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Document 52016AE5992

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine Weltraumstrategie für Europa“ (COM(2016) 705 final)

ABl. C 209 vom 30.6.2017, p. 15–20 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.6.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 209/15


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine Weltraumstrategie für Europa“

(COM(2016) 705 final)

(2017/C 209/03)

Berichterstatter:

Mindaugas MACIULEVIČIUS

Befassung

Europäische Kommission, 26.10.2016

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Annahme in der Fachgruppe

9.3.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

30.3.2017

Plenartagung Nr.

524

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

199/02/03

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission „Eine Weltraumstrategie für Europa“ und unterstützt die darin vorgeschlagenen Leitlinien, die eine Reihe neuer Elemente beinhalten, wie die Öffnung gegenüber der Zivilgesellschaft, die Schwerpunktsetzung auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die notwendige Sicherstellung einer angemessenen Finanzierung von Weltraumaktivitäten, auch durch die Mobilisierung von privatem Kapital.

1.2.

Der EWSA bestärkt die Europäische Kommission darin, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen und sich noch ehrgeizigere Ziele zu setzen. In Kapitel 1 der Mitteilung „Maximierung des Weltraumnutzens für die Gesellschaft und die EU-Wirtschaft“ wird eine Reihe der Empfehlungen aufgegriffen, die der EWSA im Rahmen seines Projektes „Weltraum und Gesellschaft“ abgegeben hatte.

1.3.

Der EWSA ist sich des Dual-use-Charakters (Doppelverwendungsfähigkeit) von Weltraumfähigkeiten bewusst, bekräftigt jedoch erneut seine ausdrückliche Unterstützung für eine Weltraumpolitik, die auf zivile Anforderungen (Friede und Zusammenarbeit) ausgerichtet ist, wobei er sich der Bedeutung der Nutzung von Weltraumüberwachungssystemen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bewusst ist. Diese Doppelverwendung ist eine Voraussetzung für den Erfolg integrierter und harmonisierter Maßnahmen zur Sicherstellung des Wohlergehens der europäischen Bürger.

1.4.

Aufgrund der bislang in punkto Genauigkeit und Zuverlässigkeit erzielten herausragenden Ergebnisse hofft der EWSA, dass die Europäische Kommission eine Verordnung vorlegen wird, mit der die Nutzung von Galileo als Satellitennavigationssystem in Europa als Priorität und in einigen bestimmten Fällen als bevorzugte Lösung eingeführt wird.

1.5.

Die für die kommenden Jahre geplanten Investitionen in die Programme Copernicus und Galileo sind ausreichend, sie müssen jedoch auch gesichert sein. Die Verhandlungen über den neuen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU werden 2018 eröffnet; der EWSA würde die Bereitstellung zusätzlicher Mittel begrüßen, um den neuen Herausforderungen in den Bereichen Klimawandel, Sicherheit und Verteidigung gegen externe Bedrohungen begegnen zu können. Sowohl das Programm „Horizont 2020“ als auch die Strukturfonds könnten zur Unterstützung der Entwicklungstätigkeiten des Weltraumsektors herangezogen werden.

1.6.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission und die Europäische Investitionsbank auf, neue Finanzierungsoptionen zu ermitteln, um den Weltraumsektor für private Investoren attraktiv zu machen. Zu diesem Zweck könnte die Kommission Treffen in den jeweiligen Mitgliedstaaten veranstalten, zu denen Banken, institutionelle Investoren und Unternehmen eingeladen werden, um neue Investitionsformen, u. a. Weltraumcluster, zu beleuchten.

1.7.

Nach Meinung des EWSA ist die einzige Möglichkeit zur Gewährleistung des langfristigen Erfolgs der EU-Weltraumstrategie die aktive Einbeziehung aller Mitgliedstaaten durch konkrete und zielgerichtete Maßnahmen zum Kapazitätenaufbau, mit denen insbesondere Mitgliedstaaten unterstützt werden sollten, deren Weltraumfähigkeiten und -interessen noch in der Entwicklung begriffen sind. Dazu könnten u. a. Workshops, Sensibilisierungskampagnen, Konsultationen (fachlich wie auch nutzerorientiert), Demonstrationsprojekte und regionale Initiativen durchgeführt, Synergien zwischen fortgeschrittenen und aufstrebenden Mitgliedstaaten genutzt und weitere Initiativen ergriffen werden, die auf die Bedürfnisse der Mitgliedstaaten zugeschnitten sind.

1.8.

Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zur Vermittlung der Vorteile weltraumgestützter Informationen und Daten sind von entscheidender Bedeutung. Die Aufnahme von Weltraumtätigkeiten in die Schul-, Berufs- und Hochschullehrpläne wäre ebenfalls ein wichtiger Schritt.

1.9.

Die Ausbildung von Technikern und Ingenieuren ist für die Zukunft der europäischen Industrie entscheidend. Die Stärkung des europäischen Arbeitsmarkts, die Verbesserung der Erprobungs- und Testinfrastruktur, der Exzellenzzentren und des lebenslangen Lernens sowie der kontinuierliche Ausbau der Kenntnisse und Kompetenzen, u. a. auch in der Weltraumwissenschaft, müssen die Eckpunkte der europäischen Weltraumstrategie sein.

1.10.

Aus diesem Grund fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, die Machbarkeit eines einzigen Portals, in dem sämtliche Tätigkeiten der verschiedenen einschlägigen Organisationen und Agenturen zusammengefasst sind, zu prüfen. Dieses Portal sollte für alle interessierten Bürger und Betreiber zugänglich sein und die Vorteile der laufenden Arbeiten sowie die Chancen der Weltraumwirtschaft, insbesondere für KMU, hervorheben.

1.11.

In einer vor Kurzem verabschiedeten Stellungnahme zur Europäischen Cloud-Initiative (1) hat der EWSA die Probleme, „die Europa daran hindern, das Potenzial der Daten auszuschöpfen, insbesondere im Hinblick auf die unzureichende Interoperabilität, die Fragmentierung der Strukturen und deren mangelnde Offenheit gegenüber anderen Beiträgen und einem Austausch“ betont. Dieselben Probleme bestehen natürlich auch in Bezug auf die terrestrische Infrastruktur des europäischen Weltraumsystems und müssen daher so schnell wie möglich angegangen werden.

1.12.

Mit der neuen Generation von Trägerraketen wie Ariane und Vega, die beträchtliche Kosteneinsparungen zum Teil auch dank der vertieften Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen, verfügt Europa über eine exzellente Infrastruktur für Satellitenstarts. Durch die Entwicklung wiederverwendbarer Trägerfahrzeuge kann eine erhebliche Kostensenkung bewirkt und Ländern, die nicht über ausreichend Mittel für effiziente Weltrauminfrastrukturen verfügen, der Zugang zu Weltraumtätigkeiten ermöglicht werden.

1.13.

Es besteht wachsendes Interesse an der Nutzung von Kleinsatelliten für Kommunikations- und Überwachungssysteme. Selbst auf dem Erdbeobachtungsmarkt wird eine erhebliche Zunahme des Anteils von Kleinsatelliten durch neue Anwendungen erwartet. Daher muss die EU ihre Aufmerksamkeit auf die Entwicklung von Mini- und Nanosatelliten richten, um von diesem Markt zu profitieren, der im Übrigen nicht nur kleineren Mitgliedstaaten, sondern auch privaten Betreibern Möglichkeiten bietet. Der EWSA betont jedoch, dass durch eine derartige Zunahme kostengünstiger Erdbeobachtungssatelliten ungeheure Datenmengen generiert werden. Der Schutz der Privatsphäre der Bürger sollte Vorrang haben und durch entsprechende Sensibilisierungsmaßnahmen und strikte Vorschriften gewährleistet werden (2).

1.14.

Die Europäische Kommission muss sich prioritär mit der Gewährleistung des Zugangs zu und der Sicherheit von Weltrauminfrastruktur befassen. Die Zusammenarbeit mit anderen Staaten ist unerlässlich, um einen Wettlauf um die besten Umlaufbahnen wie auch Desinteresse an der Entsorgung von Weltraummüll zu verhindern. Daher müssen die diplomatischen Aktivitäten in punkto Weltraummanagement verstärkt werden. Gleichzeitig empfiehlt der EWSA, dass die EU Innovationen zur Entsorgung von Weltraummüll fördert.

1.15.

In jüngsten Sitzungen auf globaler Ebene (3) wurde die Bedeutung einer derartigen Zusammenarbeit ebenfalls hervorgehoben. Dabei wurden vier Säulen ermittelt: Wirtschaft, Gesellschaft, Zugang und Diplomatie. Der EWSA hat schon immer sein Augenmerk auf diese Aspekte gerichtet und ihre Bedeutung für die Wirtschaft und die Gesellschaft betont.

1.16.

Deshalb bedarf es eines neuen Konzepts für die Datennutzung, durch das der Zugang für KMU vereinfacht, die Bürger und die KMU über die Möglichkeit aufgeklärt werden, diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Big-Data-Informationskanälen zu erhalten, der Schutz gegen Cyberangriffe verbessert und kontinuierlich neue Anwendungen durch zielgerichtete Initiativen, die auf der Kreativität der Forscher, Hochschulen und Unternehmen aufbauen, entwickelt werden. Der EWSA betont, dass gemäß dem Übereinkommen von Aarhus die Nutzung von Big Data zum Zwecke des Umweltschutzes zu erschwinglichen Kosten ermöglicht werden muss.

2.   Wesentlicher Inhalt des Kommissionsvorschlags

2.1.

Die EU weist heute den zweitgrößten Haushalt der Welt für die Raumfahrt auf und ist der größte institutionelle Abnehmer für Startdienste in Europa. Mit Copernicus für die Erdbeobachtung, EGNOS und Galileo für die Satellitennavigation und Geopositionierung verfügt sie über Weltraumsysteme von Weltrang. Von 2014 bis 2020 investiert die EU alleine 12 Mrd. EUR in Raumfahrtaktivitäten.

2.2.

Weltraumtechnologien sind für die europäischen Bürger ein unabdingbarer Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Darüber hinaus können weltraumgestützte Lösungen von Vorteil in sehr vielfältigen Zusammenhängen sein, u. a. Katastrophenmanagement, Landwirtschaft, Transport- und Energieinfrastruktur und globale Herausforderungen. Weltraumtechnologien, -daten und -dienste können zahlreiche EU-Maßnahmen und zentrale politische Prioritäten unterstützen. Die Raumfahrt ist für Europa auch von strategischer Bedeutung, da sie Europas Rolle als globaler Akteur stärkt, Vorteile in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung bietet und zur Förderung von Beschäftigung, Wachstum und Investitionen beiträgt. Europa verfügt über eine starke Industrie für die Satellitenherstellung, die 33 % des offenen Weltmarkts ausmacht, und einen dynamischen nachgeordneten Dienstleistungssektor mit einer hohen Zahl an KMU. Im Jahr 2014 lag das Volumen der europäischen Raumfahrtbranche schätzungsweise bei 46 bis 54 Mrd. EUR, was etwa 21 % des globalen Weltraumsektors ausmacht.

2.3.

Ausgehend von Artikel 189 des Vertrags (AEUV) schlägt die Europäische Kommission eine neue Weltraumstrategie für Europa vor, die auf vier strategischen Zielen aufbaut:

A.

Maximierung des Weltraumnutzens für die Gesellschaft und die EU-Wirtschaft durch folgende Maßnahmen:

a)

Förderung des Einsatzes von Weltraumdiensten und -daten;

b)

die EU-Weltraumprogramme vorantreiben und dem neuen Bedarf der Nutzer gerecht werden;

B.

Förderung eines weltweit wettbewerbsfähigen und innovativen europäischen Raumfahrtsektors durch folgende Maßnahmen:

a)

Unterstützung von Forschung und Innovation und Entwicklung von Fähigkeiten,

b)

Förderung von Unternehmertum und neuen Geschäftsmöglichkeiten;

C.

Europas Unabhängigkeit beim Zugang zum Weltraum und seiner Nutzung in einem sicheren Umfeld stärken durch folgende Maßnahmen:

a)

Europas unabhängigen Zugang zum Weltraum wahren,

b)

den Zugang zum Funkfrequenzspektrum sichern,

c)

den Schutz und die Belastbarkeit kritischer europäischer Weltrauminfrastruktur gewähren,

d)

die Synergien zwischen zivilen und sicherheitsbezogenen Weltraumaktivitäten stärken;

D.

Europas Rolle als globaler Akteur stärken und internationale Zusammenarbeit fördern.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA hat die Europäische Kommission und die Interessenträger in Weltraumfragen stets tatkräftig unterstützt.

3.2.

In seinen Stellungnahmen zur Thematik Weltraum hat der EWSA eine Reihe von Prioritäten festgelegt:

Umsetzung proaktiver Maßnahmen zur Unterstützung von KMU und zur Förderung von Beschäftigung;

Einbeziehung der Mitgliedstaaten, deren Weltraumfähigkeiten und -interessen in der Entwicklung begriffen sind, in Weltraumtätigkeiten;

deutliche Verbesserung der europäischen Governance;

Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die strategischen Entscheidungen;

Investitionen in den Sektor und Betonung der Rolle von Finanzierung und Investitionsfonds;

Förderung von Forschung und Entwicklung sowie von Bildungsprogrammen auf allen Ebenen im Bereich Raumfahrt und Technologie;

Auf- und Ausbau der Zusammenarbeit zwischen europäischen, nationalen und regionalen Behörden, der Wirtschaft und den Endverbrauchern im Bereich Raumfahrt.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.    Die Weltraumstrategie und der MFR  (4) : Finanzielle Aspekte

4.1.1.

Eine ehrgeizige Strategie erfordert einen ehrgeizigen Haushalt. Laut Europäischer Kommission ist der EU-Haushalt für die Raumfahrt der zweitgrößte der Welt. Er setzt sich aus Haushaltsmitteln der EU, den Weltraumhaushalten der Mitgliedstaaten und dem Haushalt der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zusammen. Der US-amerikanische Weltraumhaushalt ist jedoch vier Mal höher als der EU-Haushalt. Die Höhe der realen Weltraumausgaben von China und Russland lässt sich nur schwer schätzen, da nicht alle Daten betreffend ihre Weltraumtätigkeiten öffentlich zugänglich sind. Setzt man den Haushalt für Weltraumforschung allerdings ins Verhältnis zum BIP, belegt Europa weltweit nur den sechsten Platz.

4.1.2.

Die ehrgeizigen Ziele der Europäischen Kommission erfordern die Mobilisierung massiver Investitionen, die der öffentliche Sektor allein nicht stemmen kann. Die Einbeziehung von Privatinvestoren, des Bankensektors sowie von Investitionsfonds und anderen Finanzakteuren ist für die Unterstützung der Forschung und der Entwicklung neuer Anwendungen von grundlegender Bedeutung.

4.1.3.

In der Mitteilung wird die entscheidende Rolle der KMU nicht ausreichend hervorgehoben bzw. gefördert; die Funktion der KMU und insbesondere von innovativen Start-ups sollte untermauert werden. Zwar wird der Innovationsstärke von KMU mehr Aufmerksamkeit gewidmet, die vorgeschlagenen Finanzlösungen entsprechen jedoch nicht dem echten Bedarf des Sektors, darunter dem chronischen Mangel an Finanzmitteln. Aufgrund der damit verbundenen hohen Risiken hält sich das Bankensystem bei Innovationsförderungen zurück. Viele KMU können sich nicht an öffentlichen Ausschreibungsverfahren beteiligen, weil diese häufig speziell auf große Anbieter zugeschnitten sind. Deshalb sollten KMU durch die Einführung von Ausschreibungen für Unternehmen dieser Größe stärker unterstützt werden. Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung wäre auch, im Rahmen der größeren Projekte verstärkt Aufträge an eine breitere Palette KMU unterzuvergeben. Hier sind „Horizont 2020“ und andere FuE-Programme von großer Bedeutung und sollten aus Sicht der KMU maximal genutzt werden.

4.1.4.

Der EWSA zeigt sich auch über die möglichen Folgen des Brexit und seine Auswirkungen auf die europäischen Weltraumaktivitäten besorgt. Das Vereinigte Königreich ist einer der führenden Mitgliedstaaten in diesem Bereich. Daher muss die EU mögliche Wege der Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich in der Raumfahrt ausloten.

4.2.    Kapazitätenaufbau in den Mitgliedstaaten

4.2.1.

Nicht alle Mitgliedstaaten beteiligen sich stark an Weltraumtätigkeiten, und bedauerlicherweise wird der Nutzen von Weltraumtätigkeiten nicht von allen Sektoren (privat wie öffentlich) erkannt. Im öffentlichen Sektor zum Beispiel können Weltraumaktivitäten in einer Reihe von Bereichen effizient genutzt werden, darunter aktuelle Erdbeobachtung, Überwachung der Isolierleistung von Gebäuden, Ortung illegaler Deponien usw.

4.2.2.

Zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit des EU-Weltraumsektors ist die Einbeziehung all der Mitgliedstaaten, deren Weltraumfähigkeiten und -interessen in der Entwicklung begriffen sind, zusammen mit ihren Interessenträgern, Unternehmern, Wissenschaftlern und anderen Institutionen unabdingbar. Die Europäische Kommission sollte konkrete Maßnahmen ins Auge fassen.

4.3.    Governance

4.3.1.

Der EWSA begrüßt, dass die jüngsten Diskussionen über die Governance-Frage, die der EWSA bereits in einigen früheren Stellungnahmen zur Sprache gebracht hatte, zu einer Klärung geführt haben. Auf der ESA-Ministerratskonferenz im Dezember 2016 wurde die ESA-Strategie (sowie die Aufteilung der Haushaltsmittel auf die verschiedenen Programme für den Zeitraum 2017-2021) bestätigt. Die ESA und die EU verfolgen nun keine unterschiedlichen Strategien mehr, sondern einander ergänzende.

4.4.    Anforderungen an nachgelagerte Dienste und Infrastrukturen

4.4.1.

Es müssen dringend große Datenzentren für die Speicherung, Vorverarbeitung und Analyse der von Copernicus heruntergeladenen Daten eingerichtet werden. Für die Entwicklung neuer Instrumente in diesem Bereich ist auch die Fähigkeit zur Nutzung historischer Daten in Verbindung mit Copernicus von großer Bedeutung.

4.4.2.

Die EU hat sich zur Einhaltung des COP-21-Übereinkommens und zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals — SDG) verpflichtet. Der EWSA betont, dass satellitengestützte Überwachungssysteme und Massendatenverarbeitungseinrichtungen vor Ort ein Schlüsselfaktor für die Einhaltung der Zusagen sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene sind. Wie er bereits in früheren Stellungnahmen, u. a. NAT/696 (5) betont hat, bedarf es in Verbindung mit dem Klimawandel zweifelsohne neuer Instrumente.

4.4.3.

Wie im Übereinkommen von Paris vereinbart, spielen Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (6) bei der Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre eine wichtige Rolle. Wälder dienen als Kohlenstoffsenken. Durch die tägliche präzise Überwachung des Zustands der Wälder kann illegale Abholzung verhindert und aktives Forstmanagement gefördert werden, u. a. durch die vermehrte Pflanzung von schnellwachsenden Bäumen sowie das frühzeitige Erkennen und Verhindern von Waldbränden. In den aktuellen EU-Vorschlägen ist vorgesehen, dass CO2-Emissionen aus Industrie oder Verkehr durch die Nutzung von Wäldern als Kohlenstoffsenken oder durch Bewaldung ausgeglichen werden können; damit wird wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekten mehr Gewicht beigemessen. Diese Vorschläge machen die dringende Notwendigkeit von Copernicus-gestützten Überwachungsinstrumenten deutlich. International gesehen sind diese Instrumente äußerst wichtig, da sie genutzt werden können, um die realen Fortschritte bei der Verringerung und Aufnahme von CO2-Emissionen in den verschiedenen Ländern weltweit präzise zu beobachten.

4.4.4.

Der EWSA erkennt die große Bedeutung von satellitengestützten Überwachungssystemen und Datenverarbeitungszentren für eine künftige nachhaltige Lebensmittelproduktion an. Insbesondere die Präzisionslandwirtschaft kann von diesen profitieren, nicht zuletzt weil durch Galileo und globale Navigationssatellitensysteme die Verwendung fossiler Brennstoffe reduziert werden kann. Zudem können mittels Software, die Aufnahmen von Copernicus in verschiedenen Spektren verwendet, exakt die Abschnitte der Felder ermittelt werden, in denen der Feuchtigkeits- oder Nährstoffgehalt nicht ausreichend oder zu hoch ist, wodurch wiederum die Wasser- und Nährstoffmenge angepasst und so Frischwasser eingespart und der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln verringert werden kann. Dadurch können die Nachhaltigkeit von Bewirtschaftungssystemen deutlich verbessert, Pflanzenkrankheiten frühzeitig erkannt und verhindert, künftige Erträge prognostiziert und sowohl erhebliche wirtschaftliche Vorteile als auch eine äußerst positive soziale und ökologische Wirkung erzielt werden.

4.4.5.

Die Präzisionsmeteorologie sollte weiterentwickelt werden, um Früherkennung und Prävention bzw. Vorsorge in Verbindung mit extremen Wetterbedingungen noch weiter zu verbessern, wodurch zur Verringerung von Ernteverlusten und zum Schutz von Gesundheit und Eigentum beigetragen werden kann.

4.5.    Information, Bildung und Sensibilisierung

4.5.1.

Der EWSA lancierte 2014 sein Projekt „Weltraum und Gesellschaft“, dessen Partner betonten, dass in Zukunft die gesamte Gesellschaft in die Debatte über die Bedeutung der Rolle Europas im Raumfahrtsektor einbezogen werden muss. Um die Erwartungen und Anforderungen der Zivilgesellschaft zu verstehen, muss diese in angemessener Weise konsultiert werden.

4.5.2.

In der Kommissionmitteilung wird diese strategische Herausforderung vollkommen ausgeklammert, obwohl sie 2016 die Öffentlichkeit zur Weltraumstrategie für Europa konsultiert hat. Die Debatte über die Weltraumpolitik ist seit jeher nur auf die grundlegenden Interessenträger beschränkt, wobei schlichtweg die Tatsache ignoriert wird, dass zur Schaffung eines verbraucherorientierten Marktes gerade auch diese Verbraucher über die Vorteile und Chancen in Verbindung mit der Technologie Bescheid wissen und aufgeklärt werden müssen.

4.5.3.

Die wichtigen Akteure verfolgen jeder für sich eine ganz eigene Kommunikationsstrategie, es gibt weder eine gemeinsame Vision noch einen gemeinsamen Strategieplan, die der Öffentlichkeit vorgelegt werden könnten. Der EWSA ist überzeugt, dass die Einbeziehung von Vertretern der Zivilgesellschaft aus dem öffentlichen und privaten Sektor in den Aktionsplan für die Ausarbeitung einer Strategie unabdingbar ist.

4.5.4.

Es sollten Treffen mit den Endverbrauchern auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene veranstaltet werden. Zudem müssen Informationskampagnen mit aktiver Beteiligung der lokalen Behörden organisiert werden.

4.5.5.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission und die wichtigsten Partner auf, in Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Organisationen und Unternehmen ein Webportal „Weltraum und Gesellschaft“ einzurichten. Information und Sensibilisierung sollten zu den obersten Prioritäten einer neuen Weltraumpolitik zählen, die letztlich den echten Anliegen der Bürger Rechnung tragen muss.

Brüssel, den 30. März 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  ABl. C 487 vom 28.12.2016, S. 86, Ziffer 3.5.

(2)  ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 51.

(3)  Hochrangiges Forum „Space as a driver for socio-economic sustainable development“, Dubai, 24. November 2016.

(4)  Mehrjähriger Finanzrahmen.

(5)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 103.

(6)  LULUCF.


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