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Document 52014XX0204(01)

Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten über einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und Finanzierung des Terrorismus, und über einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers

ABl. C 32 vom 4.2.2014, p. 9–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

4.2.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 32/9


Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten über einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und Finanzierung des Terrorismus, und über einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers

(Der vollständige Text dieser Stellungnahme ist in englischer, französischer und deutscher Sprache auf der Internetpräsenz des EDSB unter http://www.edps.europa.eu erhältlich)

2014/C 32/06

1.   Einleitung

1.1   Konsultation des EDSB

1.

Die Kommission hat am 5. Februar 2013 zwei Vorschläge angenommen: einen für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (1) („vorgeschlagene Richtlinie“), und einen für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (2) („vorgeschlagene Verordnung“), im Folgenden zusammen die „Vorschläge“ genannt. Diese Vorschläge wurden dem EDSB am 12. Februar 2013 zur Konsultation übermittelt.

2.

Der EDSB begrüßt, dass die Kommission ihn konsultiert und in den Präambeln der Vorschläge auf diese Stellungnahme hingewiesen wird.

3.

Vor der Annahme der Vorschläge hatte der EDSB die Möglichkeit, der Kommission informelle Kommentare zu übermitteln. Einige dieser Kommentare wurden berücksichtigt.

1.2   Zielsetzungen und Anwendungsbereich der Vorschläge

4.

Geldwäsche bedeutet allgemein die Umwandlung von Erträgen aus Straftaten in scheinbar legale finanzielle Mittel, und zwar gewöhnlich über Finanzsysteme (3). Dies erfolgt durch Verschleierung der Herkunft des Geldes, Änderung seiner Form oder durch Bewegung der finanziellen Mittel zu Orten, wo sie mit geringer Wahrscheinlichkeit Aufmerksamkeit erregen. Als Terrorismusfinanzierung gelten die direkte oder indirekte Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel mit der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass sie dazu verwendet werden oder verwendet werden sollen, terroristische Straftaten zu begehen (4).

5.

Auf EU-Ebene wurden ab 1991 Vorschriften mit dem Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eingeführt. Diese strafbaren Handlungen gelten als Bedrohung der Integrität und Stabilität des Finanzsektors und allgemeiner als Bedrohung für den Binnenmarkt. Die Rechtsgrundlage für die Vorschläge ist Artikel 114 AEUV.

6.

Die EU-Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche beruhen weitgehend auf den Standards der Arbeitsgruppe „Financial Action Task Force“ (FATF) (5). Ziel der Vorschläge ist die EU-weite Anwendung der überarbeiteten internationalen Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche, die im Februar 2012 von der FATF eingeführt wurden. Die aktuelle, sogenannte dritte Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML) (6), ist seit 2005 in Kraft. Sie liefert einen europäischen Rahmen für Standards der FATF.

7.

Die dritte AML-Richtlinie gilt für den Finanzsektor (Kredit- und Finanzinstitute) sowie für Angehörige bestimmter Berufszweige wie Rechtsanwälte, Notare, Buchprüfer, Immobilienmakler, Kasinos und Dienstleister für Gesellschaften. Unter ihren Anwendungsbereich fallen auch alle Lieferanten von Gütern, wenn Barzahlungen von mehr als 15 000 EUR erfolgen. Alle diese Empfänger gelten als „Verpflichtete“. Die Richtlinie verlangt von diesen Verpflichteten, die Identität der Kunden und der wirtschaftlichen Eigentümer festzustellen und zu überprüfen (sogenannte Sorgfaltspflichten gegenüber dem Kunden, im Folgenden „CDD“) sowie die finanziellen Transaktionen der Kunden zu überwachen. Des Weiteren enthält sie neben anderen Zusatzverpflichtungen die Obliegenheit, einen Verdacht über Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung der zuständigen zentralen Meldestelle zu melden. Die Richtlinie führt auch zusätzliche Anforderungen und Garantien für Situationen mit erhöhtem Risiko ein (wie das Erfordernis verstärkter Sorgfaltspflichten).

8.

Die vorgeschlagene Richtlinie erweitert den Geltungsbereich des derzeitigen Rahmens und beabsichtigt die Stärkung dieser Pflichten. So werden zum Beispiel Anbieter von Glücksspieldiensten und Personen, die gewerblich mit Gütern handeln, ab einer Schwelle von 7 500 EUR unter die Verpflichteten aufgenommen, erweiterte Angaben zum wirtschaftlichen Eigentümer verlangt, die Vorgaben für „politisch exponierte Personen“ verschärft und Anforderungen an die Überprüfung von Familienmitgliedern und nahe stehender Personen aller politisch exponierten Personen eingeführt. Die Liste der Vortaten (7) für Geldwäsche wurde um Steuerstraftaten im Zusammenhang mit direkten und indirekten Steuern erweitert.

9.

Die vorgeschlagene Verordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (im Folgenden auch die „Geldtransferverordnung“ genannt). Ihr Ziel ist es, die Rückverfolgbarkeit von Zahlungen zu verbessern. Die Geldtransferverordnung ergänzt diese Maßnahmen, indem sie sicherstellt, dass grundlegende Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers den zuständigen Strafverfolgungs- bzw. Justizbehörden sofort zur Verfügung stehen, womit ihnen die Aufdeckung, Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung von Terroristen und anderen Straftätern sowie die Rückverfolgung ihres Vermögens erleichtert wird.

4.   Schlussfolgerungen

98.

Der EDSB erkennt die Wichtigkeit der Politik der Geldwäschebekämpfung für den wirtschaftlichen und finanziellen Ruf der Mitgliedstaaten an. Er unterstreicht jedoch, dass das rechtmäßige Ziel der Transparenz über die Herkunft von Zahlungen, Geldeinlagen und Geldtransfers, um Terrorismus und Geldwäsche entgegenzutreten, gleichzeitig die Einhaltung der Datenschutzanforderungen sicherstellen muss.

99.

Folgende Themen sollten in beiden Vorschlägen angesprochen werden:

Es ist ein ausdrücklicher Bezug auf das geltende Datenschutzrecht der EU in einer eigenen materiellrechtlichen Bestimmung aufzunehmen, die insbesondere die Richtlinie 95/46/EG und die sie umsetzenden nationalen Gesetze erwähnt, sowie die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe der EU und ihrer Einrichtungen. Diese Bestimmung soll auch ausdrücklich erklären, dass die Vorschläge die geltenden Datenschutzbestimmungen nicht beeinträchtigen. Der Bezug im Erwägungsgrund 33 auf den Rahmenbeschluss des Rates 2008/977/JHA vom 27. November 2008 ist zu streichen.

In der vorgeschlagenen Richtlinie sollte eine Definition der „zuständigen Behörden“ und der „zentralen Meldestellen“ aufgenommen werden. Diese Definition sollte garantieren, dass die „zuständigen Behörden“ nicht als „zuständige Behörden“ im Sinne von Artikel 2 Buchstabe h des Rahmenbeschlusses 2008/977/JHA gelten.

Es sollte im Erwägungsgrund 32 geklärt werden, dass die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung aus der Notwendigkeit entsteht, die rechtliche Verpflichtung zu erfüllen, der die Verpflichteten, die zuständigen Behörden und die zentrale Meldestelle unterliegen (Artikel 7 Buchstabe c der Richtlinie 95/46/EG).

Es soll darauf hingewiesen werden, dass der einzige Zweck der Verarbeitung die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sein darf und dass die Daten nicht für andere unvereinbare Zwecke weiter verarbeitet werden dürfen.

Für das konkrete Verbot der Datenverarbeitung für geschäftliche Zwecke, das derzeit im Erwägungsgrund 31 der vorgeschlagenen Richtlinie und im Erwägungsgrund 7 der vorgeschlagenen Verordnung genannt ist, soll eine eigene Bestimmung aufgenommen werden.

Es soll ein eigener Erwägungsgrund hinzugefügt werden, der klärt, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehung nur als Vortat aufgenommen wird.

In Bezug auf internationale Transfers sollen eigene materiellrechtliche Bestimmungen über die Übermittlung personenbezogener Daten hinzugefügt werden, die eine angemessene Rechtsgrundlage für die gruppeninterne Übermittlung/PSP an PSP geben und dem Text und der Auslegung des Artikels 26 der Richtlinie 95/46/EG durch die Artikel-29-Arbeitsgruppe der Europäischen Datenschutzbehörden entsprechen. Der EDSB empfiehlt, die Verhältnismäßigkeit der Anforderung an Massenübermittlungen von personenbezogenen und sensiblen Daten an ausländische Staaten für den Zweck der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erneut zu überprüfen und einen verhältnismäßigeren Ansatz zu fördern.

In Bezug auf die Bekanntmachung von Sanktionen empfiehlt der EDSB die Abwägung von Alternativen und weniger einschneidender Optionen zu der allgemeinen obligatorischen Bekanntmachung, wobei in jedem Fall in der vorgeschlagenen Richtlinie das Folgende detailliert darzulegen ist:

der Zweck der Bekanntmachung, wenn sie beizubehalten ist;

die bekannt zu machenden personenbezogenen Daten;

die Informationspflicht gegenüber den betroffenen Personen vor der Bekanntmachung der Entscheidung und die Garantie des Rechts, gegen diese Entscheidung vor der Bekanntmachung ein Rechtsmittel einlegen zu können;

das Widerspruchsrecht der betroffenen Personen aus überwiegenden, legitimen Gründen gemäß Artikel 14 der Richtlinie 95/46/EG;

zusätzliche Beschränkungen bezüglich Online-Bekanntmachungen;

bezüglich der Datenaufbewahrung sollte eine materiellrechtliche Bestimmung mit einer Mindestaufbewahrungsfrist und zusätzlichen Anforderungen hinzugefügt werden, die die Mitgliedstaaten einzuhalten haben.

100.

In Bezug auf die vorgeschlagenen Richtlinie empfiehlt der EDSB des Weiteren Folgendes:

Hinzufügung einer besonderen Bestimmung mit dem Hinweis auf den Grundsatz, den betroffenen Personen Informationen über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu liefern (gemäß den Artikeln 10 und 11 der Richtlinie 95/46/EG) und Benennung des Verantwortlichen dieser Informationen für die betroffenen Personen;

Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Beschränkung der Rechte der betroffenen Personen und daher Hinzufügung einer besonderen Bestimmung zur Erläuterung der Bedingungen für die eventuelle Beschränkung der Rechte der betroffenen Personen;

eindeutige Erklärung, ob die von den zuständigen Behörden oder Verpflichteten durchgeführten Risikobewertungen die Verarbeitung personenbezogener Daten bedingen kann. Sollte dies der Fall sein, so hat die vorgeschlagene Richtlinie die Einführung der notwendigen Datenschutzgarantien zu verlangen;

Hinzufügung einer präzisen Liste über die Informationen, die bei Ausübung der Sorgfaltspflichten zu berücksichtigen sind. Klärung, ob sensible Daten gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 95/46/EG für diesen Zweck erhoben werden. Sollte eine solche Verarbeitung erforderlich sein, haben die Mitgliedstaaten die Durchführung unter behördlicher Aufsicht und aufgrund von nationalen Gesetzen, die angemessene Garantien vorsehen, sicherzustellen;

Abänderung des Artikels 21, um eindeutiger die Situationen zu beschränken, in denen die Risiken so wesentlich sind, dass sie verstärkte Sorgfaltspflichten rechtfertigen, und um Verfahrensgarantien gegen Missbrauch aufzunehmen;

Abänderung des Artikels 42, um einen Bezug auf die Vertraulichkeit aufzunehmen, die von allen Mitarbeitern, die mit den CDD-Verfahren zu tun haben, eingehalten werden muss;

Auflistung der Arten der über den wirtschaftlich Berechtigten zu erhebenden Identitätsdaten in eine materiellrechtliche Bestimmung, auch wenn kein Dienstleister für Treuhandvermögen beteiligt ist.

101.

In Bezug auf die vorgeschlagene Verordnung empfiehlt der EDSB des Weiteren Folgendes:

anstatt der Verwendung der nationalen Kennziffer als Bezug ohne besondere Beschränkungen und/oder Garantien Verwendung der Transaktionsnummer;

Hinweis auf die Bedeutung der Einhaltung des Grundsatzes der Datengenauigkeit gemäß Artikel 6 Buchstabe d der Richtlinie 95/46/EG im Zusammenhang mit Verfahren der Geldwäschebekämpfung;

Hinzufügen einer Bestimmung folgenden Inhalts: „Zu den Informationen haben nur die hierfür bestimmten Personen oder Personenklassen Zugang“;

Hinzufügen einer Bestimmung bezüglich der Beachtung der Vertraulichkeit und der Datenschutzpflichten seitens der Mitarbeiter, die mit personenbezogenen Daten über den Auftraggeber und den Begünstigten zu tun haben;

Klarstellung in Artikel 15, dass andere fremde Behörden oder Parteien, die kein Interesse an der Bekämpfung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung haben, keinen Zugang zu gespeicherten Daten haben dürfen;

Vervollständigung des Artikels 21 durch genaue Erklärung, an welche Behörde die Mitteilung zu richten ist und mit der Forderung, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, die die Daten gegen zufällige oder unrechtmäßige Zerstörung, den zufälligen Verlust, die Änderung oder die unbefugte Weitergabe schützen.

Brüssel, den 4. Juli 2013

Giovanni BUTTARELLI

Stellvertretender Europäischer Datenschutzbeauftragter


(1)  COM(2013) 45 final.

(2)  COM(2013) 44 final.

(3)  Siehe Artikel 1 Absatz 2 der vorgeschlagenen Richtlinie.

(4)  Siehe Artikel 1 Absatz 4 der vorgeschlagenen Richtlinie.

(5)  Die FATF legt weltweit Standards für Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und (seit Kurzem) Proliferationsfinanzierung fest. Es handelt sich um eine zwischenstaatliche Einrichtung mit 36 Mitgliedern unter Beteiligung von mehr als 180 Ländern. Die Europäische Kommission gehört zu den Gründungsmitgliedern der FATF. 15 EU-Mitgliedstaaten sind selbst Mitglieder der FATF.

(6)  Richtlinie 2005/60/EG vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.

(7)  Als Vortat gilt jede Straftat, deren Erträge dazu verwendet werden, eine andere Straftat zu begehen. So können zum Beispiel Betrug, Korruption, Drogenhandel und andere schwere Straftaten Vortaten zur Geldwäsche begründen.


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