz des Privatlebens von Opfern und ihren Familienmitgliedern zu gewährleisten, und darüber hinaus den Wert der Zusammenarbeit mit spezialisierten Diensten für Opferhilfe und -unterstützung anzuerkennen, die Opfern beim Umgang mit der medialen Aufmerksamkeit, die sie erhalten, Beistand leisten;

68.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Koordinierungsmechanismen einzurichten, mit denen ein wirksamer Übergang der Unterstützung der Opfer von der unmittelbaren geschlechtsbezogenen Betreuung nach einer Straftat zur bedarfsgerechten langfristigen Unterstützung sichergestellt wird; weist darauf hin, dass in diesen Prozess und alle Phasen der Planung, Entscheidungsfindung und Durchführung die lokalen und regionalen Behörden einbezogen werden müssen, die normalerweise die meisten Unterstützungsdienste erbringen, die die Opfer brauchen; betont, dass mit diesen Mechanismen in erster Linie die Vermittlung der Opfer an langfristige Dienste sichergestellt werden sollte, in deren Rahmen verschiedene Organisationen Unterstützung in verschiedenen Phasen bieten; ist der Ansicht, dass diese Mechanismen auch eine grenzüberschreitende Funktion haben sollten, damit Opferunterstützungsdienste erbracht werden können, und das Recht des Opfers auf Information, Unterstützung und Entschädigung an seinem Wohnort gewahrt werden sollte, wenn die Straftat in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Wohnsitzes des Opfers verübt wurde;

69.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für Terroranschläge ein Koordinierungszentrum einzurichten, mit dessen Hilfe Organisationen und Sachverständige mit der notwendigen Fachkenntnis zusammengeführt und den Opfern, ihren Familien und Angehörigen Informationen, Unterstützung und praktische Dienste geboten werden können; weist darauf hin, dass diese Dienste vertraulich, kostenlos und allen Opfern des Terrorismus leicht zugänglich sein sollten und insbesondere Folgendes umfassen sollten:

a)

fachliche emotionale und psychologische Unterstützung, einschließlich Hilfe und Beratung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, die speziell auf die Bedürfnisse der Opfer des Terrorismus zugeschnitten sind;

b)

Leistungen zur beruflichen Wiedereingliederung, um Opfer, die unter Verletzungen und gesundheitlichen Schädigungen leiden, bei der Suche nach einer neuen Stelle oder bei beruflicher Veränderung zu unterstützen;

c)

Förderung eines sicheren, virtuellen Kontaktaufbaus zwischen Opfern sowie von Selbsthilfegruppen, die durch Opfer geleitet werden;

d)

gemeinschaftsbasierte Unterstützungsleistungen;

e)

Dienste, die die Familienmitglieder über die Identifizierung von Opfern und ihre sterblichen Überreste informieren und die die sterblichen Überreste überführen;

70.

bedauert, dass der Geltungsbereich der Opferschutzrichtlinie im Vergleich zum Übereinkommen von Istanbul stärker beschränkt ist, was den Schutz der Opfer vor geschlechtsbezogener Gewalt betrifft (darunter auch Personen, die von Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen betroffen sind); begrüßt jedoch den verstärkten Rechenschaftsmechanismus der Richtlinie und weist darauf hin, dass die beiden Instrumente gemeinsam gefördert werden sollten, damit die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt in größtmöglichem Maße geschützt werden;

71.

fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessenes Informationsmaterial und kostenlose Prozesskostenhilfe für Opfer des Terrorismus bereitzustellen, die auch an Strafverfahren beteiligt sind, damit eine Entscheidung über Entschädigungsleistungen gefällt werden kann;

72.

fordert die Kommission auf, die Schaffung eines europäischen Unterstützungsfonds für Opfer terroristischer Handlungen vorzuschlagen;

73.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Folgendes einzurichten:

a)

eine dauerhafte spezielle Website, auf der alle öffentlichen Informationen über infolge eines Terroranschlags, der in dem jeweiligen Mitgliedstaat verübt wurde, eingerichtete Hilfsdienste zur Verfügung gestellt werden und die folgende Informationen enthalten sollte, die dringend zur Verfügung gestellt werden müssen: Kontaktinformationen jeder Organisation, die für die Bereitstellung von Unterstützung und Informationen für die Opfer, Familienmitglieder und die Öffentlichkeit nach einem Terroranschlag zuständig ist, sowie Informationen über den Anschlag und Maßnahmen, die als Reaktion auf den Anschlag festgelegt wurden, einschließlich Informationen über die Suche oder in Verbindung mit vermissten Opfern und Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer, um nach Hause zurückzukehren, wobei diese Folgendes umfassen sollten:

i.

Wiedererlangung von Eigentum, das in Folge eines Anschlags verloren gegangen ist;

ii.

normale psychische Reaktionen der Opfer auf einen Anschlag und Beratung von Opfern über Möglichkeiten zur Abmilderung negativer Reaktionen sowie Informationen über mögliche unsichtbare Verletzungen wie Hörverlust;

iii.

Informationen über den Ersatz von Ausweisdokumenten;

iv.

Informationen über das Beziehen finanzieller Hilfe, von Entschädigung oder staatlichen Leistungen;

v.

Informationen über die besonderen Rechte der Opfer des Terrorismus und ihrer Familienangehörigen, etwa Rechte in Strafverfahren gemäß der Opferschutzrichtlinie;

vi.

jegliche weiteren Informationen, die als notwendig erachtet werden, um sicherzustellen, dass Opfer über ihre Rechte, ihre Sicherheit oder die für sie verfügbaren Dienste unterrichtet werden;

b)

eine Website mit privatem Zugang, die den Opfern von Terroranschlägen und ihren Familienangehörigen zur Verfügung steht und den Opfern Informationen bietet, die nicht öffentlich verfügbar sind;

c)

Pläne bezüglich der Information von Familienangehörigen über die Situation der Opfer;

d)

einheitliche Einholung von Informationen über Opfer durch alle Behörden und Organisationen, die für die Aufnahme, Behandlung und Unterstützung der Opfer zuständig sind; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Informationen entsprechend dem Bedarf aller an der Reaktion auf den Terroranschlag beteiligten Organisationen und zur Unterstützung der Opfer und ihrer Familien gesammelt werden sollten;

74.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ein nationales Netz der Opferunterstützungsdienste einzurichten, damit diese Organisationen besser zusammenarbeiten können, und Arbeitsgruppen ins Leben zu rufen, damit bewährte Verfahren ausgetauscht, Schulungsmaßnahmen entwickelt und die Kommunikation zwischen Behörden und Opfern von Straftaten verbessert werden können;

75.

fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten in einen Dialog zu treten, damit die eklatanten Unterschiede (17) gemindert werden, die bei den staatlichen finanziellen Entschädigungsleistungen auftreten, die die einzelnen Staaten den Opfern von Terroranschlägen gewähren;

76.

weist nachdrücklich darauf hin, dass die Mitgliedstaaten unbedingt respektvoll, einfühlsam und professionell mit Opfern von Straftaten umgehen müssen, damit diese Opfer ermutigt werden, die Straftaten bei Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden oder Angehörigen der Gesundheitsberufe zu melden;

77.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Notrufnummer 112 von Menschen mit Behinderungen problemlos genutzt werden kann und Kampagnen durchgeführt werden, um den Bekanntheitsgrad dieser Nummer zu erhöhen;

78.

fordert die Kommission erneut auf, so bald wie möglich eine europäische Strategie zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen geschlechtsbezogener Gewalt vorzulegen, die einen Rechtsakt enthält, mit dem die Mitgliedstaaten dabei unterstützt werden, jeder Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und geschlechtsbezogener Gewalt vorzubeugen und diese zu verfolgen; fordert den Rat erneut auf, die Überleitungsklausel zu aktivieren, d. h. einstimmig einen Beschluss zu fassen, der Gewalt gegen Frauen und Mädchen (und andere Formen geschlechtsspezifischer Gewalt) als Straftaten gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV definiert;

79.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Mechanismen einzurichten, mit denen angemessene Entschädigungszahlungen eingefordert werden können, die von den Straftätern zu leisten sind;

80.

fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Bestimmungen der Opferschutzrichtlinie wirkungsvoll und mit ausreichenden wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen ordnungsgemäß und in uneingeschränkter Zusammenarbeit mit der Kommission und anderen einschlägigen Akteuren, etwa der Zivilgesellschaft, umzusetzen;

81.

fordert die Kommission auf, den Schutz der persönlichen Sicherheit und den Schutz aller Menschen vor geschlechtsbezogener und zwischenmenschlicher Gewalt als Priorität in die Europäische Sicherheitsagenda aufzunehmen;

o

o o

82.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 131 vom 20.5.2017, S. 11.

(2)  ABl. L 131 vom 20.5.2017, S. 13.

(3)  ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 1.

(4)  ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6.

(5)  ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 1.

(6)  ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 4.

(7)  ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.

(8)  ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2.

(9)  ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.

(10)  ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1.

(11)  Angenommene Texte, P8_TA(2017)0501.

(12)  ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 39.

(13)  ABl. L 261 vom 6.8.2004, S. 15.

(14)  Angenommene Texte, P8_TA(2017)0329.

(15)  Siehe Entschließung des Parlaments vom 12. September 2017 zum Abschluss des Übereinkommens des Europarats.

(16)  Urteil der Kammer vom 16. Juli 2009, Féret gegen Belgien, C-573.

(17)  Staatliche finanzielle Entschädigungsleistungen reichen von einem symbolischen Euro in einigen Mitgliedstaaten bis hin zu mehr als 250 000 Euro in anderen.


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