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BAG: Ordentliche Kündigung – Vorliegen einer anzeigepflichtigen Massenentlassung – Fehlen der sog. Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG in der Massenentlassungsanzeige

Das BAG hat mit Urteil vom 19.5.2022 – 2 AZR 467/21 – wie folgt entschieden:

1. Eine anzeigepflichtige Massenentlassung liegt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG vor, wenn der Arbeitgeber innerhalb von 30 Kalendertagen eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern entlässt. Dabei geht es nicht um eine Fristberechnung gemäß §§ 186 ff. BGB (Rn. 11).

2. Der als bloße Sollvorschrift ausgestaltete § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG bestimmt nach dem eindeutigen Willen des deutschen Gesetzgebers nicht die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit. Über diese gesetzgeberische Entscheidung dürfen sich die nationalen Gerichte nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung hinwegsetzen. Die Pflicht zur Verwirklichung eines – vermeintlichen – Richtlinienziels darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des mitgliedstaatlichen Rechts contra legem dienen (Rn. 13, 20).

3. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG als Mussvorschrift ist auch nicht geboten. Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass die dort vorgesehenen Angaben nicht gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 98/59/EG vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, geändert durch die Richtlinie (EU) 2015/1794 vom 6. Oktober 2015, in der Massenentlassungsanzeige enthalten sein müssen (Rn. 22).

(Orientierungssätze)