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Document 52017AE3297

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (PEPP)“ (COM(2017) 343 final — 2017/0143 (COD))

ABl. C 81 vom 2.3.2018, p. 139–144 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

2.3.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 81/139


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (PEPP)“

(COM(2017) 343 final — 2017/0143 (COD))

(2018/C 081/19)

Berichterstatter:

Philip VON BROCKDORFF

Befassung

Rat der Europäischen Union, 4.9.2017

Europäisches Parlament, 11.9.2017

Rechtsgrundlage

Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme in der Fachgruppe

5.10.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

19.10.2017

Plenartagung Nr.

529

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

132/4/4

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist mit den Bestimmungen des Verordnungsvorschlags und dem damit verfolgten Ziel, die Investitionen in der EU anzukurbeln, einverstanden; allerdings ist unklar, ob die mit dieser Initiative generierten Investitionen innerhalb der EU bleiben werden.

1.2.

Der EWSA begrüßt alle Bemühungen, die Bürgerinnen und Bürger der EU zu ermuntern, angemessene Vorkehrungen für ihre Altersvorsorge zu treffen. Dem EWSA ist jedoch ebenfalls nicht klar, welche Auswirkungen europaweite private Altersvorsorgeprodukte („PEPP“) auf die Arbeitsmobilität in der EU haben werden.

1.3.

Der EWSA geht davon aus, dass PEPP wahrscheinlich nur für eine begrenzte Zahl an Gruppierungen attraktiv sein werden, insbesondere für mobile Arbeitnehmer, die während ihres gesamten Berufslebens in mehreren verschiedenen Mitgliedstaaten arbeiten, sowie für selbständig Erwerbstätige. Die Mitgliedstaaten sollten nach Kräften dazu angehalten werden, zu einer gerechten Besteuerung dieser Art von Produkt zu gelangen. Zudem betont er, dass diese Initiative keinesfalls als eine Schmälerung der Bedeutung der staatlichen Rente oder betrieblichen Altersversorgung ausgelegt werden sollte.

1.4.

Der EWSA betont die Notwendigkeit von Verbraucherschutz- und Risikominderungsmaßnahmen für Sparer sowohl während des Erwerbslebens als auch nach dem Eintritt in den Ruhestand. Es wird nachdrücklich empfohlen, für mehr Klarheit bezüglich der Garantien im Rahmen der Standardoption zu sorgen. Diese Frage muss von der Kommission möglichst bald angegangen werden.

1.5.

Der EWSA betont zudem die Rolle der EIOPA (1) bei der Überwachung des Marktes und der einzelstaatlichen Aufsichtssysteme im Hinblick auf die Konvergenz und Kohärenz innerhalb der EU, insbesondere in Bezug die Governancestruktur der PEPP eines jeden Anbieters.

1.6.

Da die Wechselwirkungen zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen und privaten Altersvorsorge in jedem Mitgliedstaat anders sind, empfiehlt der EWSA, dass die Anbieter ihre PEPP an die nationalen Märkte anpassen, gleichzeitig jedoch auch die oben genannte Notwendigkeit von Konvergenz und Kohärenz berücksichtigen. Gleichzeitig sollte die Struktur der nationalen Rentensysteme gebührend berücksichtigt werden, um Störungen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

1.7.

Der EWSA ist sich nicht sicher, ob die PEPP in Mitgliedstaaten, die stark von der gesetzlichen Alterssicherung abhängen und in denen es keine Tradition der privaten Altersvorsorge gibt, viel Beachtung finden werden. Die Rolle der Mitgliedstaaten bei der Förderung der PEPP ist daher von wesentlicher Bedeutung für die Unterstützung dieser Initiative.

1.8.

Der EWSA kommt zu dem Schluss, dass PEPP nicht nur eine bloße Erweiterung des derzeit verfügbaren Angebots an freiwilligen privaten Sparplänen sein sollten.

1.9.

Der EWSA betont die Bedeutung des Verbraucherschutzes zur Stärkung der Attraktivität von PEPP. In diesem Zusammenhang möchte der EWSA Klarheit darüber haben, ob die vorgeschlagenen 1,5 % als pauschaler Prozentsatz oder als Obergrenze für absolute Werte anzusehen sind. Die Kommission sollte auch prüfen, ob die Gebühren für einen Anbieterwechsel zum Vorteil von Sparern und Zukunftsperspektiven der PEPP nicht nach einer bestimmten Zeit beseitigt werden könnten. Ferner müssen auch Grundsätze über den Zugang zu aufgelaufenen Guthaben für die Erben im Falle des Todes eines Sparers in die Verordnung aufgenommen werden.

2.   Der Kommissionsvorschlag

2.1.

Schätzungen zufolge sparen derzeit nur 27 % der 243 Mio. Bürgerinnen und Bürger der EU im Alter von 25 bis 59 Jahren für eine Zusatzaltersrente. Die Europäische Kommission ist der Ansicht, dass europaweite private Altersvorsorgeprodukte einen Anreiz dafür bieten könnten, zusätzliche Ersparnisse zu bilden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Kommission am 29. Juni 2017 ihren Vorschlag für eine Verordnung über ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (PEPP) vorgelegt. Dieser Vorschlag steht im Einklang mit dem 2015 veröffentlichten Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion und zielt auf eine Ausweitung des Marktes für private Altersvorsorgeprodukte auf 2,1 Billionen EUR bis 2030 ab.

2.2.

Nach der Annahme dieser Verordnung wird es möglich sein, in allen Mitgliedstaaten europaweite private Altersvorsorgeprodukte anzubieten. Die vorgeschlagene Verordnung liefert den Rahmen für ein EU-weites freiwilliges System, das parallel zu bestehenden privaten Altersvorsorgestrukturen existieren wird. PEPP werden bestehende einzelstaatliche Rentensysteme nicht ersetzen. Stattdessen wird die bestehende private Altersvorsorge ergänzt. PEPP werden jedoch unterschiedliche Arten von Anbietern haben wie Versicherungsunternehmen, Vermögensverwalter und Banken. Diese werden für den Vertrieb und den Erwerb in allen Mitgliedstaaten online zur Verfügung stehen.

2.3.

PEPP könnten ein wichtiger Bestandteil des Aktionsplans zur Schaffung einer Kapitalmarktunion werden und langfristige Investitionsmöglichkeiten und Wachstumschancen in einem EU-weiten Kapitalmarkt, in dem das Kapital in der gesamten EU fließt, bieten. Dies würde die Investitionstätigkeit der Unternehmen ankurbeln und Kapital für Infrastrukturprojekte mobilisieren. Eine Erhöhung von sowohl privaten als auch öffentlichen Investitionen könnte zudem zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der EU beitragen.

2.4.

Der Vorschlag der Kommission würde die Bündelung der Vermögenswerte der Altersvorsorge durch die Anbieter erleichtern und somit zur Erzielung weiterer Skaleneffekte und geringerer Kosten für Anbieter und darüber hinaus auch zu einem verstärkten Wettbewerb führen, da neue Anbieter in den Vorsorgemarkt eintreten werden. Mit einer größeren Zahl von Anbietern als derzeit würden Sparer von niedrigeren Preisen profitieren, da zwischen den Anbietern ein verschärfter Wettbewerb entstehen wird; möglicherweise könnten Sparer auch höhere Renditen erzielen. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass sich die Sparer der von ihnen getragenen Risiken und der für ihre PEPP geltenden Bedingungen voll und ganz bewusst sind.

2.5.

Die Kombination aus größerer Auswahl, Vereinfachung, niedrigeren Preisen und möglicherweise höheren Renditen für Sparer könnte weitere Menschen dazu veranlassen, solche Produkte als Ergänzung zu ihren Rentenansprüchen zu erwerben, wenn zu erwarten ist, dass die Altersrente nicht ausreichend sein wird, oder um durch diese Produkte überhaupt ein Alterseinkommen zu erhalten. Dies ist dann relevant, wenn Menschen nicht durch die gesetzliche Rentenversicherung oder eine betriebliche Altersversorgung abgesichert sind.

2.6.

Die Kommission ist der Ansicht, dass PEPP wahrscheinlich vor allem für mobile Arbeitnehmer, die während ihres Berufslebens in verschiedenen Ländern arbeiten, sowie für Selbständige attraktiv sein werden. Diese könnten sich damit auch in denjenigen Mitgliedstaaten zusätzliche Optionen für das Alterseinkommen erschließen, in denen private Altersvorsorgeprodukte bisher nur begrenzte Verbreitung erlangt haben.

2.7.

Während in der vorgeschlagenen Verordnung standardisierte Produktmerkmale beschrieben werden, die den Verbrauchern Schutz bieten sollen, erlaubt der vorgeschlagene Rahmen gleichzeitig auch eine erhöhte Flexibilität bei der Gestaltung von Rentenprodukten.

2.8.

Dies sind die wichtigsten Aspekte der vorgeschlagenen Verordnung:

Die Anbieter müssen von der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) zugelassen werden und werden in einem zentralen Register erfasst; die einzelstaatlichen Behörden werden indes die Anbieter weiterhin überwachen. Die EIOPA wird den Markt und die einzelstaatlichen Aufsichtssysteme im Hinblick auf die Erzielung von Konvergenz beobachten. Dadurch werden einzelstaatliche Behörden gehalten sein, Anbieter zu überwachen, die unter verschiedenen nationalen Rahmenbedingungen (d. h. Kompartimenten) tätig sind. Es ist jedoch unklar, wie dies in der Praxis funktionieren soll, da insbesondere private Altersvorsorgeprodukte weitgehend auf nationaler Ebene definiert werden, und für eine angemessene Aufsicht spezifische Kenntnisse eines jeden einzelstaatlichen Marktes erforderlich sein könnten.

Die Anbieter müssen auf Transparenz bei Gebühren und Kosten achten und auch anderen Offenlegungspflichten in Form eines Basisinformationsblatts (vor Vertragsabschluss) und standardisierten regelmäßigen Anwartschaftsbescheiden nachkommen.

PEPP werden bis zu fünf Sparoptionen bieten, darunter eine Investitionsoption mit einem geringen Ausfallrisiko und einer begrenzten Garantie, um sicherzustellen, dass der Sparer das angelegte Kapital zurückerhält. Verbraucher können auf das Recht auf diesbezügliche Beratung verzichten, wenn sich der Anbieter über die entsprechende Kompetenz und Erfahrung des Sparers vergewissert hat.

Einzelpersonen werden das Recht haben, die Anbieter alle fünf Jahre gegen eine gedeckelte Gebühr zu wechseln, und können sowohl in- als auch ausländische Anbieter wählen.

Die Anbieter werden unter Achtung des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht und im besten langfristigen Interesse des Sparers in eine Reihe von Optionen investieren.

Bei PEPP werden Beitragszahlungen auch nach Umzug der Mitglieder in einen anderen Mitgliedstaat und eine Übertragung der Vermögenswerte ohne Liquidation möglich sein.

Es werden mehrere Auszahlungsoptionen verfügbar sein. Bei PEPP sollten regelmäßige Rentenzahlungen mit festgelegten und garantierten Auszahlungen an die Versicherungsnehmer bevorzugt werden.

Außerdem müssen benutzerfreundliche Beschwerde- und Streitbeilegungsverfahren zur Verfügung stehen.

2.9.

Schließlich vertritt die Kommission die Auffassung, dass ein Umfeld mit günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen für PEPP von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität dieses neuen Produkts ist. Sie empfiehlt daher den Mitgliedstaaten, PEPP die gleiche steuerliche Behandlung wie vergleichbaren inländischen Produkten zukommen zu lassen. Alternativ sollten sie diesen die günstigste Behandlung zuteilwerden lassen, wenn private Altersvorsorgeverträge unterschiedlich besteuert werden (2).

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Nicht überall in der EU sind private Altersvorsorgeprodukte vollständig entwickelt. Diese könnten jedoch eine fundamentale Rolle spielen, um denjenigen Arbeitnehmern, die nur geringe oder unterdurchschnittliche gesetzliche und betriebliche Renten erhalten werden, eine angemessene Altersversorgung sicherzustellen. Darüber hinaus besteht allgemeines Einvernehmen darüber, dass Systeme mit mehreren Säulen die Tragfähigkeit und Angemessenheit von Alterseinkommen am wirksamsten sicherstellen.

3.2.

Daher begrüßt der EWSA jedes Bestreben, die Bürgerinnen und Bürger der EU dazu zu ermuntern, für eine angemessene Altersvorsorge zu sorgen. Die Kombination aus einer alternden Bevölkerung und sinkenden Geburtenraten könnte dazu führen, dass kommende Generationen die Last tragen — es sei denn, die Lebensarbeitszeit wird angehoben. In allen Mitgliedstaaten, ganz besonders aber in Staaten mit unvollständigem Ausbau eines auf mehreren Säulen beruhenden Rentensystems und mit Dominanz des gesetzlichen Rentensystems, ist es überaus sinnvoll, die Menschen davon zu überzeugen, eine private Vorsorge für den Ruhestand zu treffen.

3.3.

Der EWSA begrüßt jedoch auch das Ziel, PEPP sowohl als potenzielle Wegbereiter für die verstärkte Nutzung von privaten Altersvorsorgemaßnahmen — als auch zur Mobilisierung von Kapital für langfristige Anlagen einzuführen. Eine Zunahme des langfristigen Sparens könnte sich ebenfalls positiv auf die Volkswirtschaften auswirken.

3.4.

Der EWSA ist sich bewusst, dass die Rentensysteme in Europa derzeit große Unterschiede aufweisen. In einigen Ländern stehen den Bürgerinnen und Bürgern mehrere private Altersvorsorgeprodukte zur Auswahl; in anderen wiederum gibt es nur sehr wenige. Ein Flickenteppich aus europäischen und einzelstaatlichen Vorschriften und Unterschiede bei der steuerlichen Behandlung haben zu einer eingeschränkten Übertragung finanzieller Vermögenswerte in der EU geführt, teilweise aufgrund der fehlenden Übertragbarkeit von Vorsorgeprodukten innerhalb der EU während des gesamten Berufslebens einer Person. Angenommen die Prognosen der Kommission treffen zu, könnten PEPP — zusammen mit anderen Maßnahmen, die Bestandteil eines umfassenderen Reformpakets sind — das Sparvolumen von 700 Mrd. EUR auf über 2 Billionen EUR im Jahr 2030 steigern. Dies wäre ein bahnbrechender Investitionsschub für die EU.

3.5.

Der EWSA nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass der Vorschlag der Kommission auch auf eine Erhöhung der Anzahl der Anbieter abzielt. Verstärkter Wettbewerb innerhalb der EU sollte zu einer Senkung der Preise beitragen, gleichzeitig jedoch auch erhöhte Sicherheit bezüglich der Qualität der von den Versicherungsunternehmen, Wertpapierfirmen, Rentenfonds, Vermögensverwaltern und Banken in der EU angebotenen Altersvorsorgeprodukte bieten. Verstärkter grenzüberschreitender Wettbewerb ist enorm wichtig und sollte den Bürgerinnen und Bürgern klare Vorteile bringen: durch geringere Kosten, größere Produktauswahl und die Übertragbarkeit der Rentenansprüche.

3.6.

Der hohe Stellenwert von Schutzklauseln sowie die Überwachung durch eine EU-weite Aufsichtsbehörde sind ebenfalls zu begrüßen. Der EWSA erwartet, dass die EIOPA bei der Überwachung der Anbieter und der Marktkontrolle eine Schlüsselrolle spielen wird.

3.7.

Der EWSA unterstreicht ebenfalls die Bedeutung folgender Aspekte: Verbraucherschutz mittels Bereitstellung klar verständlicher Informationen für die Sparer; Kapitalschutz im Rahmen der Investitionsoption mit geringem Ausfallrisiko; Informationen über erzielte Einsparungen; vereinfachte Verwaltungsverfahren und nutzerfreundliche Beschwerde- und außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren bei Streitigkeiten zwischen Sparern und Anbietern; angemessene Kosten bei einem Anbieterwechsel; und Schutz der Sparer im Falle eines Rücktritts, beispielsweise aufgrund von Behinderungen oder eines schlechten Gesundheitszustands.

3.8.

Da PEPP übertragbar wären, ist der EWSA davon überzeugt, dass die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Anbieterwechsels zu einer verstärkten Mobilität der Arbeitskräfte beitragen könnte, wenngleich nicht klar ist, in welchem Maße dadurch die Arbeitsmarktmobilität erhöht würde.

3.9.

Der EWSA teilt die Auffassung, dass dieser Vorschlag für die Schaffung neuer Kapitalpools wichtig sein könnte. Bisher hatte die Kapitalmarktunion mit ihren Initiativen — wie beispielsweise die Liberalisierung der Vorschriften für Risikokapitalfonds und die Vereinfachung der Notierung kleiner Unternehmen an Wertpapierbörsen — nur mäßigen Erfolg. Der EWSA ist davon überzeugt, dass PEPP einen bedeutenden Beitrag zur Erschließung einer neuen Finanzierungsquelle für Investitionen leisten könnten.

3.10.

Der EWSA weist ebenfalls darauf hin, dass diese Initiative auch nach einem Brexit relevant sein könnte. Die Kapitalmarktunion wurde zumindest teilweise mit dem Ziel konzipiert, die kontinentaleuropäischen Märkte enger an den britischen Markt zu binden. Da der Austritt Großbritanniens näher rückt, ist die Notwendigkeit der Entwicklung eines europaweiten Kapitalmarktes wichtiger denn je. Die Einführung von PEPP wird zu einem äußerst günstigen Zeitpunkt stattfinden, zumal führende Finanzinstitute ihren Geschäftssitz von Großbritannien in andere Mitgliedstaaten verlagern. All dies könnte dazu beitragen, den Kapitalfluss innerhalb der EU zu erleichtern und die Abhängigkeit von der Bankenfinanzierung zu verringern.

3.11.

Der EWSA erkennt an, dass PEPP wahrscheinlich für eine begrenzte Zahl an Gruppierungen besonders attraktiv sein werden, vor allem für mobile Fach- und Führungskräfte, die während ihres gesamten Arbeitslebens in mehreren verschiedenen Mitgliedstaaten arbeiten, und selbständig Erwerbstätige sowie Menschen, die in Ländern ohne gut entwickelte private Altersvorsorgemärkte leben. Der EWSA hat jedoch Verständnis dafür, dass die Kommission die betriebliche Altersversorgung als ebenso wichtig erachtet, wie in der überarbeiteten Richtlinie über Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) hervorgehoben wird. Darin werden die grundlegenden Managementanforderungen für betriebliche Rentenfonds dargelegt. Wie auch im Falle der überarbeiteten EbAV soll mit dem Verordnungsvorschlag eine Verbesserung der Kontrolle und der Transparenz, die Förderung von grenzüberschreitenden Tätigkeiten und die Entwicklung von weiteren Anbietern von PEPP als langfristige Investoren erreicht werden.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Der EWSA ist der Ansicht, dass PEPP nicht nur eine bloße Erweiterung des verfügbaren Angebots an freiwilligen, privaten Sparplänen sein sollten. Die Rolle der Mitgliedstaaten bei der Förderung der PEPP und gleichzeitig der Vorteile des Sparens ist daher von entscheidender Bedeutung. Die Kommission kann auf der Grundlage des Grundsatzes der Inländerbehandlung verlangen, dass PEPP die gleiche günstige steuerliche Behandlung zuteilwird, wie sie die Mitgliedstaaten ihren eigenen vergleichbaren nationalen Produkten zukommen lassen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, in jenen Fällen, in denen die Produktmerkmale von PEPP keinen für die Gewährung von Steuererleichterungen für nationale Altersvorsorgeprodukte erforderlichen Kriterien entsprechen, dieselbe steuerliche Förderung zu gewähren wie für nationale private Altersvorsorgeprodukte.

4.2.

Der EWSA ist sich nicht sicher, ob die PEPP in Mitgliedstaaten, die stark von der gesetzlichen Alterssicherung abhängen und in denen es keine Tradition der privaten Altersvorsorge gibt, viel Beachtung finden werden. Wie bereits oben ausgeführt wurde, werden PEPP wahrscheinlich für selbstständig Erwerbstätige und mobile Fach- und Führungskräfte attraktiv sein. Geringverdiener, Arbeitnehmer mit unsicheren oder befristeten Beschäftigungsverhältnissen oder Saisonarbeiter werden sich hingegen ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt wahrscheinlich nicht leisten können.

4.3.

Aus diesem Grund betont der EWSA die Notwendigkeit, dass die Mitgliedstaaten die Bürger schon frühzeitig in ihrem Arbeitsleben mittels Steuergutschriften zum Sparen anhalten. Der EWSA empfiehlt ebenfalls, dass die Bürgerinnen und Bürger eine professionelle Anleitung bezüglich der Festsetzung von Mindestzeiträumen für Investitionen erhalten, um in den Genuss der Vorteile langfristiger Anlagen zu kommen.

4.4.

Der EWSA befürwortet die Vorschläge der Kommission, Sparern bis zu fünf Anlageoptionen — alle mit Risikominderung — anzubieten. Die größte Herausforderung liegt hier in den Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten. Die nationalen Behörden werden auch weiterhin die in ihrem Land tätigen Anbieter überwachen. Daher ist die Rolle der EIOPA bei der Beobachtung des Marktes und der nationalen Aufsichtssysteme im Hinblick auf die Erreichung von Konvergenz unerlässlich, um einen hohes Maß an Kohärenz zwischen den Mitgliedstaaten zu erzielen.

4.5.

Der EWSA stimmt der Kommission auch zu, dass PEPP-Anbieter aufgrund der Natur langfristiger Produkte und ihrer einschlägigen Spezifikationen einer angemessenen Regulierung unterliegen müssen. Der EWSA erinnert daran, dass mit der Solvabilität-II-Richtlinie (2009/138/EG) — dem EU-weiten Regulierungsrahmen für Versicherungen — das Ziel verfolgt wird, einen einheitlichen EU-Versicherungsbinnenmarkt zu schaffen und den Verbraucherschutz zu verbessern, und zwar durch die Einrichtung eines „EU-Passes“ (einheitliche Lizenz) für Versicherer, die damit in allen Mitgliedstaaten tätig sein können, wenn sie die EU-Auflagen erfüllen. Solvabilität II ist insbesondere auf den Schutz von Verbrauchern gegenüber Versicherungsunternehmen als den wichtigsten Anbietern von privaten Altersvorsorgeprodukten ausgerichtet. Der EWSA ist der Ansicht, dass auch andere Finanzinstitute den gleichen hohen Anforderungen unterliegen sollten, um das gleiche Schutzniveau zu bieten.

4.6.

Ferner vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass der Auszahlung mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Sparer, die PEPP abschließen, werden erhebliche Unterstützung bei der Beantwortung der Fragen hinsichtlich des benötigten Kapitals für einen sorgenfreien Ruhestand und der optimalen Bezugsart der Rente benötigen. Es müssen Lehren aus den bei der betrieblichen Altersvorsorge gemachten Erfahrungen mit den Modellen der Rentenauszahlung gezogen werden, um eine Beratung zu den besten Auszahlungsstrategien anbieten zu können. Der EWSA betrachtet solche Strategien als wesentliche Bestandteile von Altersvorsorgeprodukten, und die in den Ruhestand gehenden Personen sollten mit den Verfahren und Vorschriften zur Auszahlung und den Schutzmechanismen vertraut gemacht werden.

4.7.

Die Bedeutung der Finanzkompetenz kann nicht oft genug betont werden (3). Der EWSA ist der Ansicht, dass die erfolgreiche Einführung von PEPP weitgehend davon abhängen wird, ob die bereitgestellten Informationen deutlich genug sind, damit Sparer Produkte miteinander vergleichen, gegenüberstellen und letztendlich das Produkt auswählen können, das ihren Bedürfnissen am besten entspricht. Außerdem muss angesichts der Bedeutung der Portabilität eine EU-weite Standardisierung erfolgen.

4.8.

Vorvertragliche Informationen zur Auszahlungsphase und der einschlägigen steuerlichen Behandlung sind äußerst wichtig. Wenngleich sich der EWSA der Ansicht anschließt, dass die direkte Verantwortung für die Bereitstellung hochwertiger Informationen bei den Anbietern liegt, so kommt den nationalen Behörden dennoch eine entscheidende Rolle zu. Altersvorsorgeprodukte sind untrennbar mit dem Sozial- und Steuersystem der Mitgliedstaaten verbunden. Daher ist für jeden Mitgliedstaat ein spezifisches Informationskonzept erforderlich, und den nationalen Behörden kommt die Aufgabe zu, sicherzustellen, dass die den potenziellen Kunden überlassenen Informationen sachlich, nutzbar und konkret sind.

4.9.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Bestimmungen über einen Anbieterwechsel für Verbraucher attraktiver werden und ihnen mehr Schutz bieten müssen. Ein PEPP-Sparer sollte jederzeit das Recht haben, den Anbieter zu wechseln. Damit verbunden ist die Frage der Gebühr, die dafür anfällt. Der EWSA fordert deshalb Klarheit darüber, wie die Obergrenze von 1,5 % des Guthabens anzuwenden ist. Wenngleich eine Obergrenze von 1,5 % auf dem Papier durchaus sinnvoll erscheint, würde ein Pauschalsatz ohne eine Obergrenze in absoluten Zahlen dazu führen, dass der absolute Wert der Ersparnisse belastet würde. Der EWSA hält dies für ungerecht, zudem würde dies zu einer wirksamen Beschränkung der Wechselmöglichkeiten von Sparern führen. Die Kommission sollte auch prüfen, ob die Gebühren für einen Anbieterwechsel zum Vorteil von Sparern und Zukunftsperspektiven der PEPP nicht nach einer bestimmten Zeit beseitigt werden könnten.

4.10.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Bedingungen für den Zugang zu einem PEPP-Guthaben im Falle des Todes des Sparers eindeutig geregelt werden müssen. Das Guthaben sollte den Anspruchsberechtigten spätestens zwei Monate nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausbezahlt werden, und der Anbieter sollte hierfür keinerlei Gebühren erheben dürfen.

4.11.

Wie bereits erwähnt, spielen steuerliche Anreize eine wichtige Rolle bei der persönlichen Entscheidung, den Konsum zu verschieben und für den Ruhestand zu sparen. Der EWSA teilt die Auffassung der Kommission bezüglich der Rolle von Steuervergünstigungen für den Erfolg oder das Scheitern der PEPP. Der EWSA weist gleichwohl darauf hin, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, ihren Bürgerinnen und Bürgern steuerliche Anreize jedweder Art zu bieten.

4.12.

Da PEPP hauptsächlich auf mobile Fachkräfte und Selbstständige abzielen, die sich Beitragszahlungen zu PEPP leisten können, ist der EWSA der Ansicht, dass Steueranreize der Mitgliedstaaten eine Diskriminierung niedrigerer Einkommen darstellen, die keine Möglichkeit haben, einen PEPP-Vertrag abzuschließen. Angesichts dieser Überlegung sollten die Mitgliedstaaten sorgfältig prüfen, ob solche steuerlichen Anreize gewährt werden sollen.

4.13.

Der EWSA räumt ein, dass Altersvorsorgeprodukte aufgrund ihrer langfristigen Natur einige Risiken bergen. Ein gewisses Maß an Ausgereiftheit der Produkte würde jedoch die Risiken und Unsicherheiten erheblich mindern und gleichzeitig auch den Bedürfnissen und Präferenzen der Sparer Rechnung tragen. Als besonders wichtig erachtet wird die Risikominderung im Falle von Personen ohne Erfahrung mit Altersvorsorgeprodukten, und der EWSA ist mit dem Angebot an zusätzlichen Optionen für die Sparer einverstanden, einschließlich einer zwingenden Standardoption, bei denen der Sparer zumindest das eingesetzte Kapital zurückerhalten kann.

4.14.

Eine Situation mit je nach PEPP-Anbieter unterschiedlichen Verbraucherschutzniveaus ist ebenfalls zu vermeiden. Der EWSA ist der Auffassung, dass Finanzinstitute, die langfristige Altersvorsorgeprodukte anbieten, dem Grundsatz „gleiche Risiken, gleiche Vorschriften“ unterliegen sollten.

4.15.

Der EWSA betont auch die in der Pressemitteilung über Better Finance (Europäischer Verband der Sparer und Nutzer von Finanzdienstleistungen) (4) vom 9. Oktober 2017 hervorgehobene Tatsache, dass langfristige individuelle Altersvorsorgeprodukte „nicht in der Lage sind, für ein angemessenes Ersatzeinkommen zu sorgen, da ihre langfristigen Erträge eventuell nicht ausreichen oder manchmal (nach Abzug der Inflation) sogar im negativen Bereich liegen können“. Die Verantwortung der Anbieter in Bezug darauf, dass sie den Sparern den notwendigen Schutz und die beste Rendite garantieren, ist für den erfolgreichen Einsatz von PEPP von wesentlicher Bedeutung. Da jedoch die meisten europäischen Pensionsfonds ihre Einlagen derzeit in Anleihen angelegt haben, scheinen die Perspektiven für eine Verbesserung der Rendite zumindest kurz- und mittelfristig nicht sehr gut zu sein.

4.16.

Abschließend hält der EWSA fest, dass die Funktionen und Interaktionen zwischen gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersversorgung in jedem Mitgliedstaat anders sind. Dies hat die einzelstaatlichen Rentenmärkte jahrzehntelang geprägt, und es ist nicht überraschend, dass in der EU so viele unterschiedliche Altersvorsorgeprodukte zu finden sind. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass die Anbieter ihre PEPP an die einzelstaatlichen Märkte anpassen können.

Brüssel, den 19. Oktober 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung.

(2)  C(2017) 4393 final.

(3)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 24.

(4)  Pension Savings: The Real Return, ein Forschungsbericht von BETTER FINANCE, 2017.


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